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Re: [ox] ... auf den Punkt



* Franz Nahrada <f.nahrada reflex.at> [2004-01-06 23:58]:
1. Verfügbarkeit freier Ressourcen. Selbst wenn Du mal annimst, daß sich
im Weltmaßstab Kapitalismus aufheben ließe, ist der Zugang zu Ressourcen
in städtischen Environments komplex und aufwendig. Am Land hast Du den
gesamten Reichtum vor der Haustüre, soferne Produktionsmittel und
Verfahren auf Nawaros (Nachwachsende Rohstoffe) umgestellt sind.

Hm. An einem Durchschnittstag konsumiere ich Lebensmittel, benoetige
einiges Papier, Buecher/Zeitschriften, Zigaretten, Kaffee, Kakao,
Sanitaerzeugs, massig Technik, Software, Energie u.v.a.m. Ich wuerde
denken, Dein Punkt wuerde hier praktisch nur fuer meine Lebensmittel
gelten, und das auch nur dann, wenn ich auf alles moegliche Zeugs aus
aller Herren Laender verzichte. Oder?

Es bedarf keines großen Aufwands und keiner komplexen Entscheidungen, um
Produktion in mikroregionalen Dimensionen in Gang zu setzen und ihre
Kreislaufförmigkeit zu managen.

Ja, "keep production simple" ist ein Argument.

Oben sprichst Du auch von der Bewahrung von "gewissen"(?) technischen
Errungenschaften, und einem Text grenzt Du Dich gegen die
"traditionelle" Subsistenzforderung ab, die Du dort auch zumindest
sinngemaess als "reaktionaer" bezeichnest, wenn ich's recht im Kopf hab.
Wie ist das Verhaeltnis zwischen wuenschenswerter Produktivkraft auf der
einen und Konzentration auf Lebensraum auf der anderen Seite? Du
wuerdest zustimmen, dass Subsistenz auch Produktivkrafteinbusse
bedeutet, oder? Sprich, das Globale Dorf ist eine Abwaegung zwischen
Produktivkraft und anderen Zielen?

Naja, das mit der Produktivkraft ist eben so eine verzwickte Sache. In der
Nachhaltigkeitstheorie gibt es den "rebound" - effekt. Soll heißen, wenn
wir an einer Stelle des Produktionssystems einen Produktivkraftzuwachs
haben, dann muß nicht unbedingt das ganze System "produktiver" werden.

Inhaltlich einig, ich plaediere nur immer fuer einen moeglichst simplen
Produktivkraftbegriff, der sich _ausschliesslich_ auf die Produktion
eines konkreten Gebrauchswerts bezieht: Ein Auto in kuerzerer Zeit
produzieren zu koennen, ist _immer_ ein Produktivkraftzuwachs,
unabhaengig von den Effekten seines Gebrauchs. Solange wir auch nur ein
Auto produzieren, ist die Minimierung des Aufwands ja wuenschenswert;
wenn wir keins mehr produzieren, brauchen wir fuer's Auto auch keinen
anderen Produktivkraftbegriff.

Ganz arg sieht man das am Individualverkehr. Ein Produktivitätszuwachs bei
Autos, selbst Solarautos und Brennstoffzellenautos bedeutet noch lange
nicht eine Optimierung des Systems als ganzes.

Genau, gar kein Widerspruch. Diese "Optimierung" ist aber m.E. keine
Frage der Produktivkraft. Ich will in keiner Weise sagen, dass andere
Fragen weniger wichtig waeren, im Gegenteil. Es gibt gute Gruende, auf
Produkte zu verzichten oder sie in einer unproduktiveren Weise
herzustellen; und es ist eine Kritik der Warenproduktion, dass hierueber
nicht _entschieden_ werden kann. Nur, Produktivkraftsteigerung als
_solche_ ist immernoch *yippie* ;-)

Die Konzentration auf "Lebensraum" sehe ich schon als einen
Optimierungsversuch, da stehe ich in der Denktradition von Paolo Soleri,
der für komplexer werdende Systeme einen drastischen
Miniaturisierungsschub fordert. Also ich würde mich gegen die
Unterstellung wenden "Lebensraum" sei einem produktiven Leben
entgegengesetzt. Wenn Du Dir einmal darüber Rechenschaft ablegst wieviel
Lebenszeit wir dem Mittel Automobil widmen müssen, dann wird schlagend
klar wie wenig der abstrakte Quantitäten - Ausstoß über die Qualität des
Lebens aussagt.

Vielleicht liegts wirklich nur an einem anderen Produktivitaetsbegriff:
M.E. bedeutet Subsistenz, dass fuer die Produktion vieler Gebrauchswerte
z.T. sehr viel mehr Aufwand noetig ist, wenn sie denn ueberhaupt im
Subsistenzkontext produzierbar sind; also niedrigere Produktivitaet.
Kategorien wie "die Qualitaet des Lebens" sind eben etwas ganz anderes;
m.E. beinhaltet Deine Argumentation daher sehr wohl die "Abwaegung
zwischen Produktivkraft und anderen Zielen", die ich meinte.

Holger

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