Re: [ox] ... auf den Punkt
- From: Laurent Straskraba <laurent straskraba.net>
- Date: Tue, 06 Jan 2004 16:00:11 +0100
At 14:59 06.01.2004, you wrote:
* Laurent Straskraba <laurent straskraba.net> [2004-01-06 13:29]:
> nach längerer Verfolgung der Debatten auf dieser Liste möchte ich mal auf
> den Punkt kommen.
Na dann bring ich mal schnell alles auf den Punkt. Danach kannst Du die
Liste ja dann schliessen, Stefan, ok? ;-)
komisch, wohin so manche Gedanken ziehen ...
> Wie auf der oekonux.de-Seite zu lesen soll es hier um eine Utopie gehen
> (Zitat):
Vorab: Mit dem Utopie-Begriff habe ich so meine Probleme, mir geht's
erstmal primaer um Kapitalismusanalyse. Hier ist die real existierende
Freie Software ein nettes Beispiel fuer eine Produktion, die nicht via
Wertform vermittelt ist. Das Beispiel zeigt anschaulich, erstmal ganz
ohne Utopie, dass Wertform und Tausch historisch _spezifische_ Formen
der Vermittlung der Arbeitsteilung sind. Dieser Punkt wird zwar ebenso
deutlich, wenn man sich vorkapitalistische Produktionsformen ansieht.
Die Produktionsform Freier Software hat demgegenueber aber den Vorteil,
dass sie der Warenproduktion nicht unterlegen ist.
Ja das musst Du denen sagen, die diesen Utopie-Begriff auf die
Oekonuk-Seite geschrieben haben. Aber wieder mal .. muss es denn immer um
das "beating around the bush" gehen? Das lenkt doch nur vom echten Anpacken
ab ...
Wo bitte ist (k)eine "Wertform"? und inwiefern gibt es eine
Über-/Unterlegenheit von Produktionen? aber das nur am Rande gefragt.
Um was es mir geht sind KONKRETE Antworten. Wenn es die hier nicht gibt,
dann muss man das nur sagen.
> Sehr wichtiges Charakteristikum
> * Geldfrei
> * EntwicklerInnen finanzieren sich auf anderem Wege
> Also hierzu möchte ich gerne mal etwas hören, welche KONKRETEN anderen Wege
> hier gemeint sind.
An _dieser_ Stelle geht es ebenfalls nicht um eine Utopie, sondern
schlicht um die Tatsachenfeststellung, dass viele Entwickler Freier
Software _heute_ einen anderen Job (oder BAFoeG oder whatever) haben, um
sich zu finanzieren. (Wobei natuerlich viele auch direkt fuer die
Produktion Freier Software bezahlt werden, aber das ist eine andere
Frage.) Sofern es um eine "Utopie" geht, wuerden viele auf der Liste
sicher eine Produktion im Auge haben, in der der Begriff der
"Finanzierung" sinnfrei waere.
Also wenn "freie" Entwickler einen anderen Job haben, inwiefern kann man
denn dann von geldfreier Entwicklung sprechen? Das ist doch komisch ...
genauso könnte jemand sagen, ein anderer finanziert die Entwicklung.
Und was bitte meinst Du mit "sinnfreien" Begriffen??? sorry, das ist mir
einfach nicht zugänglich. Alles beliebig oder wie?
> Und mich würde auch interessieren, wie man das nennen soll, wenn es (s.o.)
> keinen Tausch gibt, die Leute aber doch die (Informations-)Produkte haben
> wollen.
Na wie nennst Du es denn, wenn Leute Freie Software produzieren und
andere Leute die produzierte Software downloaden? Deine Frage zeigt
nett, wie sehr man dem Schein unterliegen kann, dass der Tausch von
privat produzierten Waren die einzige Moeglichkeit sei, Arbeitsteilung
zu organisieren. Es scheint so, als wuerde es sich beim Markt quasi um
eine technisch/natuerlich gegebene Notwendigkeit handeln, nicht um eine
gesellschaftlich bestimmte, historisch spezifische Organisationsform.
Soll ich nun meine Fragen selbst beantworten? Oh Mann, kann es sein dass
man soviel unternimmt, ohne auf Fragen konkret zu antworten?
Sag doch mal ALTERNATIVEN ... nach denen frag ich doch die ganze Zeit.
> Und wie bezeichnet man dann die Tätigkeit, wenn es keine Arbeit ist?
Darueber gibt's lange Debatten. Viele wuerden eben einfach von einer
"Taetigkeit" sprechen, ich wuerde den Gegensatz zwischen Arbeit (als
"technischer Notwendigkeit", solange wir keinen Replikator haben) und
Lohnarbeit (als kapitalistische Form der Arbeit) betonen.
Also damit kann ich noch am ehesten was anfangen. Du nennst zwei
Kategorien, technische Arbeit (=Tätigkeit) und Lohnarbeit (=bezahlte
Tätigkeit). Weiter als meine Frage hat mich das aber auch nicht gebracht ...
> Von meiner Disziplin her (Sozialwirtschaft) habe ich es zu schätzen
> gelernt, wenn man sich HANDLUNGSORIENTIERT auseinandersetzt. Daher habe ich
> auch vielleicht eine andere Vorstellung von Konkurrenz - nämlich des
> Wettbewerbs um die bessere Lösung - als die rein traditionell-ökonomische
> Sichtweise, die auch Begriffe wie "Marktbeherrschung" oder "Monopolstreben"
> beinhaltet.
>
> Jedoch weiss ich in welchem Umfeld ich lebe und mache mir nicht vor, dass
> es doch nur einer "Revolution" bedürfe, um das "System" zu ändern. Vieles
> das heute Bestand hat, ist durch Evolution entstanden und ist immer noch
> vorhanden, weil es sich bewährt hat. Jedoch ist immer noch nicht das
> "Ideal" erreicht, wie ich es verstehe: eine Wirtschaft mit dem Ziel der
> NUTZENmaximierung und der Berücksichtigung von Mensch und Natur in seiner
> Ganzheitlichkeit.
An Deinen Ausfuehrungen sieht man, dass wir schon meilenweit auseinander
sind, wenn es "nur" um die Analyse des Bestehenden geht.
Ja? Sieht man das an meinen Ausführungen? An welchen denn konkret? Kann man
mal bitte eine direkte Antwort haben?
Zu klaeren, wie
es _ist_, waere aber erste Voraussetzung fuer die Bestimmung von
Handlungsorientierungen.
Ja, meine Fragen hast Du ja offensichtlich gelesen, da du etwas dazu
geschrieben hast. Antworten hab ich leider keine gefunden. Also vielleicht
sollte ich die zentrale Frage nochmal stellen?
WIE IST ES DENN IN DER OEKONUX-WELT?
Wovon leben denn die Leute? Polemisch gefragt: Beissen sie von Bytes und
Bits ab?
Wie wird denn der Aufwand für die "Arbeit" geregelt? und wie honoriert?
Ich dachte eigentlich genau um solche Fragen geht´s hier ....
Das wesentliche Problem ist der _Zweck_
kapitalistisch organisierter Produktion, welche die Produktion von
Gebrauchswert _systematisch_ nur als notwendiges Uebel implementiert.
Welches Problem ist das? "das wesentliche" ... in Bezug worauf?
Darf ich bitte mal fragen was Deine Meinung ist .. abseits der Rhetorik wie
man sie so oft wiederfindet. Würd mich echt freuen, wenn ich etwas weniger
hochtrabende dafür einleuchtendere Dinge hören würde.
Systematisch deshalb, weil ich als Kapitalist Wertform-adaequat agieren
_muss_. "Mensch und Natur in seiner Ganzheitlichkeit" _kann_ ich nicht
oder nur sehr begrenzt beruecksichtigen, will ich nicht Pleite gehen.
Das ist ja interessant. Wer bestimmt denn das? Schon mal was vom Begriff
der Nachhaltigkeit gehört? Ich dachte, "die Kapitalisten" sind es, die so
denken ... aber anscheinend hat sich dieses Denken ziemlich weit in ganz
andere Bereiche ausgebreitet. Sind nun "die Marxisten" die besseren
"Kapitalisten"? *provokantgefragt* ;)
Ich möchte dazu nur folgendes sagen: Es sind immer MENSCHEN, die handeln.
Und da gibt es welche die erkennen dass Nachhaltigkeit wichtig ist und
welche, die das nicht erkennen. Und die findet man über alle Bereiche
hinweg verteilt. Für mich zählt das TATSÄCHLICHE AGIEREN, keine Zuschreibungen.
Solange die sich objektiv durchsetzende Wertform in der Analyse
unangetastet bleibt, bleiben die moralischen Appelle an "menschlichere"
Handlungsorientierungen utopische Sonntagsreden; viel utopischer als
das, was Du angreifst.
Aha. Ich habe also was angegriffen? Interessant, anscheinend teile ich mit
"den Kapitalisten" das gleiche Schicksal - ich habe einfach keine Ahnung,
was ich selbst tue und warum. Stimmts? :P
Aber eigentlich hatte Franz die Fragen, die Du hier nochmal gestellt
hast, schon viel ausfuehrlicher in dem [chox]-Posting zu "Oekonux und
dem Wert" beantwortet, welches Du auch bekommen hast:
http://www.oekonux.de/projekt/chat/archive/msg00577.html
Ja genau, und überaupt ist jede Diskussion hier über alles und jedes zuerst
"von oben" absegnen zu lassen. Freie Software und Frei Denken, das ist wohl
nicht das gleiche?
Also sorry Leute, aber in dieser Form halte ich Debatten nicht für
sinnvoll. Wenn wir alle nur auf unseren alten Standpunkten stehenbleiben
und die ehrlich gemeinten Fragen anderer nicht als solche annehmen, wo ist
da der Mehrwert?
Naja, vielleicht hat doch noch jemand etwas zu den angeworfenen Fragen zu
sagen.
Thx,
Laurent
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Mag. Laurent Straskraba
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