Die hier archivierte Mail kann, muss sich aber nicht auf den Themenkomplex von Oekonux beziehen.
Insbesondere kann nicht geschlossen werden, dass die hier geäußerten Inhalte etwas mit dem Projekt Oekonux oder irgendeiner TeilnehmerIn zu tun haben.
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liste oekonux.de writes:
Bessere Zeiten Rudolf Sponsel, Erlangen http://www.sgipt.org/org/aktuell.htm
Lieber Rudolf Sponsel, ich muß jetzt mal eine halb-private mail schreiben....verbunden mit der Idee, ein wenig die Konversation auf unsere oekonux - Chatliste zu verlegen. Vielleicht wollen Sie diese auch subskribieren, das ist hier: http://www.oekonux.de/projekt/chat/default.html Wir haben diese zweite Liste eingerichtet, um auch solchen Themen eine Chance zu geben, die nicht direkt mit der Thematik "freie Software und Übertragbarkeit ihres Prinzips auf andere Gesellschaftsbereiche" verbunden sind, aber nichtsdestoweniger einen relevanten Bezug haben. 1. Bei Oekonux geht es zwar andauernd um die Frage, ob sich und wie sich freie Software einsetzen läßt, aber doch aus einer ganz anderen Perspektive als aus dem jeweils spezifischen Anwendungsfeld oder den jeweis spezifischen Interessen. Interessant für Oekonux wird es dann, wenn die Frage so gestellt wird, ob es einen Unterschied macht, ob es sich um *freie* oder proprietäre Software handelt. Zumeist sind dann allgemeine gesellschaftliche Faktoren im Spiel, und mit denen beschäftigen wir uns dann. Das kann dann wieder sehr ins Detail gehen. Unlängst hatten wir eine Schreinerei, die sich mit einschlägiger Berechnungssoftware beschäftigt. Diese sollte aber allen, und nicht nur ein paar Interessierten frei zur Verfügung stellen. Was das bedeutet, ist Gegenstand der Debatte. kann zum Beispiel damit zu tun haben, daß sich DANN solche Software leichter schreiben läßt etc. So habe ich auch zu folgendem Gedanken eine Anmerkung:
N?§chstliegend scheint mir, da?ü freie Software, die auch direkt ?ºber das Internet verwendet werden k?ðnnen sollte, geeignet w?§re, ?ðkonomische Zusammenh?§nge allgemeinverst?§ndlicher zu machen. Z.B. ein Programm, da?ü die Folgen immer h?ðherer Staatsverschuldung zeigt, auch graphisch.
Inhaltlich könnte man sich jetzt streiten, ob die immer höhere Staatsverschuldung vermeidbar oder unvermeidbar ist, welches ihre politischen Zwecke sind und so weiter. Man könnte sich auch darüber streiten, ob sich eine Thematik wie die Zusammenhänge von Kapitalakkumulation, Kredit und Staatsausgaben überhaupt in einem mathematischen Modell abbilden läßt oder ob es nicht von vorneherein eine chaotisch - krisenhafte Struktur ist, die da zugrundeliegt. Was aber im oekonux-Kontext sehr interessant wäre, wäre die Frage wie ein derart komplexer Theoriebildungsprozeß überhaupt denkbar wäre. Inhaltlich hat Peter Fleissner in den siebziger und achtziger Jahren in Wien einiges versucht, eine eindrucksvolle Liste seiner auf Stella beruhenden Simulationsarbeiten findet sich hier: http://igw.tuwien.ac.at/zope/igw/menschen/fleissner/cv.html oekonuxig wäre die Frage, inwieferne ein kollektiver und freier Theoriebildungsprozeß die Methode wissenschaftlicher Arbeit umwälzt und auch Vohaben von so phantastischen Dimensionen wie das Fleissnersche Vorhaben möglich macht.
Ansonsten ist mir nicht so recht klar, wie hier die Vorstellungen sind.
Franz Tabeis Hinweis auf die Textsammlung war doch gut, auch bei oekonux gibt es eine Menge an Publikationen die den Hintergrund und die Richtung der Arbeit umreißen. http://www.oekonux.de/texte/
Freie Software kann man in der Freizeit entwickeln. Will man nicht zur Tauschgesellschaft zur?ºck, braucht man Geld und Markt, also Wirtschaft im ganz traditionellen Sinne.
Es wurde schon mehrmals bemerkt, daß oekonux behauptet, daß die Alternative zu Tausch UND Geldwirtschaft in einer Verallgemeinerung des Prinzips freier Softwareproduktion besteht. Vielleicht muß ich das nochmal erklären, weil der Gedanke so weltfremd erscheint: "Geld" "braucht" "man" insoferne die Produktion gesellschaftlichen Reichtums unter dem Zweck steht, für die Vermehrung von Geld zu taugen. Es steht außer Zweifel, daß der gesamte Erdball diesem Zweck unterworfen IST, auch wenn immer weniger Inseln rentablen Produktion überhaupt noch funktionieren. Deswegen ist alles - Grund und Boden, Fabriken, Häuser - Privateigentum, hat einen Wert und wird ideell ständig als solcher geschätzt. Geld bedeutet den Zustand, in dem ein unmittelbarer oder arbeitsteiliger oder sonstwie organisierter Zugriff auf gesellschaftlichen Reichtum gerade nicht existiert. Aller Reichtum ist Form von Wert. Und zwar zunehmend (als kalte, geschäftsmäßige Auslöschung aller Vor-Wert-Formen), wenngleich der Wert selbst (als Wertgröße) abnimmt! Für die Bewahrung dieses Zustandes steht der größte Gewaltapparat der Geschichte zur Verfügung, der "die Freiheit" verteidigt. ich schenke mir jetzt die Erklärung warum "der Wert" und "die Freiheit" ein und dasselbe sind, behaupte es einfach. Das oekonux - Projekt läßt sich auf die ideologische Rechtfertigung dieses Zustandes einerseits ein: das alles sei eben so, weil die Gegenstände menschlichen Bedürfnisses prinzipiell knapp seien, Beschränkung daher sein müsse und sich daher die Menschen mit dem Geld ein Mittel des Einteilens geschaffen hätten. Auch wenn die Realität diesen ideologischen Schein permanent widerlegt, weil der Umstand daß Geld sich in exorbitanten Mengen *vermehrt* davon unerbittlich Zeugnis ablegt, daß diese Gesellschaft nicht im mindesten Respekt vor einer wie immer gearteten Knappheit hat. Der Markt wird von denen, die Produktion veranstalten, als prinzipiell unbeschränkt behandelt, wenn sie sich kreditbewaffnet ihre Produktionswettläufe liefern, und das Versiegen der massenhaften Zahlungsfähigkeit ist ein allseits bekanntes und delikates Problem - nicht der Knappheit, sondern der Stockung im Geschäftsgang. Andererseits stellt sich das oekonux-Projekt gegen diesen Zustand, indem sie eine gesellschaftliche Synthesis jenseits von Ware und Geld, rein durch Organisation und Konsens, zum Gegenstand ihrer Betrachtung macht. Freie Software ist wertfrei, sie ist für jeden verfügbar, der über Wissen und Können verfügt, sie ist ein beliebig vermehrbares Gut (Wissen teilen heißt es vermehren). Diese beliebige Vermehrbarkeit macht auch in der Theorie endgültig Schluß mit dem Gespenst der Knappheit. Freie Software ist ein Teil eines Nicht-knappen Produktionsverhältnisses, in dem die Wissenschaft allererste "Produktivkraft" ist. Freilich ist das gerade nicht zu denken im industriellen Sinn als abstrakter Quantitäten - Ausstoß. Gerade die sekuläre Vernachlässigung des qualitativen übergreifenden Denkens in der Ökonomik ist ja Bestandteil der gegenwärtigen gesellschaftlichen Katastrophe. Es geht eher darum, mit dem gegenwärtigen Reichtum so umzugehen daß er auch Reichtum bleibt. Nachhaltige Kreislaufwirtschaft auf hohem technologischen Niveau, biomorphe und teleologische Prozesse in optimalen Kombinationen, das wäre die anzustrebende Alternative - zumindest für einige Leute auf der Liste. Freie Software ist unmittelbar die Kehrseite von Automation, sowie dem stofflichen Substrat in reproduzierbaren (daher auch freien) Ressourcen wie Biomasse, Solarenergie etc. Zusammen wird das insgesamt etwas, was nicht das mindeste mit Geld und Markt-wirtschaft zu tun hat.
Diese steht allerdings unter der Vorherrschaft der Plutokraten und hat sich verselbst?§ndigt, Marx w?ºrde sagen, das ganze Wirtschaftssystem hat sich vom Menschen entfremdet, ist zum Selbstzweck f?ºr immer mehr Wachstum, Konsum pervertiert.
Merken Sie nicht daß dieser Aussage ein unmittelbarer logischer Widerspruch zugrunde liegt? Einerseits soll die Markt - Wirtschaft sich vom Menschen entfremdet haben. Dieser Aussage wäre abstrakt zuzustimmen. Marx hat nachgewiesen, daß das "automatische Subjekt" Wert tatsächlich eine objektive Verkehrungsstruktur ist, in der den menschen das Resultat ihrer Handlungen als äußerliche, verdinglichte Größe und Form gegenübertritt, über deren Natur sie sich nicht die geringste Rechenschaft ablegen. Andererseits soll das dann doch wieder seinen Grund haben im schlechten Charakter von Menschen. Vorherrschaft von Plutokraten, das heißt, um der Sache (Geld) nicht auf den Grund gehen zu müssen wird die erfahrene Katastrophe wiederum im schlechten Umgang mit ihr verortet. Wie wäre es mit: Plurokraten gibt es, weil es die Natur des Geldes ist, maßlos zu sein, und daher auch der dementsprechenden Charaktermasken bedarf? (wobei die Maßlosigkeit oft von übelstem privaten Geiz begleitet wird?)
Damit dies anders wird, braucht es ein anderes Verst?§ndnis von Sinn, Wert und Umgang. Aristoteles Staatslehre angewandt auf Bill Gates h?§tte z.B. zu seiner Verbannung gef?ºhrt. Die Grundideen sind also schon alt und stammen keineswegs von den Gr?ºnen.
Aristoteles hat in der Tat eine systematische zum Zweck des Austausches veranstaltete Wirtschaft abgelehnt. Er hatte leicht lachen, er schrieb seine Politeia für eine Handvoll reicher Bürger, die in einer Art sklavenhalterischer Subsistenzökonomie ihr Gemeinwesen verwalteten. Die in poiesis versunkenen antropoda - "Menschenfüßer" - waren von der Eigenschaft, "physei zoon politikon" zu sein, natürlich ausgeschlossen. Mit Aristoteles läßt sich kein Staat machen, das haben am Beginn der Neuzeit Hobbes, Locke, Smith und Kant erkannt, und die theoretische Begleitmusik zur souveränen Gewalt geliefert, über deren genese alles Nötige bei Robert Kurz steht: http://www.giga.or.at/others/krisis/r-kurz_kanonen-und-kapitalismus_folha.html PS. Ich hab mich ein wenig auf Ihrer Website umgesehen. Sie lassen keine Gelegenheit aus, die Marxsche Werttheorie als Ursache allen Übels anzugreifen. Ich möchte Ihnen nur eines zu bedenken geben. Im Oekonux - Umfeld ist eine Kritik des Wertes etwas anderes als sie vielleicht von den "Kommunisten" gewohnt sind, die lediglich die Störungen des Wertes durch Profit und Kapital abgelehnt haben und deren "sozialistische Gesellschaftsformation" sich durch das segensreiche "Wirken des Wertgesetzes" hätte auszeichnen sollen. Mit solchen Kommunisten hat aber schon Marx wenig zu tun haben wollen, der nicht müde wird den Zusammenhang von Wert und Geld zu betonen. Geld, Kapital, Zins sind die notwendigen Formen des Wertes. Oder um mit Hegel zu sprechen: das Wesen zeigt sich in seinen Erscheinungen, und zwar in ihrer Mannigfaltigkeit. das Unwesen des Wertes zeigt sich vor allem daran, daß keine der Wertformen in sich beständig ruhen kann, sondern sie sozusagen als "prozessierender Widerspruch zu sich selbst" zu "rastloser Bewegung" gezwungen sind, wollen sie nicht ent-wertet werden. Ich denke, auf diesen Unterschied kommt es an! mit besten Grüßen Franz Nahrada _______________________ http://www.oekonux.de/
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