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Re: [ox] ... auf den Punkt



* Franz Nahrada <f.nahrada reflex.at> [2004-01-06 18:53]:
Holger Weiss writes:
Daher sind Forderungen, die implizit oder explizit eine Rueckkehr zu
vorkapitalistischen Formen beinhalten (Subsistenzproduktion, um nur ein
Beispiel zu nennen), meine Sache nicht. Mein obiger Satz zur
Produktivkraft ist aber wiederum absolut nicht unumstritten, solche
Fragen sind nicht einfach "am Rande" beantwortbar.

Hallo Holger....und schon haben wir einen Streit, das ist lustig.

Sowas hatte ich befuerchtet ;-)

Für mich ist in gewisser Weise Subsistenz ein wieder anzustrebender
Zustand. Das heißt, daß eine möglichst große Autarkie und Autonomie im
Leben der Menschen allgemeines gesellschaftliches Ziel ist. Ich halte
gerade dieses Ziel der restituierten Subsistenz und die globale
Zusammenarbeit für dieses Ziel für eine mehrheitsfähige politische
Forderung.

Geschichte spielt sich eben nicht als linearer Fortschrittsprozeß ab.
Vielleicht ist das auch gerade eines der Motive mit dem die Krisis Leute
über die Aufklärung herfallen, diesen Fortschrittsmythos zu destruieren.
In gewisser Hinsicht gefällt mir das Bild einer Spirale oder eines Pendels
besser. Aber das ist eben auch nur ein Bild. Für mich ist es logisch und
plausibel, nach dem Zustand der Hypervergesellschaftung und Globalisierung
auf höherer Ebene wieder in der Konzentration auf Lebensraum und
Kultivierung weiterzumachen. Unter Bewahrung gewisser technischer
Errungenschaften wohlgemerkt!

Hier lese ich zwei Argumente heraus: Die Subsitenzforderung sei
vermutlich mehrheitsfaehig; und Geschichte sei kein linearer Prozess, so
dass eine "Entgesellschaftung" nicht im Widerspruch zu irgendeiner
"Entwicklungslogik" stehe, sondern ihr vielleicht sogar entspreche.
Beides (wenn sie denn stimmen) Argumente fuer eine Realisierungschance
der Forderung, aber beides sagt natuerlich nichts ueber die Qualitaet
der Forderung. Ich kenne ja auch zwei Texte, in denen Du das ausfuehrst,
trotzdem hab ich ehrlich gesagt noch nicht ganz begriffen, wo genau der
"Reiz" des Doerflichen am Globalen Dorf liegt. Kann man das kurz auf den
Punkt bringen?

Oben sprichst Du auch von der Bewahrung von "gewissen"(?) technischen
Errungenschaften, und einem Text grenzt Du Dich gegen die
"traditionelle" Subsistenzforderung ab, die Du dort auch zumindest
sinngemaess als "reaktionaer" bezeichnest, wenn ich's recht im Kopf hab.
Wie ist das Verhaeltnis zwischen wuenschenswerter Produktivkraft auf der
einen und Konzentration auf Lebensraum auf der anderen Seite? Du
wuerdest zustimmen, dass Subsistenz auch Produktivkrafteinbusse
bedeutet, oder? Sprich, das Globale Dorf ist eine Abwaegung zwischen
Produktivkraft und anderen Zielen?

Das zumindest hat die Idee der Globalen Dörfer, die bolo-Geschichte von
p.m., die Aufklärungskritik der Krisis gemeinsam: daß wir den Zustand
"Mittelalter" in vielen Punkten keineswegs so dunkel beurteilen wie unsere
offiziellen Ideologien.

Ja, das hat inzwischen vermutlich fast die ganze Welt gemein, jedenfalls
kriege ich diesbezueglich wirklich _ueberall_ Mecker ;-) Bin trotzdem
nicht ueberzeugt. Ich beschraenke mein Argument ja auf den simplen, aber
m.E. eben sehr wichtigen oekonomischen Punkt der Produktivkraft: Je
weniger Aufwand fuer ein gegebenes Produkt, desto *yippie* fuer eine
vernuenftige Einrichtung der Gesellschaft. Und _diesbezueglich_ ist die
Geschichte "im Grossen und Ganzen" eben wirklich eine Geschichte des
Fortschritts. Natuerlich nicht durchgaengig linear, sondern mit grossen
Spruengen und Rueckschritten, aber systematisch, weil ich i.A. auf der
Produktivkraft meines Vorgaengers aufbauen kann.

Wie auch immer, ich finde die Frage nach die Nicht-/Linearitaet nicht so
superspannend. I.A. geht's doch "beiden Seiten" dabei um die Frage, ob
es den HistoMat-Automatismus hin zu einer sozialistischen Gesellschaft
gibt oder nicht. Mir nicht. Den Automatismus gibt's nicht, aber deswegen
muss ich doch nicht leugnen, dass Produktivkraftfortschritt an _sich_
eine nette Sache ist.

Holger

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