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Re: [ox] Wer ist dieses "wir" ?



PILCH Hartmut wrote:

Neue Scheuklappen: z.B. allerlei Moralkeulen, meist irgendwie mit Faschismus
zusammenhängend, auf Basis vager Assoziationen oder unüberschaubarer Theorien
mit imposantem Begriffsfeuerwerk, welches viel mehr voraussetzt und viel
unbescheidener daherkommt als die ursprünglich kritisierte "Ideologie".

Du hast von den 'neuen Scheuklappen' im Zusammenhang mit dem Vorwurf des
Sozial-Darwinismus gesprochen, und in diesem Zusammenhang habe ich die
Frage gestellt wo Du hier Scheuklappen wahrnimmst.
Ich kann nachvollziehen was Du nun mit 'Moralkeulen' und 'Begriffsfeuerwerk'
meinst, aber die von Dir behaupteten 'neuen Scheuklappen' kann ich trotzdem
nirgends sehen.

Hinter all dem findet sich schließlich kaum mehr als die alte Sehnsucht
nach dem Paradies.

Dieses 'kaum' ist wohl der Kern Deines Vorwurfs, denn an der 'Sehnsucht nach dem
Paradies' kann ich erstmal nichts verwefliches finden (wenn man Paradies nur
geeignet definiert ;-) ).
Woran machst Du also dieses 'kaum' fest ? Siehst Du da so wenig Substanz ?
Woher dieser Frust ?

Du postulierst also den "Leistungsdruck als Grundbedingung menschlicher
Existenz" und verwirfst Diskussionen die dies in Frage stellen als
unwissenschaftlich ?
Auf welcher (wissenschaftlichen) Basis beruht denn Deine Erkenntnis ? Und, um mal wieder an die Urspr"unge von [ox] anzukn"upfen, wie erkl"arst Du den
Erfolg von nicht-leistungsgebundener Kreativit"at (Sei es Freie Software,
oder auch die von Moglen zitierte Mozartsche Musik) ?

Ich habe nicht gesagt, dass Menschen nur auf Druck hin etwas leisten.  S. auch
die Diskussion über den notwendigen Freiraum der Professoren, mit der ich
versucht habe, dem ganzen eine Basis in der Realität zu geben (Re: Keimform Elite-Uni).

Aber auch Entwickler freier Software streben nach einer Balance von Leistung
und Gegenleistung.  Wo die nicht hergestellt werden kann, brennen sie nach ein
paar Jahren aus, so meine Hypothese.

An welchen Beobachtungen machst Du Deine Hypothese fest ? Klar, Entwickler
freuen sich, wenn ihre software n"utzlich ist, d.h. sie streben sicher (auch)
nach (sozialer) Anerkennung, aber dies unter dem Begriff 'Leistung' festzumachen,
einem Begriff der ja eher mit 'Tausch' und 'Markt' gekn"upft ist, scheint mir
eine Folge der Konditionierung dieser Gesellschaft, als ein wirklicher Zusammenhang.
Sonst m"usste man ja jede Form der menschlichen Beziehung in Kategorien von
'Leistung' und 'Gegenleistung' messen, was ich ziemlich pervers f"ande.

Aber die Erfahrung der freien Software hat durchaus ein paar reale Implikationen
fuer die heutige Wirtschaftsordnung, die einer Liste wie dieser eine
Existenzberechtigung liefern.
Welche w"aren das denn, im Rahmen des Leistungsdenkens ?

Etwa die Überlegungen, die Fritz Machlup in seinem Buch von 1961, "The Economy
of Knowledge Production in the United States", anstellt.

Es gibt auch noch mehr gut durchdachte volkswirtschaftliche Literatur dazu,
aber sie wird m.E. zu wenig beherzigt und auch auf dieser Liste, soweit ich
sehe, vor lauter Paradiessehnsucht kaum rezipiert.

Ich bin leider in Eile, hoffe später mehr per Wiki o.ä.. hierzu zusammentragen
zu können.

Darauf bin ich gespannt !

Gruss,
		Stefan
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