Message 06679 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT05989 Message: 143/187 L33 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Re: Gegen die eigenen Beduerfnisse handeln?



Holger  schreibt:
Mit dem Begriff der "Willensillusion" kritisiert Kurz eine ganz
_bestimmte_ Illusion (naemlich die Illusion, dass oekonomische Formen,
die sich in Wahrheit hinter dem Ruecken der handelnden Subjekte
durchsetzen, aufgrund des _Willens_ von Kapitalisten oder anderen
Subjekten unterwegs seien). Er behauptet offensichtlich nicht, die
Annahme eines subjektiven Willens sei _an sich_ schon Illusion:

DAs sicher nicht. Aber meines Erachtens bezieht sich diese Kritik 
ziemlich zielsicher auf die Politik. Irgendwo beim frühen Marx heißt 
es: das Prinzip der Politik ist der Wille. 

In der materialistischen Auflösung ist der Wille des Staatsvolks 
freilich nichts anderes als die organisierte Zustimmung zur 
Unterwerfung unter die ohnehin geltenden ökonomischen Gesetze.

Dies erscheint aber den bürgerlichen Individuen als das genaue
Gegenteil, als letztlich auf freiem Entschluß basierend, eben als
Werk der Freiheit.

Die Staatstheorie schlägt sich genau mit diesem Widerspruch rum.

Eine besonders blöde Konsequenz ist die Inanspruchnahme der Illusion
von Souveränität durch politische Opposition, die auf dem Prinzip
demokratischer Willensbildung sich eine Modifikation der unerfreulichen
Resultate der Konkurrenz vorstellt. Also die Tatsache der gewährten 
Freiheit (der Meinung, der Berechnung, der Wahl) soll schon verbürgen,
 daß eine andere Welt möglich ist.

Das habe ich gemeint und angegriffen. Der Inhalt dessen, was ich
als Willensillusion bezeichnet habe, geht i.Ü. weit über eine reine
Täuschung hinaus. Der abstrakt freie Wille ist die Form, in der sich
die Unterwerfung unter die gesellschaftlichen Zwangsgesetzte abspielt.
Irgendjemand hat mal die Paradoxie auf den Begriff gebracht: Man kann,
darf und *muß* wollen. Anders funktioniert man nicht als Subjekt der
Warengesellschaft. Auch wenn man gar nix zu melden hat.

In einer anderen Gesellschaft würde vom Willen vielleicht gar nicht soviel
Aufhebens gemacht werden....


Franz

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT05989 Message: 143/187 L33 [In index]
Message 06679 [Homepage] [Navigation]