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Re: [ox] Grundsicherung vs. neuer Sozialvertrag



Hallo Franz (und alle anderen, die noch nicht das Weite gesucht haben
angesichts dieser ausufernden Diskussion...)

On Wed, Jan 31, 2001 at 10:38:40AM [PHONE NUMBER REMOVED], Franz J. Nahrada wrote:
Es liegt aber am gesellschaftlichen Konsens bis hin zu den
Gewerkschaften und den Linken, daß der Neoliberalismus
sich so austobt: dem Konsens, daß "Wirtschaft" überhaupt
noch Lebensmittel ist. Und der wird in der Grundsicherungs-
forderung utopisch bekräftigt! 

Einspruch. Diese "Wirtschaft" beruht auf der Aneignung von fremder
Arbeit. Die Grundsicherungsforderung annerkennt, dass man auch ohne
Arbeit ein Anrecht am gesellschaftlich produzierten Reichtum hat.
Das ist der utopische Kern.

Heute stand eine Umfrage in der Rundschau, dass weit ueber 70% dem
Satz "Wer nichts leistet soll auch nichts verdienen" zustimmen.
Diesen Unsinn aus den Koepfen zu kriegen, dazu leistet schon eine
_Debatte_ ueber Grundsicherung sehr viel, ganz unabhaengig davon ob
es sie am Schluss geben wird oder nicht. 

Mein ganz persönliches Erlebnis war ein Seminar an der Uni zum Thema
wo am Anfang sicherlich auch ähnliche Ergebnisse rausgekommen wären
aber nach der intensiven Beschäftigung mit der Frage "Grundeinkommen
oder Recht auf Arbeit" die Zahlen umgekehrt ausgefallen wären. Und
das, obwohl sämtliche Texte, die besprochen wurden auf rein
liberaler Basis argumentiert haben und am Anfang sogar die
Veranstalter des Seminars eher gegen ein Grundeinkommen eingestellt
waren. Ein paar Köpfe weniger mit Arbeitsfetisch. Ich finde, das ist
sehr viel Wert. 

Wir sind nicht auseinander in dieser Frage, ich bin nur
dafür, das zu klären: der von Dir beschriebene Weg heißt
Entwirtschaftung, heißt Grundsicherung durch stetige
Vergrößerung und Vernetzung der Sphäre der organisierten
Eigenarbeit. Das ist aber dann eine Frage gesellschaftlicher
Selbstorganisation, lediglich die Schaffung der Ausgangsbasis
und der Mittel sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen
als Schutz gegen die Bande der proprietären Expropriateure
hat noch den Charakter einer "Forderung". 

So könnte ein Schuh draus werden!

Aber kann nicht ein Grundeinkommen genau die Schaffung dieser
Ausgangsbasis sein?

(Genau dasselbe auf dem Sektor der Software. Mindestens
gleichrangige Behandlung freier Softwareentwicklung bei
der Vergabe von Forschungsgeldern!)

Vorsicht Falle! Ich würde mal tippen, dass das Gegenteil der Fall
ist. Freie Software existiert überhaupt nur auf Grund staatlicher
Förderung. Die ganze Kultur ist an amerikanischen Unis entstanden
(und damit übrigens ziemlich sicher auch zu grossen Teilen
finanziert aus den Töpfen des Verteidigungsministeriums - das nur am
Rande) unter anderem dadurch, dass dort Software nicht verkauft
werden durfte, die mit staatlichem Geld finanziert wurde.

Grüße, Benni

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Organisation: projekt oekonux.de


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