Re: [ox] Grundsicherung
- From: Hans-Gert Graebe <graebe informatik.uni-leipzig.de>
- Date: Sat, 20 Jan 2001 09:22:05 +0100 (MET)
lo.sen.glatz chello.at schrieb am Fri, 19 Jan 2001
Ich hab zwar den Eindruck, wir entfernen uns vom Listenthema -
vielleicht könnten wir auf der "Krisis-Liste" drüber reden?
Die Listeninflation. Vielleicht müssen manche tiefer gehenden
Diskussionen doch auf anderen als Mail-Plattformen, etwa OpenTheory,
erfolgen.
- ich möchte aber zum Thema "Grundsicherung" doch noch die folgende
Überlegung aus dem "Manifest gegen die Arbeit" zu bedenken geben
(hab ich ja nur kopieren müssen ;-) :
... denn woher sonst sollte das Geld kommen, um dieses staatlich
garantierte Grundeinkommen zu finanzieren, wenn nicht aus
gelingenden Verwertungsprozessen?
Nun, zunächst sicher _nur_ von da, denn in dieser Gesellschaft gibt es
nichts anderes. Es geht also (heute zunächst) um Umverteilung,
"Reichtum teilen - Armut bekämpfen". Steuerfinanzierte Bereiche gibt
es in der Gesellschaft genug (Schulen, Unis, die Bahn kriegt demnächst
bestimmt auch wieder eine kräftige Finanzspritze, EXPO's ...) Und
warum soll das, was für Strukturen geht, nicht auch für Personen gehen
(bzw. geht ja: für Politiker, Professoren, 15% Studenten (mit BaFöG),
...). Es gibt natürlich ein paar Feinheiten ('Nützlichkeit' der
alimentierten Strukturen z.B.), die lasse ich hier aber aus
Platzgründen mal weg. Ich will nur noch erwähnen, dass alle diese
Strukturen heute "arm" sind (aktuelle Debatte: Stellenkürzungen an
Unis in Sachsen), d.h. "Reichtum teilen - Armut bekämpfen" auch auf
diese strukturelle Armut zu beziehen ist. Also Ansatz genug für
heutige Politik ebenso wie für fundamentale Überlegungen. M.E. _die_
zentrale Frage linker Politik heute.
Allerdings
Wer auf eine solche "Sozialdividende" baut (schon der Name spricht
Bände), muß gleichzeitig klammheimlich auf eine privilegierte
Position des "eigenen" Landes in der globalen Konkurrenz
setzen. Denn nur der Sieg im Weltkrieg der Märkte würde es
vorübergehend erlauben, einige Millionen kapitalistisch
"überflüssiger" Mitesser zuhause durchzufüttern - unter Ausschluß
aller Menschen ohne inländischen Paß, versteht sich.
Andererseits ist primär der nationale (im Citoyen-Sinne) Rahmen heute
der, in dem um Fragen der Umverteilung gerungen werden kann. Dass das
keine leichte Sache ist, siehst Du an Lafontaine. Du wirst mir
natürlich sofort erwidern 'Struktur statt Ideologie, das geht
prinzipiell nicht'. Aber wir reden ja gerade auf dieser Liste über
'Struktur', die die Großen der Branche auf einmal veranlasst, Geld in
Infrastruktur (hier: die OS-Bewegung) zu pumpen. Deine Argumente sind
also vollkommen okay, aber übersehen (vielleicht? darüber schreiben
wir hier) subtile Prozesse, die an diesen ehernen Prinzipien der
Kapitalverwertung nagen.
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Mit freundlichen Grüßen, Hans-Gert Gräbe
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