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[ox] Die Anwendbarkeit der Werttheorie in der Informatik



Ich stimme der Kritik von Ralf Krämer (Mon, 13 Nov 2000) an den
Ausführungen von Christian Fuchs weitgehend zu, insbesondere dass
Akkumulation grundsätzlich auf der Geldseite erfolgt (G - W - G',
nicht W - G - W' wie in vorkapitalistischen Marktgesellschaften).

Ralf Krämer schreibt zur Anwendbarkeit der Werttheorie auf
wissenschaftliche Arbeit 

   <quote>Fuchs schreibt u.a.: "Die immer bedeutender werdende
   wissenschaftliche Arbeit tritt zwar als eine Voraussetzung des
   Produktionsprozesses indirekt in ihn ein, es kann aber
   argumentiert werden, daß sie im Sinn der Produktion von
   Mehrwert keine produktive Arbeit ist. Sie vergegenständlicht
   sich nicht im Produkt wie die verausgabte menschliche Arbeit,
   die Mehrwert schafft. Sie ist also keine abstrakte Arbeit,
   aber auch keine konkrete, da sie keinen Wert der
   Produktionsmittel auf die Ware überträgt. Sie ist unproduktive
   Arbeit und fällt aus der Tauschwert-Vergesellschaftung auf dem
   Markt heraus. Die Wissenschaft ist die "unmittelbare
   Produktivkraft" (Grundrisse, [MEW] Band 42, S. 602), schafft
   jedoch selbst keinen Wert."

   Ich (Krämer - HGG) denke, dass immaterielle Produkte durchaus
   als Vergegenständlichung von sowohl abstrakter wie konkreter
   (z.B. wissenschaftlicher oder künstlerischer oder
   Programmier-)Arbeit zu betrachten sind. Das "da" oben ist zwar
   eh verfehlt, aber soweit dazu Produktionsmittel notwendig
   sind, wird auch deren Wert anteilig übertragen. Die
   WissenschaftlerInnen schaffen dann keinen auf dem Markt
   relevanten Wert, wenn sie wirklich "allgemeine Arbeit"
   leisten, das ist nach meinem Verständnis bei sinnvoller
   Interpretation von Marx aber (nur) dann der Fall, wenn sie
   nicht als Lohnarbeit für das Kapital verrichtet worden ist
   (wie etwa in kapitalistischen Forschungsabteilungen oder
   Software-Buden), sondern etwa in öffentlichen Hochschulen oder
   Wissenschaftseinrichtungen oder von sozusagen freischaffenden
   WissenschaftlerInnen und die Ergebnisse kostenlos der
   Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Das waren die
   Fälle, die Marx zugrundelegte, und wenn das nicht der Fall
   ist, die Ergebnisse also nicht frei zugänglich sind, gilt das
   meiste, was Marx darüber sagte, nicht.</quote>

Das ist nicht ganz richtig. Marx überlegte durchaus (Grundrisse,
S. 601 ff), ob sich (im ökonomischen Bereich entstandenes) Wissen in
sein ökonomisches Modell einbauen lässt, etwa so wie die
Arbeitsmittel, wo jedes damit erstellte Produkt einen Teil ihres
Wertes wegträgt (capital fixe vs. capital circulant).  Eine auf den
ersten Blick logische Einbeziehung als "capital fixe" wird von ihm
aber dann verworfen, weil sich die "Erstellung" von Wissen generell
nicht mit einem Arbeits_zeit_maß messen lässt: "In dieser Umwandlung
(des angewendeten Wissens in einen Teil des Produkts, HGG) ist es
weder die unmittelbare Arbeit, die der Mensch selbst verrichtet, noch
die Zeit, die er arbeitet, sondern die Aneignung seiner eignen
allgemeinen Produktivkraft, sein Verständnis der Natur und die
Beherrschung derselben durch sein Dasein als Gesellschaftskörper - in
einem Wort die Entwicklung des gesellschaftlichen Individuums, die als
der große Grundpfeiler der Produktion und des Reichtums erscheint."
Wissen in diesem Sinne ist also _Infrastruktur_, in die produktive
Aktivität _eingebettet_ ist. Die Frage, ob "Wissenschaft im Sinn der
Produktion von Mehrwert produktive Arbeit ist", muss also aus
wesentlich prinzipielleren Gründen als bei Christian Fuchs verneint
werden, da sie sich sehr wohl im Produkt vergegenständlicht.

Hans-Gert Gräbe

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