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[ox] Eigentum



Stefan Merten und Markus Lauber schrieben

S.Mn.
   > In der GPL-Gesellschaft denken wir uns diese Entwicklung gerade
   > verlängert vor. In die heutige Realität übersetzt heißt das: Nieder
   > mit den Arbeitsplätzen - laßt die Roboter ran.

M.L.
   Mir scheint zunehmend, dass in dieser utopischen Annahme vom (baldigen) Ende
   der Arbeitsgesellschaft der fundamentale Unterschied in den Auffassungen
   liegt. Mir erscheinen sowohl die Katastrophenprognosen vom Untergang des
   Kapitalismus als auch die daran (implizit) geknuepften Hoffnungen reichlich
   (sorry) esoterisch um es mal auf den Punkt zu bringen. Ein Kapitalismus kann
   auch sehr gut existieren, wenn 10% der Leute ihr Leben in chain-gangs
   fristen und weitere 50-60% zu niedrigen DL herangezogen werden zu
   Entlohnungen, die gerade mal die Existenz sichern (oder auch nicht). Ausser
   man wuerde jetzt auf eine Art revolutionaeres Potential im Zuge solcher
   Verelendung setzen, aber das hat ernsthaft hier noch niemand argumentiert
   und die historische Erfahrung spricht auch deutlich dagegen.

   Die Produktivitaetssteigerung wird ihrer gesellschaftlichen Bedingungen
   entkleidet und einfach als universal angenommen und die darin enthaltene
   Billigarbeit, abgepresste Rohstoffe usw. der Dritten Welt werden weitgehend
   ausgeblendet. Es koennte auch sein, dass die Roboter dann nicht von einer
   GPL-Gesellschaft, sondern von einer schnoeden AG betreieben werden.

Produktivitätssteigerung ist auch immer (potenzielle)
Destruktivitätssteigerung und braucht Strukturen, die diese
Destruktivität auffangen. Sonst fliegt uns die Megamaschine schneller
um die Ohren als wir gucken können wie der Besen dem Zauberlehrling.
Also haufenweise "unproduktive Arbeit", auf die hier schon mehrfach
verwiesen wurde.  Ich sag dazu unter einem anderen Aspekt auch gern
Infrastrukturarbeit, denn so unproduktiv (im landläufigen Sinne) ist
solche Arbeit nämlich nicht.  Im kapitalistischen Betrieb will sie
jeder nutzen, doch keiner bezahlen (Stichwort Wissenschaft). Und wenn
es doch eine(r) bezahlen soll, dann werden aber auch die anderen zur
Kasse gebeten (Stichwort Patente und Lizenzen).  

Arbeitsgesellschaft als Struktur ist also neu zu denken, so dass sie
"unproduktive Arbeit" mit einschließt. Allerdings bedeutet der Ansatz
"Infrastruktur", diese Arbeitsgesellschaft als etwas Umfassenderes zu
denken, das Marktwirtschaft einschließt und auf den ihr angemessenen
Platz stellt, statt diese abzuschaffen. Sozusagen Einbettung der
"produktiven" Arbeit in die Infrastruktur, die sie benötigt,
Verschiebung der Dominanz zur Infrastruktur, Umbrechen der
Verhältnisse etc., wie es nach Annette Schlemms "Revolution im
Fünfschritt" eben laufen muss.

Hans-Gert Gräbe

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