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[ox] Selbstentfaltung und GEMA



Ich stimme Benni Baermann zu, der schreibt

   Ich gewinne halt zunehmend den Eindruck, dass man vielen Leuten
   alles als Selbstentfaltung verkaufen kann.

   Ich glaube nur mit Selbstenfaltung hat man noch nicht viel gewonnen
   auch wenn das sicherlich eine notwendige Bedingung ist. Deswegen
   wehre ich mich gegen das als "Kern".

Selbstentfaltung als Übergang zu intrinsischen Motivationsformen,
okay.  Aber das gibt es, wenigstens in entsprechenden
Managementtheorien, auch im schnöden kap. Verwertungsbetrieb, wie auch
Markus Lauber hier schon mal festgestellt hat. Ob's klappt sei dahin
gestellt, aber damit ist dieser Effekt wohl einer der PKE.
Kapitalismus als System hat bisher einige Modernisierungen hinter
sich.  Gefragt sind also Gründe, warum er's diesmal nicht schaffen
wird. 

Selbstentfaltung durch Erstellung Freier Software: Welche, die keiner
braucht, wird kaum so viel Freude (und damit Motivation) bringen als
solche, die anderen weiter hilft. Also gibt es neben Selbstentfaltung
doch so was wie Sozialisation. Und da finde ich es zunächst mal in
_dieser_ Gesellschaft ungerecht, wenn eine(r) mit meiner Freien
Software Kohle macht, ohne mir was abzugeben. Ich meine damit gar
nicht mal so sehr SuSe etc. (die sehe ich eher auf meiner Seite),
sondern die Leute, die meine Freie Software _anwenden_, um damit ihre
kommerziellen Programme zu erstellen (sorry: erstellen lassen,
vielleicht sogar von einem sich frei entfaltenden Stefan Merten - pars
pro toto, ich kenne Deinen Background nicht und bitte deshalb schon
mal prophylaktisch um Verzeihung).

Und GEMA, VG Wort etc. ist, so verstehe ich es jedenfalls, wenn ich
meine jährlich ca. 150 DM aus Zeitschriftentantiemen bekomme (dazu
muss ich übrigens bei VG Wort nicht Mitglied sein - kost mich außer
Porto für die Meldungen nix), ein klitzekleiner, in _dieser_
Gesellschaft notgedrungen alibihafter Versuch, da umzuverteilen
(bzw. vielleicht auch nur ein paar Leute ruhig zu stellen).  Dass das
der Endkunde über den Preis trägt, wenn die Kopiergerätehersteller
dort einzahlen müssen (per Gesetz!), ist in dieser Gesellschaft klar.

Trotzdem ist eine solche pauschalierende Abrechnung ein Fortschritt
gegenüber der hier auch vorgeschlagenen Einzelabrechnung; so wie die
Tarifvertäge der Gewerkschaft ein Fortschritt gegenüber Einzel- und
Haustarifen sind.  Und so wie letztere gibt es auch für erstere Kräfte
in dieser Gesellschaft, die so was wie die Basis von GEMA und VG Wort
zurückdrängen wollen. Ich verweise für einen guten Aufriss des Themas
aus je unterschiedlicher Betroffenen- bzw. Akteursperspektive
(Wissenschaft, Verlage, Autoren, Bibliotheken) auf "Das unendliche
Buch" (ftp://ftp.ddb.de/pub/unendbib oder
http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe/projekte/MAT/ubuch.txt)

Wie weit man eine solche Buchführung (und das ist ja VG Wort zunächst)
auch in einer _anderen_ Gesellschaft anwenden soll, wird ja hier heiß
umstritten.  Für mich ist es aber wichtig, dass andere mich und meine
Arbeit auch zur Kenntnis nehmen. Vielleicht auch noch sagen, was sie
gut und was sie nicht so gut fanden. Und mir vielleicht auch
Gelegenheit einräumen, meinen Standpunkt dazu zu sagen, weil ich sehe
was, was Du nicht siehst.  Und, so lange das Ambrosia für die Ameisen
noch nicht aus dem Replikator kommt (glaube ich sowieso nicht,
Stichwort Okö), dass sich das auch in den mir zur Verfügung gestellten
materiellen Möglichkeiten (also den Spielräumen, in denen ich mich
selbst entfalten kann) niederschlägt.  Genauer: _Neben_ der
"allgemeinen Grundversorgung für alle" (Thomas Uwe Gruettmueller on
Tue, 14 Nov 2000) auch noch eine von einer solchen Buchhaltung
abhängige Komponente.

Hans-Gert Gräbe

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Organisation: projekt oekonux.de



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