Re: [ox] Freie Software und Eigentum an Informationsguetern
- From: Sabine Nuss <sabine.nuss prokla.de>
- Date: Sun, 27 Jul 2003 21:38:22 +0200
Hallo Stefan, hallo Liste,
ja, zum Eigentumspunkt wollt ich was loswerden:
Aus Stefans Paper:
Eigentum
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Eigentum wozu?
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o Erweitert Freiheit über Verfügungs-/ Nutzungsmöglichkeiten
o Schränkt Freiheit für die Nicht-EigentümerInnen ein
Positiv: Materieller Konsum, Geheimnisse
Könntest Du das noch näher ausführen, wieso am Eigentum "materieller
Konsum" und "Geheimnisse" positiv sind, bzw. was das bedeuten soll?
o Nutzung oder Eigentumsübertragung nur unter Bedingungen
(Kauf oder Lizenz)
o Nutzungsausschluss ist Kern des Eigentums
Besonders augenfällig bei Informationsgütern (Lizenz)
o Bei Informationsgütern fehlt die stoffliche Begründung
Stoffliche Begründung ist bei materiellen Gütern auf Grund
ihrer exklusiven Nutzbarkeit gegeben
Was heißt hier "exklusive Nutzbarkeit"? Willst Du darauf hinaus, dass
materielle Güter knapp sind im Gegensatz zu nicht-materiellen Gütern? Ich
glaub, das trifft es nicht ganz, was Du meinst, oder??? Egal, es ist
jedenfalls ein verbreitetes Argument, vielleicht wäre es gut, dazu dann
nochmal was zu sagen:
"Knappheit" ist immer gemessen am Bedürfnis knapp, sonst könnte ich nicht
von "Knappheit" sprechen, oder? Denn: Knapp - gemessen woran? Kann man
beispielsweise in Anbetracht der Vernichtung von Nahrungsmitteln (altes
Beispiel: Butterberg, etc.) oder den brachliegenden Agrarflächen in der EU
oder den nicht genutzten Produktionskapazitäten in den Fabriken in den
entwickelten Industrieländern tatsächlich von Knappheit bei materiellen
Gütern sprechen? Unbenommen, dass es keine Replikatoren gibt für stofflich-
materielle Produkte, aber auch diese Art der Produkte sind solange nicht
knapp, solange sie das tatsächlich vorhandene (nicht das zahlungsfähige!)
Bedürfnis der Menschen stillen können, bei aller Berücksichtigung von
ökologischen Aspekten und das wäre meines Wissens bei einer Menge von
stofflich-materiellen Produkten realisierbar, so dass die uns als solches
erscheinende Knappheit bei materiellen Gütern ebenso eine künstliche ist,
wie bei immateriellen Gütern, wie Software.
Dass "Knappheit" in eher wenigen Fällen eine stoffliche, also "natürliche"
Kategorie ist, sondern eine politische-ökonomische-soziale, kurz
gesellschaftliche, sieht man nicht zuletzt auch an den Prioritätensetzungen
von Staaten, wenn es darum geht, ihr Militär aufzurüsten.
Geistiges Eigentum dient ausschließlich der künstlichen Verknappung
Na - das gilt halt generell für Eigentum (zumindest seit und in der
kapitalistischen Warenproduktion). Eigentum (und "Geistiges Eigentum" ist
nur eine Unterart der Kategorie Eigentum) ist ja ein soziales Verhältnis
zwischen Menschen (keine "Sache" und auch kein Herrschaftsverhältnis über
"Sachen", wie es im Alltagsverstand und in der Jurisprudenz definiert wird)
und dieses Verhältnis besteht darin, dass der eine dem anderen sagen kann,
dass Ding da darfst Du nicht haben/nutzen/betreten, usw. (für einen
einsamen Menschen auf einer Insel wäre die Kategorie Eigentum daher auch
sinnlos). Dieses Verhältnis besteht auch beim Geistigen Eigentum, es ist
ein soziales, bzw. ein gesellschaftliches Verhältnis, welches im Kern die
Funktion hat, andere vom Zugang zu was-auch-immer fernzuhalten - unabhängig
(!) davon, wieviel davon insgesamt vorhanden ist, daher auch unabhängig von
der tatsächlichen stofflichen Daseinsweise der Dinge, auf die sich das
Eigentumsverhältnis bezieht. Daher: Egal ob materiell oder immateriell, das
(moderne) Eigentumsverhältnis beinhaltet immer eine Ausschlußfunktion.
Bei Informationsprodukten ist es (noch) nicht gelungen, diese
Ausschlußfunktion durchzusetzen, daher können wir noch sehen und spüren und
realisieren, dass es hier keine "natürliche" Knappheit gibt. Möglicherweise
wird das in einigen Jahren anders sein, wenn (wenn!) Justiz und Technik und
Ideologie Erfolg hatten - in ihrem Zusammenspiel, denn nur in einem solchen
ist es möglich - mit ihren Ausschlussbemühungen, mit der Durchsetzung des
Privateigentumsregimes bei Informationsprodukten, vielleicht werden unsere
Kinder es gar nicht mehr merken, dass Informationsprodukte künstlich
verknappt werden, so wie wir es nicht mehr merken, dass materielle Produkte
auch künstlich verknappt werden, sondern denken, diese Knappheit sei
natürlich, stofflich.
Materielle vs. Informationsgüter
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Ja, darauf will ich eigentlich die ganze Zeit hinaus: Ich würde hier den
Unterschied dieser beiden Güterarten nicht auf der stofflichen Ebene
machen, sondern nach dem Grad des Ausschlusses und den Mitteln des Vollzugs
dieses Ausschlusses (der Vollzug muss nämlich bei materiellen Dingen nicht
mehr groß vollzogen werden. Dazu ein kleines Beispiel: In vielen
amerikanischen Fast-Food-Läden gibt es Selbstbedienungs-Zapfsäulen für
Softdrinks, Cola, Fanta, und so weiter. Daneben drei Becher zum rausziehen
und befüllen: klein, mittel, groß. Die Becher werden verkauft, nicht der
Softdrink. Der kleinste Becher ist natürlich der billigste, der größte der
teuerste. Der Clou: Es gibt bei einigen dieser Zapfsäulen free re-fill, man
kann sich also mit dem gekauften Becker so viel holen, wie man wollte. Und
erstaunlich: Viele kaufen trotzdem den großen Becher! Im Netz ist diese
Einsicht in das Bezahlen, also in das Eigentumsregime - noch nicht -
verbreitet, oder um es mit den Worten eines Anwalts zu sagen: Das
Unrechtsbewußtsein der User ist noch zu gering.)
Das war's auf die Schnelle.
Beste Grüße
Sabine
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