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Re: [ox] Freie Software und Eigentum an Informationsguetern



Hallo Stefan, hallo Liste,

ja, zum Eigentumspunkt wollt ich was loswerden:

Aus Stefans Paper:

Eigentum
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Eigentum wozu?
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o    Erweitert Freiheit über Verfügungs-/ Nutzungsmöglichkeiten

o    Schränkt Freiheit für die Nicht-EigentümerInnen ein

Positiv: Materieller Konsum, Geheimnisse

Könntest Du das noch näher ausführen, wieso am Eigentum "materieller Konsum" und "Geheimnisse" positiv sind, bzw. was das bedeuten soll?

o    Nutzung oder Eigentumsübertragung nur unter Bedingungen
(Kauf oder Lizenz)

o    Nutzungsausschluss ist Kern des Eigentums

Besonders augenfällig bei Informationsgütern (Lizenz)

o    Bei Informationsgütern fehlt die stoffliche Begründung

Stoffliche Begründung ist bei materiellen Gütern auf Grund
ihrer exklusiven Nutzbarkeit gegeben

Was heißt hier "exklusive Nutzbarkeit"? Willst Du darauf hinaus, dass materielle Güter knapp sind im Gegensatz zu nicht-materiellen Gütern? Ich glaub, das trifft es nicht ganz, was Du meinst, oder??? Egal, es ist jedenfalls ein verbreitetes Argument, vielleicht wäre es gut, dazu dann nochmal was zu sagen:

"Knappheit" ist immer gemessen am Bedürfnis knapp, sonst könnte ich nicht von "Knappheit" sprechen, oder? Denn: Knapp - gemessen woran? Kann man beispielsweise in Anbetracht der Vernichtung von Nahrungsmitteln (altes Beispiel: Butterberg, etc.) oder den brachliegenden Agrarflächen in der EU oder den nicht genutzten Produktionskapazitäten in den Fabriken in den entwickelten Industrieländern tatsächlich von Knappheit bei materiellen Gütern sprechen? Unbenommen, dass es keine Replikatoren gibt für stofflich- materielle Produkte, aber auch diese Art der Produkte sind solange nicht knapp, solange sie das tatsächlich vorhandene (nicht das zahlungsfähige!) Bedürfnis der Menschen stillen können, bei aller Berücksichtigung von ökologischen Aspekten und das wäre meines Wissens bei einer Menge von stofflich-materiellen Produkten realisierbar, so dass die uns als solches erscheinende Knappheit bei materiellen Gütern ebenso eine künstliche ist, wie bei immateriellen Gütern, wie Software.

Dass "Knappheit" in eher wenigen Fällen eine stoffliche, also "natürliche" Kategorie ist, sondern eine politische-ökonomische-soziale, kurz gesellschaftliche, sieht man nicht zuletzt auch an den Prioritätensetzungen von Staaten, wenn es darum geht, ihr Militär aufzurüsten.

Geistiges Eigentum dient ausschließlich der künstlichen Verknappung

Na - das gilt halt generell für Eigentum (zumindest seit und in der kapitalistischen Warenproduktion). Eigentum (und "Geistiges Eigentum" ist nur eine Unterart der Kategorie Eigentum) ist ja ein soziales Verhältnis zwischen Menschen (keine "Sache" und auch kein Herrschaftsverhältnis über "Sachen", wie es im Alltagsverstand und in der Jurisprudenz definiert wird) und dieses Verhältnis besteht darin, dass der eine dem anderen sagen kann, dass Ding da darfst Du nicht haben/nutzen/betreten, usw. (für einen einsamen Menschen auf einer Insel wäre die Kategorie Eigentum daher auch sinnlos). Dieses Verhältnis besteht auch beim Geistigen Eigentum, es ist ein soziales, bzw. ein gesellschaftliches Verhältnis, welches im Kern die Funktion hat, andere vom Zugang zu was-auch-immer fernzuhalten - unabhängig (!) davon, wieviel davon insgesamt vorhanden ist, daher auch unabhängig von der tatsächlichen stofflichen Daseinsweise der Dinge, auf die sich das Eigentumsverhältnis bezieht. Daher: Egal ob materiell oder immateriell, das (moderne) Eigentumsverhältnis beinhaltet immer eine Ausschlußfunktion.

Bei Informationsprodukten ist es (noch) nicht gelungen, diese Ausschlußfunktion durchzusetzen, daher können wir noch sehen und spüren und realisieren, dass es hier keine "natürliche" Knappheit gibt. Möglicherweise wird das in einigen Jahren anders sein, wenn (wenn!) Justiz und Technik und Ideologie Erfolg hatten - in ihrem Zusammenspiel, denn nur in einem solchen ist es möglich - mit ihren Ausschlussbemühungen, mit der Durchsetzung des Privateigentumsregimes bei Informationsprodukten, vielleicht werden unsere Kinder es gar nicht mehr merken, dass Informationsprodukte künstlich verknappt werden, so wie wir es nicht mehr merken, dass materielle Produkte auch künstlich verknappt werden, sondern denken, diese Knappheit sei natürlich, stofflich.


Materielle vs. Informationsgüter
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Ja, darauf will ich eigentlich die ganze Zeit hinaus: Ich würde hier den Unterschied dieser beiden Güterarten nicht auf der stofflichen Ebene machen, sondern nach dem Grad des Ausschlusses und den Mitteln des Vollzugs dieses Ausschlusses (der Vollzug muss nämlich bei materiellen Dingen nicht mehr groß vollzogen werden. Dazu ein kleines Beispiel: In vielen amerikanischen Fast-Food-Läden gibt es Selbstbedienungs-Zapfsäulen für Softdrinks, Cola, Fanta, und so weiter. Daneben drei Becher zum rausziehen und befüllen: klein, mittel, groß. Die Becher werden verkauft, nicht der Softdrink. Der kleinste Becher ist natürlich der billigste, der größte der teuerste. Der Clou: Es gibt bei einigen dieser Zapfsäulen free re-fill, man kann sich also mit dem gekauften Becker so viel holen, wie man wollte. Und erstaunlich: Viele kaufen trotzdem den großen Becher! Im Netz ist diese Einsicht in das Bezahlen, also in das Eigentumsregime - noch nicht - verbreitet, oder um es mit den Worten eines Anwalts zu sagen: Das Unrechtsbewußtsein der User ist noch zu gering.)

Das war's auf die Schnelle.

Beste Grüße
Sabine

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