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Re: [ox] Drittes Viertel Paper GPL-Gesellschaft



Zur Frage, wie der Kapitalismus notwendigerweise sein eigenes Fundament -
die (Lohn)Arbeit untergräbt, hat sich Marx - wie ich finde sehr kompetente -
Gedanken gemacht ("Grundrisse"). Damit zugleich auch, worin eine neue freie
Wirtschaftsweise, sozusagen eine GPL-Wirtschaft, bestehen kann.
Ich poste hier einen kurzen Text, der sicher nicht sehr leicht zu lesen ist
(war schließlich nur ein handschriftliches Konzept), meiner Meinung nach
lohnt es aber die Mühe (eckige Klamern und Fettdruck sind von mir). Auch
wenn man den optimistischen Quasi-Automatismus am Schluss nicht teilt, weil
sich die Möglichkeit auch einer sehr grauslichen Lösung des Zusammenbruchs
der "auf dem Tauschwert ruhnden Produktion" abzeichnet.

Ciao, Lorenz


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Marx, Grundrisse:

......Der wirkliche Reichtum manifestiert sich vielmehr - und dies enthüllt
die große Industrie - im ungeheuren Mißverhältnis zwischen der angewandten
Arbeitszeit und ihrem Produkt wie ebenso im qualitativen Mißverhältnis
zwischen der auf eine reine Abstraktion reduzierten Arbeit und der Gewalt
des Produktionsprozesses, den sie bewacht. Die Arbeit erscheint nicht mehr
so sehr als in den Produktionsprozeß eingeschlossen, als sich der Mensch
vielmehr als Wächter und Regulator zum Produktionsprozeß selbst verhält.
(Was von der Maschinerie [gilt,] gilt ebenso von der Kombination der
menschlichen Tätigkeit und der Entwicklung des menschlichen Verkehrs.)
Es ist nicht mehr der Arbeiter, der [einen] modifizierten Naturgegenstand
[=Werkzeug, Maschine] als Mittelglied zwischen das Objekt [den Gegenstand
seiner Arbeit] und sich einschiebt; sondern den Naturprozeß, den er in einen
industriellen umwandelt, schiebt er als Mittel zwischen sich und die
unorganische Natur, deren er sich bemeistert.
Er tritt neben den Produktionsprozeß, statt sein Hauptagent zu sein. In
dieser Umwandlung ist es weder die unmittelbare Arbeit, die der Mensch
selbst verrichtet, noch die Zeit, die er arbeitet, sondern die Aneignung
seiner eignen allgemeinen Produktivkraft, sein Verständnis der Natur und die
Beherrschung derselben durch sein Dasein als Gesellschaftskörper - in einem
Wort: die Entwicklung des gesellschaftlichen Individuums, die als der große
Grundpfeiler der Produktion und des Reichtums erscheint.
Der Diebstahl an fremder Arbeitszeit, worauf der jetzige Reichtum beruht,
erscheint miserable Grundlage gegen diese neuentwickelte, durch die große
Industrie selbst geschaffne. Sobald die Arbeit in unmittelbarer Form
aufgehört hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört und muß aufhören
die Arbeitszeit sein Maß zu sein und daher der Tauschwert [das Maß] des
Gebrauchswerts. Die Surplusarbeit der Masse hat [dann] aufgehört, Bedingung
für die Entwicklung des allgemeinen Reichtums zu sein, ebenso wie die
Nichtarbeit der wenigen für die Entwicklung der allgemeinen Mächte des
menschlichen Kopfes. Damit bricht die auf dem Tauschwert ruhnde Produktion
zusammen, und der unmittelbare materielle Produktionsprozeß erhält selbst
die Form der Notdürftigkeit [d.h. Lohnarbeitszwang für die Masse, um leben
zu können] und Gegensätzlichkeit [Lohnarbeit - Kapital] abgestreift. Die
freie Entwicklung der Individualitäten und daher nicht das Reduzieren der
notwendigen Arbeitszeit, um Surplusarbeit zu setzen, sondern überhaupt die
Reduktion der notwendigen Arbeit der Gesellschaft zu einem Minimum, der dann
die künstlerische, wissenschaftliche etc. Ausbildung der Individuen durch
die für sie alle freigewordne Zeit und geschaffnen Mittel entspricht....



----- Original Message -----
From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
To: <liste oekonux.de>
Sent: Wednesday, March 22, 2000 6:28 PM
Subject: Re: [ox] Drittes Viertel Paper GPL-Gesellschaft


Hi Ingo und Sabine,

ich will mal ein paar "wenns" aufmachen und dann dazu etwas fragen.

(1) Wenn es stimmt, dass Tauschwert einziges Ziel kapitalistischen
Produzierens ist; (2) wenn es stimmt, dass die Kapitalverwalter
Produktivität steigern, um den Wert zu senken (sprich: den Preis senken
und den Konkurrenten ausstechen zu können); (3) wenn es stimmt, dass das
eingesparte Arbeitsvolumen grösser ist als das tote Arbeitsvolumen in
den Maschinen, mit denen Produktivitätssteigerung geschaffen wurde (also
mehr vorne wegfällt als hinten entsteht) - wie könnt ihr beide
gleichlautend, aber obigem logisch widersprechend sagen:

Von einer Abschaffung der Lohnarbeit kann man sicher nicht reden,
(Sabine)

Eine Utopie. (Ingo: zum Ende der Lohnarbeit)

Wenn ich mit meinen "wenns" falsch liege, korriert mich. Wenn nicht,
hätte ich gerne eine Begründung für das Nicht-Ende der Lohnarbeit -
vieleicht fehlen "wenns" in meiner Logikkette.

Ciao,
Stefan

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