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Re: [ox] GPL-Hardware



So ganz egal auch nicht: Der Anteil für "Rohstoffe" wie Mehl und Quarz
ist
natürlich immer geringer, aber dennoch vorhanden. Was die Werbung angeht:
Die ist doch auch Arbeit, unter unseren Bedingungen "gesellschaftlich
Notwendige" sogar. Das Produkt existiert nicht unabhängig vom
Werbeaufwand
(was deutlich wird, wenn man Merktforschung etc. einbezieht) Wir kaufen
selbstredend ein "nützliches Ding", weil die Werbung *Teil* der
Nützlichkeit ist, weil sie entweder vom Ding nicht mehr zu trennen ist,
oder sogar weil die 'Nützlichkeit' erst durch Werbung erzeugt wird
(Gebrauchswertversprechen).

Nein, sehe ich nicht so. Werbung ist *nichts* wert, sie hat weder
Gebrauchswert (nur durch 'Versprechen' entsteht keine 'Nützlichkeit' -
eher im Gegenteil: Verblödung) noch hat sie überhaupt Wert. Wert hat
einzig das Produkt, das beworben wird, und aus dessen Wert die Werbung
eben mitbezahlt werden muss. Werbung selbst ist kein "Produkt", 

aber hallo, davon lebt eine ganze Industrie. 

sie kann nur "für sich" gar nicht existieren: 

nicht überzeugend: fast nichts kann nur "für sich" existieren. Ich 
würde nicht so weit gehen wie Henrik, daß 'Nützlichkeit' erst durch 
Werbung erzeugt wird, ...

Genau das denke ich schon. "Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem
Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache", und ich
meine, das Bedürfnisse durchaus durch Werbung geschaffen werden können und
dass genau das dauernd passiert (in der BWL heisst das dann
'Bedarfsweckung'). 'Nützlichkeit' ist immer ein subjektives 'Nützlich
finden', ob wir diese Einschätzung teilen oder für blöd halten ist wohl
erstmal egal. Will man die Kritik am System ansetzen und nicht an den
persönlichen Fehlern der Beteiligten sollte man Begriffe wie
'Nützlichkeit', 'Bedürfnis' oder 'Wert' als gegebene Begriffe analysieren
und nicht moralisch aufladen. Wenn die meisten Produkte heute nur wenig
'Wert' haben, dann weil wenig Arbeit dafür aufgewendet wird, und nicht weil
man die Arbeit von Werbetexterinnen und Verpackungsdesignern nicht gelten
lässt. Die Gesellschaft definiert schon alleine, was 'gesellschaftlich
notwendige Arbeit' ist, man mag die Kriterien, anhand derer sie das tut,
widersinnig finden, sie zu verändern ist aber 'geschichtliche Tat' und
keine Definitionsfrage von einzelnen schlauen Leuten.

Eine andere Sache, die sich (spätestens) bei 'GPL-Hardware' stellt, ist die
nach den Gesellschaftlichen Implikationen der Technik selbst (vgl. etwa die
"Dialektik der Aufklärung" oder den "Eindimensionalen Menschen"). Die (IMHO
zu recht) kritisierte Unterwerfungslogik, die in die Technik einfliesst,

Olle Macuse mit seinem eindimensionalen Menschen gehört in die zeit des
Fordismus. Heute stimmt das alles so nicht mehr, die Probleme liegen
komplett anders.

Ohne die spezifischen Probleme des Fordismus wäre der 'eindimensionale
Mensch' nicht geschrieben worden, klar. Aber das, was darin angesprochen
wird, geht m.E. schon darüber hinaus. Marx schrieb ja auch nicht nur über
den Frühkapitalismus und ist jetzt völlig veraltet ;-)

ist ja auch bei Computern etc. nicht weg, im Gegenteil, wer hat noch nie
geflucht weil das Scheissding nicht parieren will... 

Das Beispiel spricht ja genau dagegen: Heute musst Du Dich um alles
kümmern, heute bist Du total auf Dich zurückgeworfen, mit dem PC, Deinem
Job usw. In der eindimensionalen Gesellschaft gings da ja richtig
kuschlig zu: Man dachte für Dich. Das, was du damals nur erdulden (oder
erleiden) musstest, sollst Du heute auch noch selbst aktiv praktizieren:
Als Marktsubjekt den Verwertungsprozess exekutieren (jeder (s)ein
eigener Unternehmer).

Na ja, unter kuschlig verstehe ich noch ein bisschen was anderes... Ich
wollte aber auf etwas anderes hinaus, denke aber inzwischen, dass das
Beispiel in der Tat gegen mich spricht 8-( Denn 1. wäre die Ideologische
Funktion der Technik ja ein Argument für die freie Software, da sie auch
unter 'technischen' Gesichtspunkten viel für sich hat, 2. nötigt mich der
PC als dezentrales Produktionsmittel ja geradezu, mich um meinen Scheiß
selber zu kümmern, und ermöglicht es mir so auch. Der Postfordismus ist
sicher kein großer Spass (wie der Fordismus auch), aber vielleicht ein
wichtiger Schritt... Ich weiß auch nicht.

In diesem Sinne
erschiene das ganze eher als Aufhebung des Kapitalismus im Sinne von 'auf
eine neue Stufe heben' als im Sinne von 'die negativen Seiten abschaffen'.

Ja, cool, mach ma' n Vorschlag...

Bei aller Freude über die Potenzen dieser Entwicklung sollte man doch nicht
so euphorisch werden, das man das kritische hinterfragen vergisst, sonst
ist evtl. schnell Essig. Wenn ich den archimedischen Punkt zum Ausheben des
Kapitalismus gefunden hätte würde ich hier nicht sitzen und Mails schreiben
sondern mir ganz schnell einen Hebel basteln...
Henrik

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http://www.oekonux.de/



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