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Re: [ox] Re: Der eigentliche Dissenz



Hi Jac,

aus meiner Sicht konnten wir nun den Dissenz fixieren. Das finde ich 
gut.

Am Tuesday 18 July 2006 10:33 schrieb Jac:
Auch eine individuelle Spiegelung setzt etwas voraus, in dem
sich die Spiegelung spiegelt, d.h. einen Spiegel, der nicht ge-
sellschaftlich durch die individuelle Spiegelung vermittelt
sein kann. Du behauptest, daß die Natur - ergo auch die
körperliche Existenz des Menschen - individuell die Spiegelung
gesellschaftlicher Verhältnisse wäre.

Nein, ich sage dass die gesellschaftliche Natur des Menschen
angeboren ist, was der Begriff "Natur" auch ausdrücken soll. Sonst,
so mein Argument, wäre es dem Menschen nicht möglich, sich in
Gesellschaft hinzuentwickeln, wenn er nicht biologischerweise zur
Vergesellschaftung fähig wäre.

Die Fähigkeit zur Vergesellschaftung kann angeboren sein, nicht die
gesellschaftliche Natur. Dazu sind und waren die Gesellschaftsformen
zu unterschiedlich. Wäre totalitär nur eine Gesellschaftsform
vorgegeben, wäre diese Bandbreite nicht erklärlich.

Welche Gesellschaftsform sich historisch herausbildet, ist unabhängig 
von der gesellschaftlichen Natur des Menschen und nicht vorgegeben. 
Gesellschaftliche Natur bedeutet nur die angeborene Fähigkeit zur 
Vergesellschaftung, legt aber nicht die Form fest.

Dir fällt nicht auf, daß Dir die Definition der "gesellschaftlichen
Natur" als Fähigkeit zur Vergesellschaftung in Deiner Argumentation
in eine andere Definition als Zwang zur Gesellschaft abrutscht. Fähig
sein beinhaltet den Freiheitsgrad, die Fähigkeit auch nicht
anzuwenden.

Ja, das ist auch so: Für Menschen besteht ein "Zwang zur Gesellschaft", 
sie müssen sich vergesellschaften, sie können nicht anders, und sie 
können auch dort nicht aussteigen (ein Argument, dass IMHO die "Theorie 
der Freien Kooperation" von Christoph Spehr übersieht).

Gut, dann können wir diese Differenz festhalten. Ich meine, dass es
keine vorausgehende ungesellschaftliche Phase gibt. Aus meiner
Sicht sind Emotionen etc. Ausdrucksformen der gesellschaftlichen
Natur des Menschen. Sie spiegeln das Mensch-Welt-Verhältnis wider,
von Anbeginn an.

Siehe oben. Fähig zu etwas zu sein, beinhaltet nicht, zur Anwendung
der Fähigkeit gezwungen zu sein. Sonst behauptest Du, daß der Mensch
mit einem vorbestimmten Mensch-Welt-Verhältnis geboren wird, wodurch
die Gesellschaft Spiegelung der menschlichen Instinkte bzw.
angeborenen Zwänge wäre.

In welcher Weise der sich entwickelnde Mensch sein Verhältnis zur Welt 
gestaltet, ist kein bisschen festgelegt. Insofern ist nichts 
vorbestimmt außer der Tatsache, dass es eines gibt.

Auch hier also Änderung der Ausgangsdefinition in der Argumentation.

Nein.

Damit stelle ich weder die gesellschaftliche Natur des
Menschen in Frage

Gut, das war mir nicht klar. Gibt es für dich eine vorausgehende
ungesellschaftliche Phase? Oder wie würdest du die vorausgehende
Phase nennen, wo es noch keine gesellschaftliche Vermittlung gibt?

Im Satz der angeborenen Fähigkeiten gibt es keine gesellschaftliche
Vermittlung. Die Gesellschaft weckt diese Fähigkeiten ja erst. Erst
in der Konfrontation des kindlichen Gehirns mit der Umwelt entstehen
die eingeprägten Spuren im Gehirn, d.h., das Gehirn des Kindes und
die Körperlichkeit, in der sich dieses Gehirn befindert, ist nicht
gesellschaftlich vermittelt, sondern der von der Gesellschaft
unterscheidbare Spiegel, auf der sich die Spiegelung der Gesell-
schaft abbildet.

Ok, das ist unsere Differenz. Für mich gibt es keine vorausgehende 
ungesellschaftliche Phase.

Der eigentliche Dissenz ist
lediglich der Zeitpunkt, ab wann die individuelle Spiegelung
gesellschaftlicher Verhältnisse einsetzt und ob dieser eine
biologische körperliche Existenz des Menschen mit
bestimmten quasi angeborenen Fähigkeiten vorausgeht
- oder, wie Du zu meinen scheinst - eben nicht.

Die von dir betonte biologische körperliche Existenz (mit Emotionen
etc.) ist für mich keine Frage, da habe ich keinen Widerspruch. Ich
sage nur, dass eben jene Körperlichkeit die gesellschaftliche Natur
des Menschen ist.

Nicht die Körperlichkeit an sich. Diese ist nicht gesellschaftlich
vermittelt.

Doch, denn es gibt keine "Körperlichkeit an sich". Der gesellschaftliche 
Mensch ist eine Ganzheit, und dazu gehört sein Körper.

Ciao,
Stefan

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