Message 11999 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT11991 Message: 2/18 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Oekonux als Projekt



Hallo Hans-Gert,

Am Monday 17 July 2006 11:52 schrieb Hans-Gert Gräbe:
und nicht auf pox. Vielleicht kommen wir ja - mit zwei neuen Leuten -
doch mal zu einer Diskussion dieser "Metafragen" jenseits der
bisherigen starken Personalisierung.

Gerne, wenn es sich inhaltlich auf die Themen von Ox bezieht. Möchtest 
du meine Fragen dazu beantworten?
http://www.oekonux.de/liste/archive/msg11910.html

Eine der zentralsten Differenzen zwischen mir und der
"Kernmannschaft" von Oekonux (und in diesem Sinne gehöre ich NICHT zu
diesem Kern) ist das Oekonux-Grundverständnis: schart es sich um eine
IDEE (etwa "über die gesellschaftliche Verallgemeinerung der
Prinzipien Freier Software nachdenken") oder schart es sich um LEUTE.

Ich sehe das nicht als getrennte Dinge. Ideen werden von Leuten hier 
diskutiert.

Stefan Merten hat die Position der "anderen Seite" im Wiki unter
http://en.wiki.oekonux.org/StefanMerten/AboutSocialSystems - bzw.
seine Sicht darauf - detailliert dargestellt. Das Problem ist, dass
sie Bedürfnisse von LEUTEN wie mir, die nicht mit den aktuellen
Setzungen übereinstimmen, als Störungen wahrnimmt und als Störungen
behandelt. Und was ich für ein Oberstörer bin, das hast du im Archiv
ja lesen können. Auch wenn Stefan Meretz viel über eine hehre Theorie
redet, in der das vollkommen anders klingt, in der eigenen PRAXIS
geht Oekonux auf abweichende Bedürfnisse der LEUTE konfrontativ los.

Also ich tue das nicht. Das manchmal inhaltliche Auseinandersetzungen 
heftiger werden, kann passieren. Dennoch sollten wir immer wieder 
runter kommen. Auch StefanMn und ich haben uns gefetzt, aber es hat uns 
auch weitergebracht. Das gemeinsame Lernen sollte im Fokus stehen, 
nicht das "im verbalen Kampf obsiegen müssen".

Derzeit wird das alles von der IDEE her gedacht und die Spielregeln
sind entsprechend und bekannt und nicht ernsthaft hinterfragbar.

Ich habe mit meiner Reset-Mail vor allem nach den Zielen gefragt. Dafür 
habe ich (nicht über die Liste) mir Kritik anhören müssen. Ist auch ok. 
Du kannst aber nicht sagen, die Ziele und Spielregeln wären nicht 
hinterfragbar. Das stimmt einfach nicht.

s.mz: Der Verein ist ein bloß formales, für den Projektprozess
absolut irrelevantes Konstrukt. Er dient nur dazu, entfremdeten
formalen Anforderungen (etwa beim Beantragen von Fördermitteln)
entsprechen zu können.

Auch hier habe ich (inzwischen zusammen mit s.ma) eine vollkommen
andere Sicht. Die etwa im flame um die diesjährige MV deutlich
artikuliert wurde.

Ja, ich möchte den Verein so unwichtig wie möglich halten. Den Stress um 
die MV fand ich aber auch blöd.

Insofern ist deine Frage "Lernumgebung wofür?" für mich längst nicht
so klar beantwortet wie es Stefan Meretz darstellt.

Ich stelle das nicht als klar da, ich habe nach den Zielen gefragt. 
Nutze doch einfach die Gelegenheit.

s.mz: Sure, the learning environment should enable us to approach
the core Oekonux question from different perspectives. The core
question is how to societally generalize the principles of free
software, if possible, and if not, why not.

jac: Schließt Oekonux nun die Entwicklung weitergehender
Gesellschafts- theorien ein oder nicht?

s.mz: Sure. However the relationship to the Oekonux agenda should
be visible. Please study the archive, There you'll find very
important debates with only "thin" connections to Oekonux agenda,
but it was there and it was relevant for the further development of
theories.

als "Oekonux-Agenda" bezeichnet wird. Das liest sich alles ganz
anders, wenn es von den LEUTEN her gedacht wird; die Oekonux-Agenda
ist nichts Festes, sondern in einem dauernden Reproduktionsprozess
und etwas "off-topic" zu setzen muss etwas ganz Exzeptionelles sein.

Da haben wir keinen Dissenz. Es gibt keine feste Oekonux-Agenda, aber es 
gibt auch nicht nichts. Und wenn jemand danach fragt, dann kann man das 
doch sagen, oder? Immerhin steht das auch auf der Website.

s.mz: Der List-Owner StefanMn hat mehrfach deutlich gemacht, dass
er sich nicht als Erster unter Gleichen sieht. Forderungen an ihn
persönlich nach Eingriff in ox-de hat er zurückgewiesen.
Stattdessen hat er die Wahrnehmung von Verantwortung - im
Alleingang oder gemeinsam - eingefordert.

Genau das geht aber NUR als "Erster unter Gleichen", als "primus
inter pares" im klassischen professoralen Selbstverständnis.

Das verstehe ich nicht. Bin ich "Erster unter Gleichen", nur weil ich 
die o.g. Initiative gestartet habe?

s.mz: Deswegen haben wir (ich bin in dem Verein) uns entschieden,
all diesen entfremdeten Formalkram auf das absolute Minimum zu
reduzieren und über darüber keine Entscheidungen etc. zu betreiben.

Ich bin auch in diesem Verein (wie s.mz seit seiner Gründung) und
sehe, dass aus dieser Vision heraus zugleich alle Mechanismen zum
"decision meeting" amputiert wurden.  Die hehre Vision, alles im
Konsens und notfalls durch den Maintainer zu entscheiden (siehe
http://en.wiki.oekonux.org/StefanMerten/AboutSocialSystems) heißt in
letzter Konsequenz: der Maintainer setzt sich immer durch. Ein
äußerst unbefriedigender Zustand - im Übrigen auch für den
Maintainer, weil er dauernd Dresche kriegt, die aus dem Frust
unbehandelter Konflikte erwächst.

Das kann sein, aber das löst du nicht über den Verein. Im Gegenteil, das 
Hauen und Stechen würde erst richtig losgehen.

"Personen mit Bedeutung" (und zu denen zähle ich mich hier auf ox-de
mal - in unendlicher Selbstüberschätzung) sind eben immer auch ein
"kritischer Geist", haben einen eigenen Kopf, kommen mit eigenen
Gestaltungsansprüchen, die vielleicht auch a priori gar nicht so
deutlich gemacht werden können, dass sich VOR dem Tun so was wie
Konsens wirklich erzielen ließe, sondern ein positives Einlassen auf
den Anderen/die Andere mit einem "na gugge ma, das hättsch so jetzt
aber nisch gedacht" als REGELAUSGANG, als a posteriori Erfahrung.
Verlangt aber, sich auf die Möglichkeit eines solchen Ausgangs
einzulassen. Eben "New Culture" - wie ich Annette verstehe.

Na, da spricht doch nichts dagegen, oder? Das machen doch viele hier. 
Sie haben ihre Projekte und bringen sich in Oekonux ein und wenn es gut 
läuft, ist das eine Inspiration für andere. Für solch einen offenen 
Prozess ist Konsens weder erforderlich noch hilfreich.

Und diese individuellen Menschen sind zu stärken, sind zu
ermutigen, so dass sie verantwortungsvoll handeln können.

Genau das reicht nach meinem Verständnis viel tiefer und ist der Kern
der Kantischen Unterscheidung des "öffentlichen Gebrauchs der
Vernunft zum Raisonnieren" und des "privaten Gebrauchs der Vernunft
im öffentlichen Handeln". Sie haben eine VOLLKOMMEN DIFFERENTE Logik.
 Das erstere verändert die Welt nicht, braucht nur lesenden Zugriff
auf den Erfahrungsschatz der Menschheit als Gattung und hat eben
"freedom of speech" - den freizügigen Zugang zu den Wissensressourcen
- zur Voraussetzung. Das zweitere hat eine vollkommen andere Natur;
es ist con-currente Änderung der Welt, konfliktäre "Schreibzugriffe",
die durch "locking" gelöst werden (dafür wurde Eigentum "erfunden"!).
Und - damit Gesellschaft funktioniert - muss jede(r) Verantwortung
übernehmen für das, was sie/er "in die Datenbank" schreibt. Dazu
müssen Menschen nicht nur "ermutigt" werden, sondern es sind zugleich
die Bedingungen dafür zu schaffen (meine vierte Emanzipationsthese!).
Es sind "die Verkehrsformen zu produzieren", in denen dies möglich
ist.

Das ist in Oekonux - wenigstens für die Art, in der ICH mir
vorstelle, in diesem Sinne meinen "Alleingang" durchzuziehen - bisher
nicht möglich.

Welche Art von Schreibzugriff stellst du dir denn vor? Und warum muss 
das in Oekonux sein - du hast doch deine Schreibzugriffe (wie ich 
auch), warum also Oekonux?

Es ist nicht nur die FREIHEIT der anderen im Sinne einer potentia,
sondern ihr reales "Leben und Gestalten", die TEIL eines
umfassenderen Begriffs von WELT sind, wie er hier aufgerufen wird.

Fein. Was hindert dich am gestalten?

Ich würde das - aus eigener Erfahrung - viel schärfer formulieren:
Demut und Zuhören-Können als Prozess des Sich-Bemühens. Ich glaube,
das könnte auch viel mit Annettes Ansatz "New Work - New Culture" zu
tun haben.

Demut klingt mir zu pastoral, aber ansonsten unterstütze ich das.

Das ist vielleicht auch der Archimedische Punkt, von dem aus diese
Gesellschaft aus den Angeln zu heben ist. Denn wir können bereits in
DIESER Gesellschaft in immer größeren Teilen unserer eigenen Praxis
diesen Prinzipien mehr Raum geben.  Indem wir die bürgerliche
Freiheit - hier die Vertragsfreiheit - GEGEN das bürgerliche Eigentum
richten.

Das ist leicht daher gesagt, und bis auf die FS hat das niemand im 
großen Maßstab gemacht. Das ist doch genau das Thema von Oekonux.

Ciao,
Stefan

-- 
Start here: www.meretz.de
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT11991 Message: 2/18 L1 [In index]
Message 11999 [Homepage] [Navigation]