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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Hallo El Casi und Stefan (s.sf - wäre für dich eine solche Abkürzung zur
Kennzeichnung unter den vielen Stefans hier okay?)

El Casi wrote:
D'accord. Hier stehen sich gegenüber: 1) Für andere entscheiden, 
wie deren Bedürfnisse auszusehen haben. Und: 2) Jeder muß und kann
nur selber herausfinden, welche Bedürfnisse er hat und wie `echt'
sie sind.

Geht es überhaupt anders unter der Prämisse 2) ?

Oh, ich dachte es ging gerade darum die aufzugeben. :-)

Ich auch :-)

Dann habe ich das gründlich missverstanden und nun selbstverständlich
fundamentalere Einwände.  In meinen Chemnitzer Thesen heißt es dazu,
"das ES und das ICH zu Lasten des ÜBER-ICH einander wieder näher
bringen".  In einer Gesellschaft, die einem dauernd irgendwelche
Bedürfnisse suggeriert, halte ich die (Wieder)-Einsetzung des Prinzips
2) in seine Rechte als fundamental. Ist für mich der Kernbereich des
Freiheitsbegriffs im Sinne der Freien Gesellschaft. Dass bei diesem
Herausfinden die Kommunikation mit anderen eine wichtige Rolle spielen
kann (eben meine Version 3)) - unbenommen. Aber das "Herausfinden" ist
ein Aneignungsprozess im Sinne der Wissensthematik und als solcher (in
meiner Lesart von Information, wir hatten die Kontroverse dazu ja
ausführlich im Frühjahr) *prinzipiell* individuell.

Aus der Sicht habe ich auch mit 1) extreme Probleme, wenn dort das Wort
*entscheiden* steht. Wer will da schon wieder *für mich* entscheiden?
Wir können gern gemeinsam raisonnieren - Gebrauch der Vernunft im
öffentlichen Diskurs im Vorfeld von Entscheidungen, der "mündliche
Gebrauch der Freiheit, einem anderen seine Gedanken mitzuteilen" - aber
das Entscheiden selbst hat etwas mit Verantwortung übernehmen zu tun und
Verantwortungsfähigkeit ist (zunächst) eine individuelle
Subjekteigenschaft - wie das Karsten Weber in Chemnitz sehr genau
erläutert hat. Eben ein Ergebnis des "privaten Gebrauchs der Vernunft im
öffentlichen Handeln".

Das ist für mich die Prämisse, von der aus ich über das Funktionieren
von gemeinsamem Handeln nachdenke (worum es euch wahrscheinlich geht).

Ist nach meinem Verständnis (und die gestrige Diskussion dazu hier in
Leipzig hat mich da eher bestärkt) genau auch die Sicht des "Potsdamer
Manifests" - sich der eigenen Autonomie vergewissernd zu "Kooperativer
Integration im gemeinsamen ‚Spiel’" zu kommen. Oder in den CC-Thesen:
"Es geht um die Vereinigung von Freiheit und Gleichheit in einer
brüderlichen Assoziation vernetzter, selbstbestimmt agierender
Produzenten, in welcher Gleichheit und Freiheit gerade durch
Verschiedenheit der Kompetenzen und die Fähigkeit zum Eingehen
verlässlicher Bindungen garantiert sind. In diesem Sinn bedingen sich
Freiheit und Gleichheit gegenseitig und heiligen zugleich die Würde des
Menschen."

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
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Kontakt: projekt oekonux.de



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