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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Hallo Christian!

Christian (2006-01-10 11:33 [PHONE NUMBER REMOVED]):

...

Wogegen ich nur Einspruch einlegen sollte, ist die Tendenz, die
in linken Zusammenhängen und auch bei Oekonux manchmal
anzutreffen ist, für andere Leute entscheiden zu wollen, wie
deren Bedürfnisse auszusehen haben (Unterscheidung zwischen
"richtigen" und "falschen" Bedürfnisse). Klar, diese Tendenz ist
insofern verständlich, als ja der Kapitalismus davon lebt,
möglichst viele und möglichst "teure" Bedürfnisse zu erfüllen,
so dass das Aufoktroyieren neuer vermeintlicher Bedürfnisse ein
zentrales Element des Kapitalismus ist. Von daher kann man schon
davon ausgehen, dass viele vermeindliche Bedürfnisse in
Wirklichkeit gar keine sind -- aber ob und wo das zutrifft, muss
jedeR für sich selbst herausfinden, dass können nicht andere für
eineN tun.

D'accord.  Hier stehen sich gegenüber: 1) Für andere entscheiden, wie
deren Bedürfnisse auszusehen haben. Und: 2) Jeder muß und kann nur
selber herausfinden, welche Bedürfnisse er hat und wie `echt' sie
sind.

Zu 1: Wo ist für Dich die Grenze zwischen dem `für andere
entscheiden' und - einem Nachdenken über die (wirklichen)
Bedürfnisse von anderen, - einem Beurteilen von Bedürfnissen, -
einem Mitteilen der eigenen Gedanken/Beurteilungen, - einem
Hinweisen auf möglicherweise nicht wahrgenommene wirkliche bzw.
für wirkliche gehaltene eingeredete Bedürfnisse, - dem eigenen
Handeln entsprechend der eigenen Gedanken bezüglich der
Bedürfnisse eines andern usw.

Zu 2: Kann man wirklich alles über sich selbst selber
herausfinden?  Ist das Interagieren mit anderen dafür wirklich
immer schädlich?  (Überspitzt: Kann man ohne Einwirkung von
anderen überhaupt Denken lernen?)  Das Herausfinden ist aber
sicherlich nicht ein Prozeß, der (ausschließlich) ohne
Bewußtwußtsein abläuft -- vor allem nicht unter den Bedingungen,
wo monatlich Milliardenbeträge in die Erforschung möglichst
effektiver Techniken der Manipulation des Bewußtseins wie des
Unbewußten zum Zwecke der Bedürfnismanipulation gesteckt werden.  

Will sagen: dagegen kann man sich -- soweit man das überhaupt kann
-- nur durch geistige Aktivität wehren, welche nicht nur nach
meinem Empfinden einfach fruchtbarer ist, wenn sie kollektiv
stattfindet.  Du versuchst nun Regeln aufzustellen, die aber so
abstrakt sind, daß sie in konkreten Situationen nicht
weiterhelfen.  Eines der schlimmsten Beispiele ist ja das Problem
aller Eltern (nicht zuletzt auch aufgrund der gezielten
millionenschweren wissenschaftlich fundierten Beeinflussung der
Kinder):  kann/darf/muß ein Kind selber herausfinden, wie sich das
mit den Bedürfnissen verhält, oder anders gesagt: welches Maß und
welche Art von Einfluß ist hier erlaubt?  Oder entspräche es bspw.
Deinem Anliegen, wenn die Eltern soviel Geld wie möglich für die
unersättlichen Wünsche ihrer Kinder ausgäben?  Und welchen
prägenden Effekt hat das nun wieder a) auf die Bedürfnisse und b)
auf die Fähigkeit, diese zu reflektieren?  Welchen Effekt hätte
der entgegengesetzte Umgang mit des Kindes Bedürfnissen?  Mir
scheint, dies ist ein ewiges Konfliktfeld, in dem Eltern sich
befinden, angesichts dessen Deine Forderungen einfach naiv
scheinen.  Und das gleiche Dilemma gibt es aber im Umgang mit
Erwachsenen genauso: hier scheint es nur einfacher, sich nicht `in
das Leben anderer einzumischen', ihre Existenz weitestgehend zu
ignorieren und sich (gegenseitig!) aus dem Weg zu gehen.  Das
führt aber zu einer wachsenden Unfähigkeit und Unwilligkeit zum
Umgang miteinander, also mit anderen allgemein, und noch
deutlicher mit `anderen anderen'...

Ich hoffe, Du siehst noch, was das mit Deiner Antwort zu tun
hat ;-) 

Andererseits dringt mir gerade in den Kopf, daß das hier
eigentlich alles als Off-Topic gelten könnte/müßte? ...

Grüße,
El Casi.
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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