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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Christian (2006-01-11 19:54 [PHONE NUMBER REMOVED]):
...
Zu 1: Wo ist für Dich die Grenze zwischen dem `für andere
entscheiden' und - einem Nachdenken über die (wirklichen)
Bedürfnisse von anderen,

Damit habe ich kein Problem. ...

- dem eigenen Handeln entsprechend der eigenen Gedanken bezüglich der
Bedürfnisse eines andern usw.

Dagegen habe ich auch nichts, solange man dabei nicht gegen den erklärten
Willen anderer handelt bzw. ihnen keine Möglichkeit mehr lässt, ihren
Willen zu äußern. Grundsätzlich würde ich es allerdings für sinnvoller
halten, erst mal im Dialog mit anderen herauszufinden, was deren
Bedürfnisse sind, statt aufgrund bloßer Annahmen zu handeln.

Aber basiert nicht das Entscheiden über die eigenen Bedürfnisse
auch auf Annahmen?


Zu 2: Kann man wirklich alles über sich selbst selber
herausfinden?  Ist das Interagieren mit anderen dafür wirklich
immer schädlich?  (Überspitzt: Kann man ohne Einwirkung von
anderen überhaupt Denken lernen?)  Das Herausfinden ist aber
sicherlich nicht ein Prozeß, der (ausschließlich) ohne
Bewußtwußtsein abläuft

So individualistisch wie sie anscheinend rüber kamen, waren meine Ausagen
nun wirklich nicht gemeint! Natürlich ist die Interaktion mit anderen
keineswegs schädlich, sondern notwendig und wichtig. Bedürfnisse werden im
luftleeren Raum weder gebildet noch befriedigt. Aber zwischen "mit anderen
reden" und "für andere entscheiden" liegt ein riesiger Unterschied.

Kleine Anmerkung zur Formulierung ;-)

"Für andere entscheiden" halte ich auch noch für normal: wenn ich
morgens aus dem Haus gehe, entscheide ich ja `für andere', daß sie
riskieren werden, meinem Antlitz auf der Straße oder im Bus zu
begegnen.  Vorsichtiger formuliert würde ich also anbieten: doof
ist, anstatt anderer (für diese) zu entscheiden -- soll heißen
dort, wo sie nach gegebenen Umständen auch selber entscheiden
könnten!  (Ob ich morgens zur Arbeit gehe, das zu entscheiden,
steht ihnen einfach nicht zu, auch wenn sie Bedürfnis haben, nicht
jeden Morgen mein Gesicht sehen zu müssen.)

Erziehung ist wiederum ein anderes Problem, zu dem ich mich nicht unbedingt
kompetent fühle -- meine Aussagen waren erstmal eher auf Erwachsene
gemünzt.  Grundsätzlich fände ich es aber sinnvoller, auf eine Aufhebung
der von dir angesprochenen millionenschweren Bedürfnismanipulationen
hinzuwirken, statt dem sozusagen eigene Gegen-Manipulationen entgegen
setzen zu wollen.

Hier lauert ein Knackpunkt: Ist der Begriff der Erziehung
identisch mit dem der Manipulation?  Auch wenn wir die Kinder
jetzt mal wieder ausklammern: einige Leute reagieren
geradezu allergisch auf den Ausdruck oder das Ansinnen der
Erziehung -- wegen der von ihnen vollzogenen Gleichsetzung mit dem
ausschließlich negativ besetzten Wort Manipulation.  Ich sehe da
aber große Unterschiede und werte Erziehung positiv.  Ich möchte
nicht, nur weil ich über 18 bin, als verkalkt und
entwicklungsunfähig gelten, oder mich nur noch `aus mir selbst
heraus' entwickeln dürfen! Im Gegenteil: Je mehr eine
Auseinandersetzung mit anderen in Richtung Erziehung geht, desto
mehr `habe' ich davon im Sinne meiner eigenen Entwicklung.

Vielleicht ist das der Knackpunkt zwischen uns beiden: ich habe
ein Bedürfnis danach, daß mir andere sagen oder zeigen..., was sie
von mir und meinen Bedürfnissen halten, daß sie sich also aktiv
z.B. zu meinen Bedürfnissen verhalten. (Und das kann schon
ziemlich weit an die Grenze gehen, die Du mit `für andere
entscheiden' bezeichnet hast, oder gar drüber hinaus, glaub ich.)

Noch mal als Beispiel für das Zusammenwirken unter Erwachsenen:
Viele meiner Kollegen und Freunde `haben einfach nur ein
Bedürfnis' nach einem `de-facto-Standard-Betriebssystem', und
danach, daß ihnen jemand hilft, dieses zu meistern bzw. die
Probleme damit zu bewältigen.  Konflikte vorprogrammiert! ;-)

Grüße,
El Casi.
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Kontakt: projekt oekonux.de



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