Re: [ox] Konkreteres zur Freien Gesellschaft?
- From: ulifrank <ulifrank t-online.de>
- Date: Sat, 17 Dec 2005 15:02:24 +0100
Christian Siefkes schrieb:
-
... Aber ein Grund warum ich nach konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten
für Freie Gesellschaften frage, ist das IMHO heute noch viel zu wenig Menschen
davon ausgehen, dass es sinnvoll und möglich ist, überhaupt in eine andere
Richtung zu gehen.
stimmt natürlich- Das "System" (in Gestalt zB. der BILD- Zeitung/FOCUS,
Werbung, des politischer Populismus, "Experten"-Fetischismus usw) tut ja
auch alles, um den Charakter der Alternativlosigkeit zu verstärken.
Daran zu kratzen ist schon eine große (und wichtige) Aufgabe.
Und selbst wenn, wissen sie nicht unbedingt, welche
Richtung die richtige ist...
Da versuche ich inzwischen möglichst vorsichtig zu sein: Ich bin ein
(leider alter) 68-er und komme aus der politischen
"Aufklärungstradition". Wir wollten den Leuten immer etwas klarmachen,
also die Wahrheit gegen die Verblendung, das "Wesen" gegen die
"Erscheinung" in die Argumentation bringen. Leider sind viele dabei in
Besserwisserei, Dogmatismus, psych. Regression usw. geraten. (Was ich
durchaus verstehen kann: man hat eine gewaltige Denkanstrengung hinter
sich gebracht und findet nicht nur kein öffentliches Gehör, sondern auch
noch offene Ablehnung, UNterstellungen, Verleumdungen, gerät in eine
hoffnungslose Minderheitenposition und hat dann das dringende Bedürfnis,
sich mächtiger, wichtiger usw zu machen. Trotzdem ist es kontraproduktiv
und damit falsch)
Wie kann man sich ausdrücken, wenn man selber etwas wichtiges, neues
erkannt hat. Wie kann man eine Wirkung erzielen, ohne zu belehren?
Ich glaube, das viele Menschen sehr gut "wissen" (fühlen, ahnen..), was
ihnen das System antut, was schöner wäre, was glücklicher macht- auch
wenn es diese besseren ERfahrungen nicht in reiner Form gibt. Ich denke
deshalb am liebsten darüber nach, wie ich an diese Erfahrungen anknüpfen
kann- nicht als pädagogischer Trick, sondern weil ich davon lernen kann,
denn ich stehe ja selber irgendwie dort (bin ja nicht aus der Welt mit
meinem kritischen Kopf). Ich versuche also überall dort, wo ich bin (und
wenn ich die Energie dazu habe), eine bessere Atmosphäre zu schaffen
(eben in "unsere" Richtung: freundlicher, großzügiger,
(selbst-)kritischer, weniger berechnend und konkurrenzhaft als üblich
usw.) , mir also selber ein gutes (aber nicht beliebiges) Leben zu machen.
Meine Erfahrung ist mehr und mehr, dass sich andere Menschen so am
ehesten für unser Thema interessieren. Daraus entstehen manchmal die
spannendsten Diskussionen , die dann auch sehr anspruchsvoll werden können.
Wenn man das nicht weiß, wie eine alternative Gesellschaft aussehen und
funktionieren würde, kann man ja gar noch nicht beurteilen, ob man sie
überhaupt _will_, ob man sie besser findet als das bestehende.
Das gehört dann dazu, auch Begeisterung zu schaffen, indem man
alternative Szenarien entwickelt, erzählt, wie man es sich selber
vorstellt...
(zB. bei Vorträgen /Diskussionen mit zwei befreundeten Referenten
erscheinen und zeigen, dass man an einem Strang ziehen, sich
wertschätzen und gleichzeitig in verschiedenen Punkten total anderer
Meinung sein kann- für alle spannender)
... Und man braucht auch Leute (wie in dieser Liste), die Spass am
ausmalen, überprüfen, nachdenken, experimentieren haben
Mein Beitrag ist also NICHT als Kritik an dir, Christian, gedacht. Mir
fällt nur immer wieder dieses massive Übergewicht an Theorie auf, bei
Kongressen, mailing-Listen, usw. Und diese gewisse Langweiligkeit und
Enttäuschung, die mich bei vielen Tagungen (mit dem typischen Thema: "es
geht auch anders" oder so ähnlich) erfasst: Ich freue mich auf die
Themen und Referenten, freue mich über die tollen Formulierungen und
Analysen- aber finde kaum wirklich anmachendes, was ich weiter
berichten, weiterverfolgen könnte...
UND: was tue ich als "Weltverbesserer" und Bewunderer der freien
Software- Bewegung, wenn ich NICHT freie Software entwickeln kann/ will...?
Uli
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