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Re: [ox] Die sinkenden Grenzkosten der Information



Hallo Franz,

Franz Nahrada wrote:
HGG zitiert Moglen: Digital technology transforms the bourgeois 
economy. The dominant goods in the system of production - the
articles of cultural consumption that are both commodities sold and
instructions to the worker on what and how to buy - along with all
other forms of culture and knowledge now have zero marginal cost.

In diesem Satz stecken dermaßen viele Voraussetzungen und Verdrehungen daß
ich mich nicht positiv darauf beziehen würde. Er stimmt, ist aber nicht
präzise, denn die Tücke der Sache wird kaum ausgedrückt.

M.E. nur, wenn du die Gesamtargumentation von Moglen nicht berücksichtigst.

- Es geht um das reine Kopieren, die KulturWARE ist gemeint. Das sinnvolle
Wissen hat keine "zero marginal costs", sondern allenfalls "zero
transaction costs". Der Unterschied ist der Unterschied ums Ganze. Er
spielt nur für die Kulturware keine Rolle.

ME sind Grenzkosten bei Moglen keine Transaktionskosten, sondern
Zugangskosten zu einmal digital vorhandenen "Wissensgütern". Und das
findest du auch schon bei Marx selbst: "Einmal entdeckt, kostet das
Gesetz über die Abweichung der Magnetnadel im Wirkungskreis eines
elektrischen Stroms oder über Erzeugung von Magnetismus im Eisen, um das
ein elektrischer Strom kreist, keinen Deut". Sie sind ihrer Natur nach
eben keine "Güter". Gleichwohl wird gesellschaftlicher Aufwand
betrieben, um dieses Wissen (1) zu finden [Forschung] und (2) am Leben
zu halten [Lehre]

- die Kulturware kann beliebig kopiert werden und wird daraufhin auch
berechnet und geformt; der Unterschied zwischen dem Nullpreis des
Kopierens und dem Verkaufspreis der Informationsware ist der
Monopolprofit. Auf dieser Basis funktioniert die derzeitige
Produktionsweise.

was nur so lange funktioniert, wie der Zugang zu dieser
"Informationsware" (mit Gewalt!) beschränkt wird: " the dogma of
bourgeois property comes into active conflict with the dogma of
bourgeois freedom"

- Die Erstellung von Information hingegen und noch dazu einer die dem
Menschen Autonomie verschafft ist keine Sache die zum Nulltarif läuft. Das
ist eine ganz verkehrte Unterstellung, die wir immer wieder korrigieren
müssen. Eben die berühmte Brötchenfrage!!  

Die aber - in der Geldform - nur über Umverteilung zu lösen ist und
nicht über die Einführung von IPR. Es ist ein (regional)-politisches
Problem, das nur eine *politische* Lösung hat: Die "Produktion"
adäquater Verkehrsformen. Spannende Frage: Ob und wie können wir uns
dabei von der Wertform selbst lösen und andere Verkehrsformen finden.
Meine These (in einer Kontroverse mit SMz auf wak): Die Wertform ist
nicht obsolet, sondern muss bei der Produktion dieser Verkehrsformen
"entpackt" werden. Die in ihr inhärent und unauflösbar zusammengezogenen
Elemente müssen auseinandergenommen werden. Dann wird auch die
kulturelle Bedeutung der Wertform sichtbar. Bzw. im Umkehrschluss: Jede
Argumentation (auch die über eine GPL-Gesellschaft), in welcher die (nur
historisch fassbare) kulturelle Bedeutung der Wertform in einer
*gewissen* Etappe der Entwicklung der menschlichen Vergesellschaftung
*nicht* sichtbar wird, geht mE am Kern des Problems vorbei.

Wie so eine Argumentation aussehen könnte (Stichwort: Korngrößendilemma)
siehe mein Mawi-Paper.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

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Kontakt: projekt oekonux.de



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