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Re: DDR und GPL-Gesellschaft (was: [ox] Fwd: Die GPL-Gesellschaft)



Hallo Stefan und Liste,

Ich beschäftige mich schon eine ganze Weile mit Politik, Wirtschaft
und auch Linux. Die Idee der GPL-Gesellschaft halte ich persönlich
für sehr gut, jedoch geht mir das Denken auf der Liste teilweise
zu sehr ins Abstrakte und teilweise ist es meiner Meinung nach zu
einseitig.

Na, die Liste bietet halt für jedeN Etwas ;-) .

Nein, das tut sie leider nicht. Dieses verquirlte Deutsch, welches
hier teilweise benutzt wird, verstehen doch die meisten gar nicht.
Wenn aber eine kleine Gruppe eine neue Gesellschaft schaffen möchte,
in der sie dann die Elite darstellt, dann können wir auch alles so
lassen wie es ist.

Wie das konkret mit der materiellen Produktion gehen kann, ist
sicher eine der schwierigsten Fragen. Von einer relativ abstrakten
Warteder Produktivkraftentwicklung - die ich dennoch für relevant
halte -ist das nicht so schwierig.

Die Lösung liegt IMO in einer auf Computer und Internet
gestützten Planwirtschaft.
Dummerweise kommt diese Idee aus dem ehemals real existierenden
Sozialismus und ist deshalb grundsätzlich
schlecht/falsch/eine_Katastrophe/was_auch_immer.

Was meinst du denn mit einer Planwirtschaft genau? In der DDR und
ansonsten im Sowjetblock gab es eine staatliche Zentralplanung.
Nehme ich mal Freie Software als Beispiel, so kann ich da keine Zentrale
oder gar einen Staat ausmachen - und auch kein Geld, das die
Beziehungen entfremdet regelt. Was kannst du dir in diesem
Spannungsfeld vorstellen?

Lies mal das: http://home.t-online.de/home/hDunkhase/sozmach.pdf
Die Input-Output-Analyse wurde von Leontief entwickelt und der bekam
später den Nobelpreis für Wirtschaft. Laut Wenzel wurde diese
Methode auch in der DDR angewendet (Entgegen der Behauptung in o.g. Text)
und auch das Statistische Bundesamt nutzt dieses Verfahren. So schlecht
kann es also nicht sein. Bisher wurde das ganze immer nur für zentrale
Planungen/Auswertungen genutzt, was natürlich sehr rechen- und
zeitaufwändig war. Aber warum das ganze nicht übertragen bis runter
zur kleinsten denkbaren Einheit (Familie/Haushalt/Gemeinde/Stadtteil?) ?
Dafür sollten MySQL, PHP und der Apache doch eigentlich ausreichen.
Das ganze ist bisher nur eine grobe Idee von mir und wie das genau
aussehen soll weiß ich auch noch nicht. Vielleicht haben ja noch ein
paar andere eine Meinung oder Ideen dazu?
Und dein Einwand mit der freien Software, denk doch mal an
Sourceforge z.B. ;-)

Das erste Problem welches ich sehe ist: Eine Armee läßt sich
nicht dezentral und demokratisch führen.

Na, da gibt es aber andere Konzepte sozialer Verteidigung, die das
anders sehen. Als es noch eine Friedensbewegung gab, wurde so
etwas mal erforscht.

Und? Hat es was genutzt?

Und die Irakis führen uns ja gerade exemplarisch vor,
was auch ohne eine solche zentral organisierte Armee alles geht -
gegen eine massiv zentral organisierte Armee. Und auch die
militärischen Erfahrungen der AnarchistInnen im Spanischen
Bürgerkrieg sprechen da m.E. keine so eindeutige Sprache.

Hier kann ich dir nicht ganz folgen. Soweit ich weiß, ist Spanien
fest in das kapitalistische System eingebunden. Auch Irak zieht nicht
wirklich. Bestenfalls (für die irakischen Menschen) kommt es dort zu
einer ähnlichen Situation wie in Israel/Palästina.

Die Führung der DDR und der UdSSR standen also vor Problemen, für
die sie scheinbar keine geeignete Lösung gefunden haben. Die
selben Probleme werden aber auch in jeder zukünftigen Gesellschaft
zumindest für eine Übergangszeit auftauchen.

Den Punkt finde ich wirklich wichtig! Könnte es sein, dass wir in
einer Übergangsphase uns wirklich mit solchem Müll befassen
müssen?

Da bin ich mir sicher.

Wenn ich das mal auf die Weltsituation umlege: Was könnte das
Interesse eines (dann kapitalistischen) 3.-Welt-Landes sein, die
Springquellen auch ihres Reichtums mit Krieg zu überziehen?

Wieder so ein idealistischer Standpunkt den man schon fast als
Realitätsverweigerung bezeichnen kann.
Ich jedenfalls glaube nicht, dass die Gefahren für die
GPL-Gesellschaft aus der 3. Welt kommen werden.

Na ja. Eine der zentralen Thesen ist ja, dass die Selbstentfaltung
aller die Vorbedingung der eigenen Selbstentfaltung ist. Auf das
Energieproblem gewendet bedeutet das, dass diejenigen, die auf den
Lagerstätten sitzen, ein Interesse daran haben, dass diese
ausgebeutet / genutzt werden. *Dieses Denken* zu einem Common Sense 
zu machen, scheint mir eine der wichtigsten Aufgaben.

Aha. Alle 6 oder 7 Milliarden Menschen gelangen gleichzeitig und
überNacht zu dieser Einsicht?
Weißt du was 1989 "Common Sense" war? Ich will nach Mallorca
fliegen, ich will einen Videorecorder und ich will einen schicken Westwagen!
Damals hat es keinen gestört, dass man mal auf Ämtern um seinen
Lebensunterhalt betteln gehen muss. Es hat auch niemanden gestört,
sich Gesundheitsversorgung mal nicht mehr leisten zu können. Und das die
Bildung der eigenen Kinder mal nicht mehr als solche zu bezeichnen
sein wird, das störte natürlich auch nicht.
Ich kenne nicht wenige, die sich heute krampfhaft einreden, es ginge
ihnen jetzt besser, nur um sich die eigene Dummheit nicht
eingestehen zu müssen.
Von den Menschen, die nicht mal genug zu essen haben, reden wir
lieber gar nicht erst. Für die gehört es natürlich zum "gesunden
Menschenverstand" von dem was sie nicht haben auch noch einen Teil
abzugeben.

Für die DDR ging das natürlich nicht, weil "der Kapitalismus" der
(irrigen?) Annahme war, dass eine Vernichtung des
realsozialistischen
Experiments das Beste für ihn wäre.

Warum irrige Annahme? Vielleicht war es ganz einfach eine
Notwendigkeit um das eigene Fortbestehen zumindest noch einige Jahre 
zu sichern.?

Als in der industriellen Entwicklung relativ spät gekommene
Staaten hatte Osteuropa und gar die Sowjetunion da halt schlechte Karten.
Manchmal denke ich, mensch hätte nach dem Ausbleiben der
Revolution in Deutschland bis sagen wir 1925 den Versuch stoppen sollen...

Wie denn stoppen?
Hätte es dann keinen Hitler und keinen WK2 gegeben?
Verliefen bisherige Umwälzungen in der Gesellschaft den immer nach
Plan? Ohne Fehler? Ohne Rückschläge?
Die zukünftige GPL-Gesellschaft wird also die Gesellschaft sein, in
der alle Menschen glücklich und zufrieden miteinander leben? Über Nacht
wird sich bei allen Menschen auf der Erde diese Einsicht durchsetzen?
Vom Realsozialismus zur GPL-Gesellschaft wäre meiner Meinung nach
ein friedlicher Übergang möglich gewesen. So wie es derzeit aussieht,
erleben wir eine GPL-Gesellschaft erst nach einem Bürgerkrieg oder
einem dritten Weltkrieg - wenn wir es überleben.

Die Umweltzerstörung ist halt wesentlich auch ein Phänomen, das
durch den Kapitalismus - oder allgemeiner: durch Entfremdung - erzeugt
wird.

Da gebe ich dir recht.

Eine bedürfnisorientierte Gesellschaftsformation würde wohl kaum
in dem Maße die Umwelt zerstören, wie es Kapitalismus und seine
Abteilung realexistierender Sozialismus hingekriegt haben.

Woher nimmst du diese Gewissheit? Und wie willst du das erreichen?
Der Fabber mag ja für einige Dinge nützlich sein, aber einen großen Teil
der Probleme kannst du damit nicht lösen. Übrigens, auch ein Fabber
braucht Rohstoffe und Energie.

Aber ich vermute, dass dir das als Antwort nicht reichen wird...

Nein. Eher das Gegenteil ist eingetreten.



Max
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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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