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Re: [ox] Re: Macht in der Freien Software



Hi alle!

Dazu sind mir noch ein paar Gedanken gekommen. So langsam sehe ich,
wie Thomas' Position und auch wohl Bennis mit meiner überkreuz liegen.
Das hat viel mit der Definition des Begriffs Macht, noch mehr aber mit
der Perspektive auf dieses Phänomen zu tun. Sehr klar ist das ja in
der Debatte um die Freie Kooperation in der Abteilung meinereiner mit
Benni geworden.

Ok, zunächst mal ein Zitat aus meinem letzten Reply.

Last week (9 days ago) Stefan Merten wrote:
3 weeks (26 days) ago Thomas Berker wrote:
Sehen wir uns
aber den/die UnzufriedeneN, ForkwilligeN mal genauer an: Die
Wahrscheinlichkeit fuer ihn/sie, erfolgreich das eigene Projekt zu gruenden
                                   ^^^^^^^^^^^

...hier ist ein wichtiger Knackpunkt. Vom Forken hält dich niemensch
ab. Der "Erfolg" des Forks steht aber wie bei einem ungeforkten
Projekt auf einem ganz anderen Blatt. Im Gegensatz zu einem
kapitalbasierten Fork hängt hier aber der potentielle Erfolg nicht
direkt mit der Möglichkeit des Forks ab. Das finde ich einen wichtigen
Unterschied.

Zu der Frage, was hier als Erfolg bezeichnet werden kann, will ich
mich jetzt mal nicht auslassen.

sind je hoeher, desto maennlicher, weisser und finanzell unabhaengiger
(Zeitfaktor) er/sie ist.

Na, daß Forks weißer Männer per se erfolgreicher sind, wage ich aber
mal zu bezweifeln. Der Zeitfaktor, eigentlich aber der Kümmerfaktor
spielt da schon mehr eine Rolle. Aber das ist sachlich begründet und
nichts Äußeres.

Zudem muss er/sie moeglichst viel einer ganz
spezifischen Form von Wissen draufhaben (Programmieren und Leute
motivieren),

Ja. Um bestimmte Dinge zu tun, brauchst du gewisse Fähigkeiten - so
ist die Welt nun mal. Wenn du das abschaffen willst, dann müßtest du
mir verraten, wie jedeR ohne jede Voraussetzung sofort in jedem Feld
menschlicher Tätigkeit erfolgreich sein kann.

d.h. er/sie sollte in der meritokratisch organisierten
Hierarchie der Entwicklerszene moeglichst weit oben stehen.

Das "oben" in der von dir gesehenen Hierarchie führst du jetzt ein,
aber ich sehe nicht, daß das zwingend ist. Klar braucht sie bestimmte
Fähigkeiten und ist damit sicher besser als andere - es ist halt nicht
voraussetzungslos. Aber warum das notwendig ein "oben"/"unten"
impliziert ist mir nicht klar.

Zum einen (a) waere das dann die Frage was ist Macht?

Nach Kurt-Werners Mail ist mir klar geworden, daß meine Definition -
und die meines Lexikons - wohl mal wieder mit Max Weber deckt. Der hat
aber auch sehr viele brauchbare Definitionen geliefert ;-) .

Denn mit, sagen wir mal: einem Foucaultschen Machtbegriff blicken wir auf
Macht als produktiver Faktor. Benni war es, glaube ich, der ein Beispiel
dafuer bringt, wenn er darauf hinweist, dass die realen Probleme dann
wirklich zu forken (kleinere Userbasis usw.) vielleicht dafuer gut sind,
dass Projekte sich nicht zu sehr zersplittern. Die Angewiesenheit auf reale
Ungleichheit, dass eben nicht Kreti und Pleti forken koennen, waere dann
etwas, was wir uns mit der Freiheit zu forken sozusagen miteinkaufen.

Ich weiß nicht, ob wir darauf angewiesen sind, aber Ungleichheit ist
eine Tatsache, die nun mal nicht wegzudiskutieren ist, wenn sie
sachlich begründet ist.

Mittlerweile denke ich, daß hier ein grundlegendes Mißverständnis
vorliegt.

Eine gute Definition für Freiheit fand ich, Handlungsmöglichkeiten zu
haben. Macht ist nun wohl nach jeder Definition zumindest auch eine
Möglichkeit Handlungsmöglichkeiten anderer einzuschränken, d.h.
Freiheit zu nehmen.

Das Mißverständnis scheint mir jetzt darin zu liegen, einfach *jede*
Form von Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten als Macht zu
bezeichnen. Immerhin gibt es viele Gründe, die Handlungsmöglichkeiten
einschränken können. Bei Freier Software scheint mir die (u.a.
technische) Befähigung und ein gewisses verfügbares
Zeit-/Energiebudget dominant zu sein.

Jede Einschränkung von Handlungsmöglichkeiten als Macht zu bezeichnen,
halte ich aber nicht für sinnvoll, weil dann - wie andernmails
ausgeführt - auch die Naturgesetze, Nichtwissen, etc. Macht haben. Das
kann mensch natürlich so definieren, aber damit verliert mensch halt
jegliche Trennung zwischen /menschlicher) Handlung und anderen
Phänomenen und ich würde Menschen da doch nicht so gerne aus ihrer
Verantwortung entlassen.

BTW: Das entspricht der Opferperspektive, die ich bei Christoph Spehr
kritisiere und die mir auch bei Benni und Thomas immer wieder
durchzuscheinen scheint, die ich aber nicht für super-sinnvoll halte.

Ist da was dran?


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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