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Re: Opfer (was:Re: [ox] WOS2 -- Wohlstand)



Hallo Benni,

zum Stichwort "Opfer" sind mir Gedanken von
Arno Gruen und Alice Miller gegenwärtig.

Beide gehen davon aus, daß die Agression, die Menschen
als Kindern angetan wird, von diesen bewältigt wird,
indem sich das Kind auf die Seite des Agressors stellt.
Es ist seine Überlebensstrategie, sich nicht als
Opfer zu sehen. Es wird dadurch auch unfähig,
andere als Opfer zu sehen, es kommt zu einer
umdrehung der Täter-Opfer - Wahrnehmung und
zu einem "Verlust des Mitgefühls" (so auch ein
Buchtitel von Arno Gruen).

Ein anderer zentraler Begriff Gruens, der in unserem
Kontext wichtig wäre, ist "Autonomie" (als Voraussetzung
bzw Ziel von Selbstentfaltung):

   "Autonomie ist derjenige Zustand der Integration, in
   dem ein Mensch in voller Übereinstimmung mit seinen
   eigenen Gefühlen und Bedürfnissen ist" ( A. Gruen,
   Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau, S.17,
   München 1993 )


Dieser Begriff von Opfer-sein trifft wahrscheinlich
nicht genau das, was Du unter Opfer verstehst. Das passt
in Gruens Begrifflichkeit eher zu Selbstmitleid /
Schuldig sein. Ich werde mal nachlesen.


Hier einige Zitate:

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http://www.demokratie-3000.de/d/bild/ich.html

Die Auswirkung einer autoritären Gesellschaft sind immer
verhängnisvoll. Gehorsam ist stets die Unterwerfung
unter den Willen eines anderen, weil dieser andere Macht
über einen hat. Wenn Eltern ihren Kindern gewaltsam
ihren Willen aufzwingen, so kann das bei den Kindern
Todesängste auslösen. Wenn ein Kind von denjenigen, die
es schützen sollten, körperlich oder seelisch
überwältigt und mißhandelt wird, wird die Angst so
übermächtig, daß sie nicht mehr auszuhalten ist. Die
Angst ist dann so ungeheuerlich, daß sie nicht nur
einfach verdrängt, sondern abgepalten wird.

Der Psychoanalytiker Arno Gruen beschreibt beschreibt
diese Verwandlung der Gefühle so: "Um diese Angst, wie
auch mit ihr verbundenen Schmerz von sich weghalten zu
können, geschieht etwas Außergewöhnliches. Das Kind
fängt an, seine Unterdrücker, den Aggressor, zu
idealisieren, ihn zum Objekt seiner Identifikation zu
machen. Auch Erwachsenen können diesen Vorgang unter den
Bedingungen einer Gefangenschaft oder Folter
wiederholen. Diese Extremsituation tritt immer dann ein,
wenn ein Kind oder ein Erwachsener keinen Ausweg sieht,
wenn er also keinen Schutz bei Mitmenschen findet. Wenn
jede Hilfe ausbleibt, dann geschieht noch etwas in der
Psyche des Menschen. Er gibt sich selbst Schuld an der
Strafe und Gewalttätigkeit, die er erleiden muß. In
seiner Psyche entsteht die Vorstellung, daß er schlecht
und nicht liebenswert sei. Das ist der Anfang von
Selbsthaß und Haß.
------------

Die politischen Konsequenzen der Identifikation mit dem Aggressor
Das Bedürfnis, bestrafen zu müssen

Eine Identität, die auf Identifikation mit Autorität
basiert, hat nichts mit Eigenständigkeit zu tun. Mit
solch einer Entwicklung kommt es dazu, dass aus
menschlicher Identität eine Attrappe wird, die zwar die
Sprache des Menschseins nachahmt, das Herz des Menschen
aber verrät. Solch eine Entwicklung hat politische
Konsequenzen, die zur freiwilligen Knechtschaft und das
Bestrafen anderer führen.

Wir leben in einer Welt, in der wir zunehmend
voneinander abhängig werden und uns dennoch immer mehr
gegeneinander wenden. Warum stellen sich Menschen gegen
das, was sie miteinander verbindet, gegen das, was sie
miteinander gemeinsam haben - ihr Menschsein?

weiter siehe http://bidok.uibk.ac.at/texte/beh1-00-identifikation.html
------------


siehe auch http://co-forum.de/index.php4?Arno_Gruen


Grüße,
Thomas




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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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