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Arbeit, Produktion, Wert? - war: Re(2): [ox] Krise oder nicht?



ingoh. schreibt:
Das sehe ich anders. Marx und Engels haben in der "Deutschen Ideologie
(MEW,Bd 3) Produktion und Arbeit unterschieden, in  der Kritik der
politischen Ökonomie (3 Bände des "Kapital") jedoch Produktion auf
Arbeit reduziert. Dieser Konkretionsreduktionismus ist meines Wissens
bisher nur von Werner Loh angesprochen worden. Ich halte aber die
Beachtung dieses Unterschiedes für fundamental wichtig.


Von einem "Konkretionsreduktionismus" im "Kapital" kann ich eigentlich
nichts bemerken, ganz im Gegenteil ist dort die Entfaltung verschiedener
Formen von Produktion (Agrikultur, Handwerk, Manufaktur, Maschine, große
Industrie) bis hin zum historischen Punkt, an dem sich Marx eben befand,
sehr materialreich dargestellt und begrifflich differenziert. Dagegen ist
die Deutsche Ideologie immer nur ein Programmheft mit einem Haufen von
Desideraten, aber nicht die Analyse selbst. ("wenn wir uns aber der
wirklichen Produktion und nicht den ideologischen Abstraktionen zuwenden
bla bla bla") Produktion kommt im ersten Band des Kapitals laufend vor,
aber eben als Produktion die unter eine bestimmte Sachgesetzlichkeit (was
etwas anderes ist als eine Urteilsform oder Sinnform) subsummiert ist, und
dabei hat tatsächlich der Begriff der Arbeit eine entscheidende Rolle.
...Wenn Du im "Kapital" im Maschinenkapitel die Aussagen über
Flußgeisterchen und antike Formen der Automation liest, dann wird auch
immer betont, daß *diese* Produktionsweise eben nicht darin besteht, "die
Tagesmühe eines menschlichen Wesens zu erleichtern" (zumindest nicht bis
wir ins Kapitel über die "Revenuen und ihre Quellen" in K3 vorgedrungen
sind) sondern von jedem Fortschritt in der Maschinentechnologie sofort zu
neuen Produktionsschlachten und zum Hochskalieren zu schreiten, koste es
was es wolle. Es ist als sei diese Produktionsweise auf das einsaugen von
Arbeit geil und nicht auf ihr Resultat. Offensichtlich ist die Produktion
per se nicht der Zweck, sondern die Produktion im Verhältnis zu einem
Maßstab, der durch Produktivitätsfortschritte laufend revolutioniert wird.

Eine sehr erhellende Passage zur Natur dieses Maßstabes und zu seinem sehr
eigentümlichen Verhältnis zur "Produktion" habe ich unlängst im
"Gegenstandpunkt" gefunden: dort heißt es in der Diskussion mit jemandem,
der den Marx'schen Standpunkt scheinbar teilt....( wobei auch klar wird
daß das Konzept der "abstrakten Arbeit" also nicht nur bei der Krisis
Gruppe einen entscheidenden Stellenwert hat sondern tatsächlich der
Knackpunkt des Verständnisses des Umstandes wird, warum ein Moment der
Produktion, nämlich die Arbeit, quasi zur Formbestimmung und
Sinnbestimmung der gesamten Produktion wird. Aber vielleicht ist Dir diese
"abstrakte Arbeit" als Konzept zuwider weil Du sie anders dargestellt
bekommen hast als in der folgenden Passage...) :

"Wahrscheinlich können wir uns schnell auf das Stichwort
"vergegenständlichte Arbeit? einigen; wohl auch darüber, dass es sich bei
der Größe, die in der beim Kaufen und Verkaufen praktizierten
Gleichsetzung unterschiedlicher Güter das "substanziell? Identische
ausmacht, nicht um die "konkrete? Arbeit handelt, die sich in der
besonderen Beschaffenheit eines Produkts niederschlägt und insoweit
dinglich auffinden lässt, sondern um "abstrakte Arbeit?, "Arbeit
überhaupt?, die eben unterschiedslos in allen Elementen der kapitalistisch
hergestellten Warenwelt "drinsteckt?. Was ist das für eine "Substanz?,
diese "Arbeit überhaupt?? Gehen wir die Sache durch, so kurz es geht, und
so prinzipiell, wie es hier offenbar notwendig ist...

Produziert wird in der "Marktwirtschaft?, was auch immer, für den Tausch.
Das "marktwirtschaftlich? Interessante an einem Produkt, sein ökonomischer
Gehalt, liegt nicht in seinem konkreten Nutzen, sondern darin, dass es für
andere einen konkreten Nutzen hat, die davon aber ausgeschlossen sind -
eben bis im Tausch ihr Ausschluss aufgehoben wird. Für den Produzenten
liegt der Nutzen seiner Arbeit, der "marktwirtschaftliche? Wert seines
Produkts, in der ausschließenden Verfügungsmacht über produzierte Sachen,
an denen andere einen Bedarf haben. Der Tauschakt bringt dann eine
quantitative Bestimmung dieses Werts zu Wege, nämlich per Gleichsetzung
der Verfügungsmassen, die das gegenständliche Produkt für jeden der
Tauschpartner darstellt. Der wahre "marktwirtschaftliche? Nutzen der
Arbeit, ihr "eigentliches? Produkt besteht demnach in einem Quantum
Verfügungsmacht, das in der für den Tausch produzierten Sache dinglich
vorliegt und über dessen Größe auch allein der Tausch praktisch
entscheidet. Auf die geleistete Arbeit kommt es bei all dem
gegenständlichen Reichtum, den "die Marktwirtschaft? hervorbringt,
folglich in einem ganz speziellen Sinn an: Sie fungiert, ihrer
entscheidenden ökonomischen Bestimmung nach, als Quelle von Tauschwert,
setzt mit ihren konkreten Produkten eigentlich nichts anderes als mehr
oder weniger große Mengen von im Tausch zu realisierender Verfügungsmacht
über gesellschaftlichen Reichtum in die Welt, zählt demnach selber nur
nach ihrer Menge; dabei aber noch nicht einmal nach der Anzahl der
wirklich aufgewandten Arbeitsstunden, sondern - es geht ja um
Verfügungsmasse fürs Tauschen - um das unter den allgemein herrschenden
Produktionsbedingungen und für den herrschenden gesellschaftlichen Bedarf
durchschnittlich notwendige Quantum; das, wie gesagt, erst und gar nicht
anders als durch den Tausch selbst "ermittelt? wird, sich auch gar nicht
unabhängig davon, sondern immer nur in der Gleichsetzung verschiedener
Arbeitsprodukte darstellen lässt. Der Tauschwert, um den sich in der
"Marktwirtschaft? alles dreht, ist also nichts anderes als der Reflex
einer sehr speziellen Art und Weise, gesellschaftlich zu produzieren -
eben so, dass die für fremden Bedarf erstellten Produkte diesem Bedarf
vorenthalten und nur per Tausch zugänglich werden. Der
"marktwirtschaftliche? Wert von Arbeitsprodukten besteht in nichts anderem
als in der im Tausch quantifizierten privaten Verfügungsmacht über sie;
Arbeit zählt ausschließlich danach, dass sie ein solches Wertquantum
hervorbringt. Was der "marktwirtschaftliche? Warenwert - im Gegensatz zum
"konkreten? Nutzen eines Produkts - vorstellig macht, ist - anders
ausgedrückt - nicht die verausgabte Arbeit selber, sondern der Dienst, den
die Arbeit für die Schaffung von im Tausch betätigter, darin auf die Probe
gestellter und quantitativ bemessener privater Macht über von anderen
geleistete Arbeit erbringt. Der Tauschwert ist nichts anderes als ein
Quantum Eigentum - so wie Eigentum nichts anderes ist als die Rechtsform
des Wert, den das Produzieren in der Marktwirtschaft hat und schafft.

Im Warenwert liegt die gesellschaftlich herrschende Zweckbestimmung der
Arbeit: ihre Indienstnahme für die Vermehrung der Privatmacht des
Eigentums, als quasi-dingliche Eigenschaft der Produkte vor. Über die
gesellschaftliche Arbeit wird in der "Marktwirtschaft? dementsprechend
verfügt, nämlich erstens durch das Eigentum mit seiner privaten
Kommandomacht, zweitens für den Zweck seiner Vermehrung. Sachgerecht,
nämlich im Sinne ihres abstrakten Charakters eingesetzt wird sie drittens
als Produktionsfaktor, der auf der einen Seite zu den gegebenen und
dauernd weiterentwickelten Konkurrenzbedingungen möglichst lange tätig
sein muss, dessen eigener Tauschwert auf der anderen Seite einem möglichst
geringem Quantum der in dieser Zeit produzierten Ware zu entsprechen hat.
In der Maximierung der Differenz dieser beiden Größen liegt der
maßgebliche Zweck allen Produzierens in der "Marktwirtschaft? und damit
der "substanzielle? Grund und eigentliche ökonomische Inhalt der
Abstraktion, der die Arbeit unterworfen ist, wenn sie Tauschwert schafft;
im Mehr an produziertem Wert gegenüber dem für den "Faktor Arbeit?
verausgabten verwirklicht sich der Dienst am Eigentum, der in der
Bestimmung des Arbeitsprodukts enthalten ist, seinen eigentlichen
ökonomischen Wert nicht in seinem ordinären dinglichen Gebrauchswert,
sondern als Verfügungsmasse für den Tausch zu besitzen.[1] Umgekehrt tritt
die kapitalistische Zweckbestimmung der Arbeit den Menschen bereits im
Warencharakter ihrer Produkte wie ein dingliches Verhältnis zwischen
Tauschgegenständen entgegen: als "Sachgesetz? ihrer Ökonomie. Diese
Absurdität, dass ein gesellschaftliches Verhältnis, nämlich die in der
Erwirtschaftung von "Mehrwert? praktizierte private Kommandogewalt über
die gesellschaftlich notwendige Arbeit, im Warenwert gegenständlich
vorliegt, hat Marx dazu bewogen, vom Tauschwert als "Fetisch? zu
reden......"

"[1] Die hier nur angedeutete Ableitung des "Wertgesetzes? aus der vom
Kapital beanspruchten Mehrarbeit findet sich bei Marx in den
'Grundrissen...' Heft VII."

(weiter gehts bei http://www.gegenstandpunkt.com/gs/01/3/replik-x.htm)



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Organisation: projekt oekonux.de


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