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Re: [ox] Re: Kritik, Widerstand, Perspektive



Hi Benni!

5 days ago Benni Bärmann wrote:
On Wed, Sep 05, 2001 at 08:07:16PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
2. Widerstand -> Perspektive: Widerstand gegen Zumutungen schafft Räume um sich
Perspektiven zu erarbeiten (Dämme bauen für Schiffebauer)

Das sieht Jörg Bergstedt ja anders - aber das nur BTW.

Kann ich mich nicht mehr dran errinnern. Was sieht er denn da anders? Er
liest ja hier wohl nicht mit, also kannst Du das ja vielleicht nochmal
zusammenfassen?

Wenn ich ihn recht verstanden habe, dann fällt für ihn vor allem das
Dämme und Schiffe bauen zusammen - und zwar - zugespitzt - als einzige
Option.

Ich weiß aber auch gar nicht, ob die Schiffebauer die Dämme so
unbedingt brauchen. Durchgreifende Revolutionen sind immer(?) von den
Eliten ausgegangen - nicht von den Entrechteten. Das kann vermutlich
Christoph mit VP-irgendwas (ich mag Abkürzungen nur bedingt...)
belegen.

Aber auch Eliten brauchen Freiräume. Das zeigt doch gerade die FS.

Das stimmt. Auch die Bürgers brauchten Freiräume von der
Feudalgesellschaft.

Aber: In beiden Fällen habe sich die Eliten die Freiräume im
wesentlichen selbst geschaffen - bzw. wurden/werden historisch
begünstigt. Ob da der Dammbau eine entscheidende Rolle spielt wäre
vielleicht wirklich nochmal genauer zu untersuchen.

Ausserdem
müsste man schonmal sich überlegen, was denn überhaupt "durchgreifende
Revolutionen" sind.

Unter einer durchgreifenden Revolution wollte ich hier alles das
verstanden wissen, wo sich ein gesellschaftliches System, die Art und
Weise von Vergesellschaftung fundamental geändert hat. Dazu würde ich
z.B. auch den Untergang der Sowjetunion und des restlichen Ostblocks
zählen - nach Lage der Dinge aber wohl eine Revolution nach unten :-( .

Auch ist ja gerade der Witz an unserer Zeit, dass die
Eliten oft am wenigsten Handlungsspielraum von allen haben.

Auch das ist wahr. Aber wie die Freie Software zeigt, gibt es
scheinbar unterschiedliche Eliten. Die super-eingespannten Eliten
sind vielleicht nicht die, die ich meinte.

Ausserdem klingt das ... nun ... verdammt elitär, wenn Du da so im Unterton
mit transportierst, das es egal ist, wie es den Underdogs geht, weil die ja
eh nicht die Revolution machen. Aber das meinst Du ja sicher nicht so.

Nein, das meine ich ganz sicher nicht so. Aber ich finde es schon
wichtig, sich strategisch zu überlegen, wer wo wie wirksam werden
kann. Eine Sympathie mit den Underdogs ist ja was Schönes, aber wenn
die's (alleine) nicht bringen, dann braucht es für relevante, etwas
verändernde Politik eben (auch) Alternativen. Leider war da allerdings
bisher wenig zu sehen :-( .

4. Widerstand -> Kritik: In Zeiten des Widerstandes gibt es viele
Möglichkeiten Kritik zu entwickeln, zu äußern und dabei gehört zu werden.

Das sind jetzt Jörg B.'s Erregungskorridore. Ich bin da skeptisch...

Ja. Worin genau besteht Deine Skepsis?

Widerstand ist erstmal eine Anti-Haltung. Aus der folgt aber erstmal
gar nichts.

Klar gibt es wichtige Effekte bei konkreten Widerstandsaktionen -
Gruppengefühl, Solidarität, das Erleben eigener Macht etc. Aber das
sind keine Sachen, die dem Widerstand vorbehalten sind, sondern, die
kannst du auf vielen Feldern menschlicher Existenz machen. Dafür
*braucht's* also erstmal keinen Widerstand. (Es wäre aber vielleicht
mal interessant zu erfahren, warum einige Linke diese Erfahrung
offenbar vor allem dort machen...)

Insbesondere ist das alles auch mit einer Pro-Haltung möglich.
Pro-Haltung ist aber natürlich schon deswegen schwieriger, weil es
vielen Menschen tausend Mal leichter scheint, gegen einen gemeinsamen
Feind etwas zu tun, als für eine gemeinsame Sache einzustehen...

Aber ich schweife ab.

Aus Widerstand folgt aber wie gesagt erstmals gar nichts - die Frage
mit dem Gegenteil von Blau. Die Negation ist nur Nein! und kein Ja!
:-( . Und sie begünstigt auch Kritik nicht. Um eine Analyse der
beschissenen Welt zu machen - d.h. Kritik -, dazu brauche ich keinen
Widerstand. Der vernebelt mir da eher den Sinn.

Und mit dem gehört werden erinnert mich das immer so verdammt an Spam.
Wir leisten jetzt Widerstand - und wenn wir schon endlich mal in den
Medien sind, dann drücken wir auch gleich noch den Leuten unsere
Welterklärung in die Birne. Vielleicht ein bißchen überspitzt, aber
das habe ich noch nie gemocht :-( . Gut, das Mediensystem ist ein
Problem und macht solches Vorgehen vielleicht legitimer.

Meine Erfahrung ist durchaus, dass es
funktionieren kann.

Ja. Kann. Mir wäre es aber wichtiger, den Widerstand als notwendiges
Übel zu betrachten anstatt ihn zu vergötzen (wie Jörg B. das tut...).

Ist für Dich Widerstand völlig sinnlos?

Nein, als Dammbau finde ich Widerstand gut.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Organisation: projekt oekonux.de


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