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[ox] Subjekt - Objekt




Hallo,

Stefan Meretz schreibt:
Wie ich schrieb, sehe ich Individuum unabhängig von einer konkreten
Gesellschaftsform: Der unteilbare Mensch. Die gesellschaftliche Natur,
also die qua Geburt vorhandene Fähigkeit zur individuellen
Vergesellschaftung, kommt hingegen allen Menschen zu. Insofern ist die
Gesellschaftlichkeit nichts Zusätzliches, sondern immer schon "da".

Bis vor kurzem habe ich Individuum und Subjekt synomym verwendet. Durch
die wertkritischen Diskussionen tendiere ich inzwischen dazu, das
"Subjekt" als spezifische Form des Individuums unter
bürgerlich-kapitalistischen Verhältnissen zu sehen (etwa wie "Arbeit"
als spezifische entfremdete Form der Tätigkeit). Es heisst ja schon
sprachlich der "Untergeordnete" (bitte korrigieren, bin kein Lateiner,
aber so in dem Dreh). Aber oft ist das wie bei der "Arbeit" ein Streit
um Worte.

Subjekt heisst soviel wie "das Unterworfene" oder "Unterstellte",
insofern hast du recht. Es wurde und wird jedoch nicht im Sinne
einer Unterwerfung unter Menschen, Mächte oder Prinzipien gebraucht.
Es wird gebraucht als Gegensatz zum Objekt, dem Entgegengestellten"
(auch "Gegenstand"). Es entspricht dem Gegensatz von innen und
außen aus der Perspektive des Ichs. Vermutlich geht die lateinische
Benennung davon aus, dass mein Inneres mir "unterworfen" ist im
Gegensatz zum "objektiven" Äußeren.

Vom Individuum wird gesprochen, um seine Eigenheiten und
Einzigartigkeiten gegenüber Verallgemeinerungen wie Gruppen oder
Gesellschaft zu betonen. Nach meinem Sprachgefühl ist Subjekt weder
ein Synonym für Individuum noch eine spezifische Form davon. Und
schon garnicht beschränkt auf eine bestimmte Epoche
(bürgerlich-kapitalistisch). Denn spätestens seit den ersten
Menschen gibt es auch Subjekte.

Subjekt würde ich definieren als ICH-ähnliches Wesen mit einer
eigenen Vorstellung von der Welt und einem eigenen Willen. Nun ist
es leider nicht so, dass jeder Mensch auch als Subjekt, als anderes
ICH, anerkannt und behandelt wird. In dieser Gesellschaft dominiert
die Subjekt-Objekt-Beziehung, die Verdinglichung, die
Objektivierung. Es wird erzogen, manipuliert, bewertet,
ausgebeutet, unterhalten, gelobt, getadelt, bestraft und für
verrückt erklärt, bis es sich mit seiner Rolle als Objekt, als
Humanresource zufriedengibt.

Für mich gehören Subjekt-Subjekt-Beziehungen zur Zielvorstellung,
zum Anzustrebenden. Es ist gleichbedeutend mit dem Konzept der
freien Kooperation. Jede Form von Herrschaft ist zugleich
Verdinglichung, drängt Subjekte in Richtung Objekt. Deshalb stört
es mich, wenn "Subjekt" im Sinne von "UnterworfeneR" gebraucht wird,
auch wenn es von der sprachlichen Herkunft korrekt ist.

Gruß, Jobst



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