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Re: [ox] Re: Moral und anderer Schrott



Hallo Stefan und wer uns hier sonst noch so folgen mag,

ist ja jetzt schon fast wieder eine Woche her, aber ich hab tatsächlich die
ganze Zeit drüber nachgedacht und auch Deine Links zur krit. psych. mal
verfolgt. Ich sehe jetzt ein bisschen klarer und ich glaube ein Stück weit
zumindestens hast Du mich sogar überzeugt. 

Im Detail:

On Fri, Aug 31, 2001 at 03:06:57PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Meretz wrote:
On Fri, Aug 31, 2001 at 12:26:08AM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Meretz wrote:
Ich habs deswegen ausgenommen, weil je ich stets für mein Handeln voll
verantwortlich bin. Diese Art der Verantwortung meinte ich. Eine Art
normative Verantwortung lehne ich gleichfalls ab.

Ahso. Und Du forderst nicht von anderen, dass sie das auch tun sollen?

Nein. Aber nochmal deutlich: Verantwortung im o.g. Sinne ist nicht
inhaltlich belegt. Es ist einfach nur ein Einstehen, Konsequenzen
übernehmen, verantwortlich sein für das Handeln (das schliesst Abhauen
etc. übrigens ein). Das kann ich mir gar nicht aussuchen, ich kann mich
dazu nur irgendwie stellen und verhalten. Davon unterschieden ist die
moralisch aufgeladene normative Verantwortung: "Baue nie Software für
Rüstung" oder so. Ersteres kann ich weder ablehnen noch von anderen
"fordern". Zweiteres lehne ich ab.

Das ist mir klar geworden bei Annettes Vergleich der krit. Psych. mit dem
Existenzialismus von Sartre, was Du damit meinst. Zur Freiheit verdonnert.

spezifisch bürgerlicher Form des Individuums? Von Individuum gehe ich in
der Tat aus. Der Begriff ist in meiner Sicht nicht mit einer bestimmten
Vergesellschaftungsform verbunden.

Da irrst Du IMHO. Unten mehr dazu. Aber vielleicht ist es ja auch wieder mal
nur ein Begriffsproblem und Du sagst "Subjekt" wenn ich "Individuum" sage,
mag sein.

Vielleicht.

Wobei mich jetzt schonmal interessieren würde, was für Dich den Unterschied
ausmacht. 

Für mich wäre "Individuum" die Vorstellung einer erstmal unabhängig von
Gesellschaft existierenden Person (was Du ja sicher ablehnst) und "Subjekt"
wäre ein handelndes Individuum.

Gründe sind aber immer "je meine" Gründe. 

Das hab ich nach der krit. Psych. Lektüre jetzt auch mal endlich kapiert,
was ihr immer mit eurem "je" habt. Bisher hab ich das nur für eine
stillistische Marotte gehalten ;-)

"Die Entdeckung des Individuums" Richard von Dülmen. Reihe "europäische
Geschichte" Fischer-Verlag, ISBN 3-596-60122-3. Ich hatte vor ein paar
Monaten dazu schonmal eine Zusammenfassung versprochen. Seit letztem
Wochenende hab ich das Buch jetzt auch endlich hier und les es dann
demnächst noch ein zweites Mal und schreib dann was.

Schön, dann les ich es erstmal nicht und warte auf deine Rezension;-)

Jaja. Ganz mieser moralischer Druck ist das ;-) 

Na, dann werd ich das demnächst mal ganz selbstentfalterisch angehen...

Ich versuchs mal mit einem konkreten Beispiel: Ein Nazischläger macht Jagd
auf Leute, die ihm nicht passen. Wenn ich jetzt von ihm fordere, dass sein
zu lassen, dann reproduziere ich nur den Zumutungscharakter dieser
Gesellschaft? Sicher ist diese Forderung nicht ausreichend, aber doch
zunächst mal der Anfang, oder?

Das ist doch keine moralische Forderung! Du sagst doch nicht: "Das soll
man aber nicht tun, mein guter Nazi". Sondern du setzt verbal oder
faktisch Widerstand dem Nazi entgegen - je nach Möglichkeit. Du sagst
doch eher: "Lass das sein, verpiss dich".

Schon klar. Meine Idee war, dass jeder Auseinandersetzung ja ersteinmal eine
Forderung vorausgeht. Also nur, weil ich mich _moralisch_ im Recht sehe,
handele ich so. Aber dem entgegnest Du dann wohl, dass das garnicht nötig
sei, weil ich ja aus Selbstentfaltung heraus erkannt habe, dass dieses
Nazitum schädlich für die Selbstentfaltung anderer ist und mich deswegen
solidarisch dagegen wehre.

Kann man es vielleicht so sagen, dass der "Ersatz" den Du für Moral siehst,
die Solidarität wäre? Um jetzt mal auf Hans Gerts Teilthread einzugehen?

Bei Spehr gibt es ja die Aussage, dass linke Politik darin bestehen muss die
Möglichkeiten für freie Kooperation für andere zu schaffen. Das geht auch in
die Richtung.

Naja, vielleicht bin ich jetzt auch frischgebackener Antimoralist, bin mir
noch nicht ganz sicher ;-)

Grüße, Benni
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