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Re: [ox] GPL-Gesellschaft - Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft -- Teil 0



Hi Thomas!

Danke für deine Kritik.

3 days ago Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
1.
Es kommt der Eindruck auf, als ob die Sache mit der
GPL-Gesellschaft auf der Mailingliste Konsens sei. Daß es
durchaus kritische Stimmen dem gegenüber gibt, wird nicht
erwähnt.

Ja, das konnte ich noch deutlicher machen. Ich habe es an zwei Stellen
eingefügt. Ziemlich weit vorne als:

  Disclaimer: Alles im Folgenden Gesagte ist meine (momentane)
  Meinung, die im Projekt durchaus kontrovers beurteilt wird. Weder
  kann noch will ich mit diesem Beitrag eine Meinung des
  Gesamtprojekts widergeben, die es so einheitlich ohnehin nicht gibt.
  Ich würde mich allerdings freuen, wenn die folgenden Gedanken einen
  Beitrag zur weiteren Entwicklung des Projekts leisten könnten und
  innerhalb und außerhalb des Projekts zum Nachdenken anregen würden.

Weiter hinten kommt noch hier.

2.
Du scherst mit der "Selbstentfaltung" alles über einen Kamm.

Ja, und nicht unbewußt.

*Der* Freie-Software-Programmierer handelt bei dir so politisch
verantwortungsvoll wie Richard Stallman, hat so viel Spaß an der
Sache wie Linus Torwalds und hat vom Ergebnis seiner Arbeit
einen solchen Nutzen, wie die Firma, die den 4GB-Patch
ausgehackt hat...

Das sind alles Facetten von Selbstentfaltung, die bei allen
unterschiedlich stark zum Ausdruck kommen. Täte ich schon sagen.

RMS hatte aber weder Spaß am Programmieren des gcc,

RMS? Der hatte garantiert Spaß daran. Hätte ich BTW auch, wenn ich so
viel Muße aufbrächte...

noch einen
Nutzen davon (es gab ja schließlich schon Compiler),

Dann kennst du keine proprietären C-Compiler. Da ist viel Schrott
dabei :-( . Wichtiger aber: Es gab keinen C-Compiler, der überall
gleich funktionierte. Der `gcc' war früher auch deswegen so Klasse,
weil er auf allen Unixen uniform funktioniert hat - ein Standard eben.

sondern hat
das alles aus reiner politischer Verantwortung und
Church-of-Emacs-Glauben getan.

Das denke ich nicht. Das spielt bei RMS sicher eine Rolle, aber RMS
ist auch Programmierer aus Leidenschaft.

Linus, im Kontrast dazu, hat
seinen Kernel nur so zum Spaß gehackt,

Da irrst du dich. Die c't druckt dankenswerterweise Auszüge aus Linus
Torvalds' Buch "Just for fun" in Deutsch vorab (*sehr* angenehm zu
lesen übrigens - zumindest wenn mensch gelegentliches Techno-Speak
versteht oder überlesen kann). In der 14/01 kannst du lesen:

  Ursprünglich hatte ich vorgehabt, ein Betriebssystem zu entwickeln,
  das ich irgendwann als Ersatz für Minix einsetzen konnte. Es mußte
  nicht mehr leisten können als Minix, aber es mußte die Sachen
  leisten, die mir bei Minix wichtig waren, und ein paar andere Dinge,
  auf die ich ebenfalls Wert legte. Beispielsweise war nicht nur die
  Terminal-Emulation von Minix schlecht, es gab auch keine Möglichkeit
  die Jobsteuerungsfunktion auszuführen - also ein Programm in den
  Hintergrund zu stellen, während es nicht genutzt wird.

Einen konkreten Nutzen für sich hat Linus mit der Entwicklung schon
verbunden. Und auch Frustration:

  Ich las die Standards aus dem Sun-Betriebssystem-Handbuch und
  verschiedenen Fachbüchern heraus, nahm mir einen Systemaufruf nach
  dem anderen vor und versuchte ein funktionsfähiges Programm dafür zu
  schreiben. Es war wirklich frustrierend.

Mein Eindruck verstärkt sich sogar noch, daß (mindestens) Spaß,
Notwendigkeit und konkreter Nutzen ein Amalgam und so erlebe ich das
auch, wenn ich Software schreibe BTW.

Verantwortungsbewußtsein
zeigt er gar nicht

Jemenschem, der ein solches Großprojekt wie den Linux-Kernel betreut,
mangelndes Verantwortungsbewußtsein zu unterstellen, halte ich aber
für sehr gewagt. Wenn Linus Torvalds nicht massiv Verantwortung
übernähme, dann gäbe es das nicht. Schließlich ist jede Entscheidung
eine Übernahme von Verantwortung - auch wenn dir manche Entscheidung
nicht als verantwortbar erscheinen mag.

Dirks Beispiel noch
zum Schluß: Der 4GB-Patch war für die herstellende Firma sehr
nützlich, ebenfalls für den ausführenden Programmierer (indirekt
durchs Gehalt). Warum er frei ist, erklärt sich da wohl eher
durch das Copyleft der GPL als durch Verantwortung oder Spaß.

Der dürfte aus einer Kultur heraus beFreit werden. Hier sehen wir eine
neue Ideologie heranreifen, der solches Handeln entspricht. Neue
Kohärenzen wie Robert neulich so schön zum Thema "Freiheit" bemerkt
hat.

3.
In der Reihe Vergangenheit--Gegenwart--ferne Zukunft fehlt
irgendwie die nahe Zukunft.

Die ist ja auch die Schwierigste ;-) . Bei 4.1. kommen solche Dinge
noch am ehesten vor.

Letztes Jahr in BS beim
Meilenstein-Vortrag hattest du, glaub ich, erwähnt, daß Gedanken
zur Übergangsphase auf der Mailingliste gerade in Arbeit sind;
jetzt klingt es aber so, als stünde der Weg schon fest (meinem
Eindruck nach durch den Ennex-Fabber).

Oh, ich hoffe, daß dieser Eindruck nicht zu stark entsteht :-/ .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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