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[ox] Nichtdiskriminierung (was: Materielle Produkte)



Stefan Merten schrieb vor einer Weile:

2 weeks (15 days) ago Thomas Uwe Gruettmueller wrote:

In einer strengeren Definition ("frei++") könnte man später 
festlegen, daß zur Produktion nur freie Software und freie 
Produkte (dazu gleich mehr) zum Einsatz kommen dürfen.

Das wäre aber tatsächlich vielmehr eine "frei--"-Definition, da sie
dir die Freiheit nimmt, den Bauplan auf jede erdenkliche Art
anzuwenden. Die GPL schreibt zumindest Nichtdiskriminierung der
Nutzungsarten vor.

Das erinnert mich an den Streit darüber, ob die BSD-Lizenz oder die
GPL freier ist. Der eine Standpunkt will Freiheit insgesamt stärken,
der andere die Freiheit der Anwendung eines konkreten Produktes
vergrößern. Natürlich passt der Vergleich nicht ganz, denn hier wird
ja zu recht die GPL als Zeuge für Freiheit in der Anwendung
aufgeführt. Zur Produktion gemäß eines freien Planes nur freie
Produkte einsetzen zu dürfen entspräche in etwa einer Klausel, freie
Software nur unter freien Betriebssystemen laufen zu lassen.

Dennoch habe ich noch einen kleinlichen Einwand an der Nennung der
GPL, denn tatsächlich spricht diese gar nicht über Nichtdiskriminierung,
sie diskriminiert einfach nicht. Und da sie vorschreibt, dass aus
GPL-Programmen abgeleitete Programme auch unter der GPL stehen müssen, 
kann man per Induktion beweisen, dass Nichtdiskriminierung eine
Invariante im Lebenszyklus dieses Programmes ist ;-)


Wirklich über Nichtdiskriminierung spricht die Open-Source-Definition:


   5. No Discrimination Against Persons or Groups

        The license must not discriminate against any person or
        group of persons.

   6. No Discrimination Against Fields of Endeavor

        The license must not restrict anyone from making use of
        the program in a specific field of endeavor. For example,
        it may not restrict the program from being used in a
        business, or from being used for genetic research.


Als ich Punkt 6 das erste mal las, war ich gar nicht so begeistert.

Wenn man Anti-XY-Arbeit macht und dafür ein Programm schreibt, dass
auch für XY benutzt werden kann, ist es doch erstmal naheliegend,
denen die Verwendung versagen zu wollen. Der Open-Source-Standpunkt
(und der Free-Software-Standpunkt ebenso) wäre wohl, man solle unter
Hintanstellung von sonstigen Differenzen das gemeinsame Interesse an
guter Software in der Vordergrund stellen. Gibt es hier überzeugendere 
Argumente als Open-Source-Propaganda?

Hat sich die FSF hierzu mal geäußert? Ich fand nur im Manifest:

   "Don't people have a right to control how their creativity is used?"

   "Control over the use of one's ideas" really constitutes control
   over other people's lives; and it is usually used to make their
   lives more difficult.
[Danach wird nur allgemein über geistiges Eigentum gesprochen.]


Es bleibt eine Abwägungsfrage, ähnlich der Frage, wenn sich eine Firma 
ausrechnet, ob es sich für sie lohnt, ein Programm als freies in die
Welt zu entlassen - mit einem Unterschied: die Firma mag die
Auswirkungen der verschiedenen möglichen Entscheidungen nicht kennen,
aber davon abgesehen hat sie objektive Kriterien - ihren Profit -,
und bei derselben Prognose wird jede Firmenleitung gleich handeln.
Der Anti-XY-Aktivist muss verschiedene Dinge vergleichen, und es hängt 
von seiner individuellen Gewichtung dessen, was wie wichtig ist, ab,
wie er sich entscheidet.

Oder sieht hier eineR objektive, in jedem Fall überwiegende Argumente
für unbedingte Nichtdiskriminierung?



Mit nichtdiskriminierenden Grüßen
Christian Sievers
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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