Geld (was: Re: [ox] post-conference mail)

• From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
• Date: Mon, 07 May 2001 08:52:49 +0200

Hi,

ein weiterer - IMHO heute der wichtigste - Aspekt des Geldes:

Flo Ledermann schrieb:

ich hab ja auch nicht behauptet, dass geld _nur_ ein kommunikationsmittel ist.
aber ich wollte diesen aspekt mal hervorheben, der zweifellos auch sehr zentral
ist. ich versuche hier einfach fragen zu stellen, denkanstoesse zu liefern,
ideen weiterzuspinnen, und nicht aus einem fertigen ideologischen gebaeude zu
referieren. das geld ein gewaltmittel ist, ist mir voellig klar, aber darum
gings mir ja nicht.

faktum ist, dass geld historisch irgendwann einmal "erfunden" wurde, um gewisse
probleme zu loesen. meine these war (sogar als frage formuliert), dass geld eine
kommunikationsfunktion erfuellt - neben anderen, macht- und gewaltfunktionen.
deshalb halte ich es fuer notwendig, wenn man die abschaffung des geldes fordert
(was ich tue) sich mit diesen dingen differenziert auseinanderzusetzen, um nicht
ganz gewaltig auf die schnauze zu fliegen.

Kommunikationsmittel und Gewaltmittel bedeuten ja immerhin noch,
dass das Geld Mittelcharakter hat. Dramatischer finde ich aber, dass
das Geld mit dem Eintritt in den Kapitalismus diesen vorher
dominanten Mittel-Charakter an den heute dominanten Charakter als
_Selbstzweck_ abtreten musste. Wenn von Marx geredet wird, dann ist
das eine der wesentlichen historischen Erkenntnisleistungen, die
Marx von seinen liberalen Urvätern (alles Männer? vermutlich...)
Ricardo und Co unterscheidet.

Der Kapitalismus ist eine kybernetische Maschine und das Geld darin
der selbstregulative (Selbst-)Zweck. Diese Verselbständigung eines
Dings gegen seine ursprünglichen "ErfinderInnen" hat Marx
"Fetischismus" genannt. Das bedeutet: Geld in der Antike oder im
Mittelalter ist etwas _völlig_ anderes als Geld im Kapitalismus. Das
finde ich entscheidend.

Ciao,
Stefan

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