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Re: [ox] post-conference mail



Gruß zum Sonntag!

----- Original Message -----
From: "Flo Ledermann" <flo subnet.AT>
To: <liste oekonux.de>
Sent: Saturday, May 05, 2001 6:08 PM
Subject: Re: [ox] post-conference mail

... was
ich ... - und ich glaube das ist ein kernpunkt - ansprechen wollte,
ist ja die
frage nach der rolle von z.b. sourceforge. ich meine, da fliesst am
anderen ende
der welt (geographisch und ideologisch) venture-kapital in ein
projekt, das infra-
struktur gratis fuer open-source projekte zur verfuegung stellt. aus
den augen
des kapitalismus muss dies doch voellig obskur erscheinen. tut es
aber nicht,
weil der wert darin liegt, die ressourcen zu _zentralisieren_ und
damit _ausbeutbar_
zu machen - mensch kann dort suchen, statistiken ansehen, alles ist
in eine
hierarchische struktur gegliedert. und das _mensch_ im vorigen satz
bezieht sich
sowohl auf die open-source community, die sicher davon profitiert -
aber die hat
sich vorher auch schon organisiert, ueber unis und kongresse,
mailinglisten und
newsgroups - als auch auf die leute, die mit freier software kohle
machen wollen.
und fuer die ist ein sourcforge weit besser ueberschaubar als eine
community,
die sich dezentral organisiert.

wuerde mich daher wirklich interessieren, wie die leute auf dieser
liste sourceforge
sehen / rezipiert haben?

1. Nutzen der Zentralisierung?
Die Zentralisierung beinhaltet zweierlei: Bündelung der Ressourcen
selbst und Bündelung der Information über Ressourcen usw.
Daß sourceforge die Ressourcen zentralisiert, nützt also meines
Erachtens nicht nur denen, für die die Ressourcen dadurch ausbeutbar
(im Sinne von Profit-Machen) werden, sondern allen, die sie benutzen
wollen könnten und nicht zu den von Dir genannten Netzen gehören
(Unis, Kongresse, Mailinglisten, Newsgroups) -- schließlich kann man
ja nicht für alle Bedürfnisse, die man hat, je eine Mailingliste oder
Newsgroup abonnieren usw. Das macht man doch nur für etwas, was als
Hauptinteresse zählen kann. Aber auch für so viele Nebenaspekte gibt
es Nützliche Dinge, die man nutzen könnte, wenn man denn wüßte, wo man
nach ihnen suchen kann.
Was nützt mir Open Source und Free Software, wenn ich nicht weiß,
woher. Und das nutznießende Subjekt könnte hier jeder sein, der weder
in Beruf oder Freizeit hauptsächlich mit Computern beschäftigt ist,
noch einen persönlichen Berater an der Hand hat wie Dirk H., und
trotzdem für das was er tut Computer/Software benutzt. (Ist es nicht
auch bspw. ein Vorteil für verschiedenste Projekte in der 3.Welt, die
erst nach und nach überhaupt in den Genuß des Besitzes eines Computers
kommen und vielleicht an der M$-Falle vorbeischliddern wollen
könnten... (siehe auch Diskussion darüber, ob sie da "durch" müssen
oder "vorbei" können in ihrer Entwicklung).
Nebenbei bemerkt kann ich mir vorstellen, daß "das Kapital" als
potentieller Ausbeuter dieser Ressourcen auch ohne Zentralisierung in
Frage käme: weil "es" nämlich das einzige ist, was es sich leisten
kann, diese vielfältigen Verflechtungen zu verfolgen und das Wissen
darüber dann eben nur für sich selbst und intern zu zentralisieren.

2. Ursache<?> der Zentralisierung
Wenn die Leute nicht wegen der Ausbeutbarkeit zu sourceforge gehen,
dann müssen sie andere Gründe haben, freiwillig dahin zu gehen. Und
ich glaube dazu gehört, daß es nach wie vor nicht unbedingt für jeden
leicht ist, eine leicht zugängliche Seite (und alles was dazu gehört)
für irgendein neues oder auch fortgeschritteneres Projekt zu erhalten.
Noch kann ja nicht jeder mit Standleitung und Minimalinvestition einen
eigenen server ans Netz schalten oder so. Sprich, hier sind wir wieder
bei den materiellen Voraussetzungen, die sowohl für die netzartige
Verknüpfung der Ressourcen selbst, als auch für die Offenheit der
Projekte (also für die Zugänglichkeit des Netzes von außerhalb)
bestehen. Diese materiellen Voraussetzungen sind eben einfach noch zu
knapp. Oder?

Kannst Du erläutern, wie sourceforge als business-model funktionieren
soll (also von der Finanzierung der Grundlagen bis zur Ausbeutung der
Ressourcen und so)?

... aber immer, wenn es mehr information gibt, als ein/e einzelne/r
aufnehmen
und verarbeiten kann, entsteht macht, und zwar dort, wo diese
information
(notwendigerweise!) strukturiert wird. "keine macht fuer niemenad"
wird nur dann
moeglich, wenn ich selbst, durch mein selbstbestimmtes netz von
"nachbarn" oder
"freunden" (peers) diese strukturierung vornehmen und steuern kann.

Aber das Netz kannst Du nicht außerhalb der sogenannten
Rahmenbedingungen selbstbestimmen: Vorausssetzung, zu diesem "Netz"
Deiner "Nachbarn" und "Freunde" zu gehören, ist eben nicht nur, ob man
Dir gefällt oder so, sondern auch, ob man 1) erschwinglichen Zugang zu
einem Computer, zum Internet und 2) genügend Zeit zum Sich-Auskennen
hat -- je dezentraler ein System, desto größer die Zeit, die man
braucht, um sich da durchzufinden (es geht also nicht um die
produktive Zeit des Mitwirkens).



2: Wie funktioniert die foerderung von rohstoffen, die
herstellung
industrieller gueter und die landwirtschaft in einer freien
gesellschaft?


oder anders formuliert: wie verbessert sich durch freie software
und die
daraus abgeleitete gesellschaftsvision die lage eines
minenarbeiters in
afrika?

Vielleicht kann man die Frage historisch erweitert so stellen:
- Wie funktioniert die Versorgung des Gemeinwesens in der
Klassengesellschaft (nach der Urgesellschaft)? (Verwaltung der
ehemaligen Hauptresource Lebensraum)
- Wie funktioniert der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft im
Feudalismus (nach Abschaffung der Sklaverei)? (Verwaltung der
ehemaligen Hauptresourcen Lebensraum und Mensch)
- Wie funktioneren Ackerbau und Viehzucht in der
Industriegesellschaft? (Verwaltung der ehemaligen Hauptresourcen
Lebensraum, Mensch und Land)
- Wie funktioniert die Industrie in der GPL-Gesellschaft? (Verwaltung
der ehemaligen Hauptresourcen Lebensraum, Mensch, Land und Kapital)
- ...? ( + Wissen)

Gruß,
Quasi.



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Organisation: projekt oekonux.de


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