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[ox] Die Rolle der Politik



liste oekonux.de (Christian F.) schreibt:
Dass Neokeynesianismus auch einen sozialistischen Anspruch haben kann, 
bestreite ich nicht, es geht mir aber um eine andere Form des Primats der 
Politik ueber die Oekonomie. Obwohl mir auch schon aufgefallen ist, dass 
sowohl Neokeynesianismus als auch die von mir vertretene Form der 
Veraenderung gemeinsam haben, dass beide eine Umkehr der 
Dominanzverhaeltnisse im Sinn der Herstellung einer Dominanz der Politik 
(Politik sehr allgemein verstanden als Muster und Proze? der 
Entscheidungsfindung und der Veraenderung bestehender Muster, was nicht
nur 
staatliche Politik umfa?t) ¸ber die Oekonomie vertreten.


Wie aber, wenn die (staatliche) Politik selbst eine Form ist, die in der
Akkumulation
gewaltiger Reichtümer ihre Grundlage hat? 

Jede Idee des "Primats der Politik" setzt letztlich die Vorstellung von
den "Kommandohöhen der Volkswirtschaft" voraus. Nichtstaatliche Politik
ist quasi eine "Option auf den Staat".

Das "Muster" von "oben" verändern ein Widerspruch in sich. Denn
das "oben" gibt es nur weil es sich durch Akkumulation und Mehrprodukt
erhält. So kommen die Joschka Fischers zustande, aber auch die
Salvador Allendes. Beide Male ein tragischer Verlauf.

Politik kann nicht aktiv an der Abschaffung dieses "Musters" arbeiten,
in dem Maße wie sie es tut verliert sie ihren Einfluß und ihre
"Gestaltungsmöglichkeit", die also in Wahrheit immer schon 
beschränkt ist.

Die Form der Politik ist im Krisis Bereich mit einer "Willensillusion"
in Verbindung gebracht worden - eben der Trennung von "Wirtschaft"
und scheinbar freier Sphäre der Entscheidung. Diese Trennung wäre
aufzuheben, dann wäre aber auch die Rede vom "Primat der Politik" 
sinnlos.

Wenn Politik anders verstanden wird, als hol-archischer
Selbstorganisations-
prozeß, dann geht sie von der Lebenswelt, der Alltagswelt aus, dann umfaßt
sie das Zusammenwachsen von Elementen in einer gemeinsamen 
Vision.

Nun gibt es noch kaum mal die Elemente. Die gesamte Organisation der
Industrie, die Hierarchie der Berufe, die Struktur der Produktion....
sie sind zunächst unvermittelt, negativ aufeiander bezogen. Kooperative
Strukturen, aus denen das Potential wachsen kann, "globalen 
Wohlstand für alle" zu produzieren (ja, diese utopische Idee ist die
einzig realistische Forderung!!), müssen von sich aus erst die Grund-
lage einer anderen "Politik" hervorbringen. Das beste, was geschehen kann,
ist
daß die heute betriebene "Politik" ihre praktische Fessel (denn die
Ökonomie funktioniert tatsächlich immer weniger im Sinn der 
heeren Ziele von "Politik", sodaß die permanente Notstandsverwaltung 
zu ihrem Inhalt wird) erkennt und sich zu einer Partnerschaft
mit sozialen Strukturen (NGOs) entschließt, auch durchaus mit
dem Ziel, diese möglicherweise sehr bornierten Apparate (keine
Apologie der NGOs!) im Sinne des "Politischen" (universelle,
offene Lebensverhältnisse zu garantieren) zu beeinflussen, während
die kooperative soziale Sphäre der Politik ihren negativen, von Produktion
und dem Alltagsleben getrennten Inhalt nimmt.

Dabei ist aber nicht "Politik" der eigentliche Akteur, sondern vielleicht
so etwas wie "Metapolitik". Das, was Leute wie die Organisatoren dieser
Liste
machen.


_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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