[ox] Kochrezepte
- From: Hans-Gert Graebe <graebe informatik.uni-leipzig.de>
- Date: Fri, 1 Dec 2000 15:59:01 +0100 (MET)
Hallo, Stefan Mn.
die Geschichte mit den Kochrezepten ist wirklich interessant, wobei
ich annehme, dass Du sie vor allem 'by obscurity' erwähnst, also dazu
aufrufst, auch mal die Differenzen auszumachen. Diese Unterschiede
mal als ausgemacht vorausgesetzt, ergibt sich (wieder einmal), dass
GPL (ich sage lieber "Gemeineigentum an geistigen Gütern") so was wie
ein kanonischer Zustand dieser geistigen Güter zu sein scheint, in den
sie sich begeben, wenn keine(r) Druck ausübt.
Zu den Differenzen (ein erster Versuch):
Um Wissenschaft (seriös) zu betreiben, muss man vieles von dem, was
andere schon zum Thema gedacht haben, aufsaugen, ehe man produktiv
werden kann. Also Beherrschung "der Macht der Agentien, die während
der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden" und Kenntnis "vom
allgemeinen Stand der Wissenschaft und dem Fortschritt der
Technologie". Beim Kochrezept muss ich nur das eine Kochrezept kennen
(und einige allgemeine Skills haben). Übrigens gibt es auch in der
Wissenschaft den Begriff "Kochrezept", meist in leicht abwertender
Bedeutung, etwas formal zu können, aber die Details nicht zu
überblicken. Vielleicht eine interessante Nuance zum Thema.
Neben produktiver Arbeit und Infrastrukturarbeit (diese Begriffe hatte
ich schon mehrfach verwendet, lasse sie also hier mal einfach so
stehen) führe ich noch die Kategorie der Reproduktionsarbeit im
engeren Sinne (RES). Wenn Infrastrukturarbeit die Umgebung ist, in die
produktive Arbeit eingebettet ist (und zu dieser Umgebung gehört
Wissenschaft), dann ist die RES das Fundament, auf dem die produktive
(im Kap. allein WERT schaffende) Arbeit steht. Der (physische und
familiäre) Reproduktionshintergrund (und hierzu gehören m.E.
Kochrezepte) muss gesichert sein, ehe ich (produktiv) arbeiten gehen
kann. Diese Arbeitsform ist historisch älter als die Erwerbsarbeit.
Auch hier erfolgt ein Werttransport, nämlich über die
Erwerbseinkommen, die bekanntlich lt. Theorie so bemessen sein müssen,
dass diese Reproduktion möglich ist.
So weit ein erster, sicher mehr als unvollkommener Versuch
meinerseits, was auf Deine Bemerkung zu erwidern.
Mit freundlichen Grüßen, Hans-Gert Gräbe
PS: Wie war es eigentlich zum alternativen Hochschultag in Berlin? Er
hatte eine denkbar schlechte Presse im ND. Vielleicht als PM.
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