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Re: [ox] Kochrezepte



Hi Hans-Gert!

Last week (9 days ago) Hans-Gert Graebe wrote:
die Geschichte mit den Kochrezepten ist wirklich interessant, wobei
ich annehme, dass Du sie vor allem 'by obscurity' erwähnst, also dazu
aufrufst, auch mal die Differenzen auszumachen.

Auch. Tatsächlich wollte ich aber deine verehrte Wissenschaft auch ein
bißchen auf den Boden holen ;-) .

Diese Unterschiede
mal als ausgemacht vorausgesetzt, ergibt sich (wieder einmal), dass
GPL (ich sage lieber "Gemeineigentum an geistigen Gütern") so was wie
ein kanonischer Zustand dieser geistigen Güter zu sein scheint, in den
sie sich begeben, wenn keine(r) Druck ausübt.

Das scheint mir in der Tat eine wichtige Erkenntnis. Das wäre auch
taktisch wichtig, da wir damit die Ideologie brechen könnten, das z.B.
Betriebsgeheimnisse etwas per se Gutes sind. Gut sind sie nämlich nur
im Kapitalismus. Ähnliches gilt für Patente und Copyright. Kurz
vielleicht einfach alles, was zugunsten von Verwertung das
"Information wants to be free" einschränkt. Das ist wohl auch der
Punkt, den Thomas schon seit längerem versucht rüberzubringen.

Zu den Differenzen (ein erster Versuch):

Um Wissenschaft (seriös) zu betreiben, muss man vieles von dem, was
andere schon zum Thema gedacht haben, aufsaugen, ehe man produktiv
werden kann.

Beim Kochen nicht? Hast du schon mal gekocht - und es anschließend
aufgesaugt ;-) .

Das war tatsächlich einer meiner zentralen Punkte. Wissenschaftliche
Publikationen und Kochrezepte resp. Wissenschaft und Kochen
unterscheiden sich nicht so gewaltig. In beiden steckt letztlich die
Anwendung gesellschaftlichen Wissens.

Also Beherrschung "der Macht der Agentien, die während
der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden" und Kenntnis "vom
allgemeinen Stand der Wissenschaft und dem Fortschritt der
Technologie".

Daß du Kochen für einfacher hältst, liegt wohl daran, daß das Wissen
über das Kochen dir im Alltag eher nahe gebracht wird als
Quantenphysik. Ich hatte ähnliches schon mal in meiner Antwort an
Stefan Mz. zum Thema Wissenschaft näher ausgeführt. Das mit den
Hebelgesetzen und der Esoterik.

Beim Kochrezept muss ich nur das eine Kochrezept kennen
(und einige allgemeine Skills haben).

Das gilt für die Anwendung eine mathematischen Satzes nicht anders.

Übrigens gibt es auch in der
Wissenschaft den Begriff "Kochrezept", meist in leicht abwertender
Bedeutung, etwas formal zu können, aber die Details nicht zu
überblicken.  Vielleicht eine interessante Nuance zum Thema.

Ja, könnte sein - wenn auch vielleicht in anderem Sinne. Ein
Kochrezept wie du es meinst ist vielleicht gerade die
operationalisierende Anwendung wissenschaftlichen / kochtechnischen
Wissens. Der Algorithmus könnte ich sagen, der auch von einer Maschine
- den dummen Typ, den wir bis jetzt nur haben - abgearbeitet werden
kann.

Dann müßten wir ein neues Feld aufmachen. Wissen / Verstehen /
Forschen einerseits, Kochrezept / Algorithmus / Anwenden andererseits.
Das ruft auch sicher Stefan Mz. auf den Plan ;-) .

Gewendet auf die Oekonux-Debatte würde ich sagen, daß sich durch die
technische Entwicklung (Computer, Internet - kurz: Verfügbarkeit
digitale Kopiertechnik) die Verbreitbarkeit von Kochrezept /
Algorithmen - Information im Sinne der Definition, die ich mal
irgendwann als Arbeitsdefinition vorgeschlagen hatte - verändert hat.
Damit haben sich in einem sekundären Prozeß auch die Möglichkeiten für
eine größere Vielfalt an Wissen weiterentwickelt.

Hmm... Aber irgendwie komme ich da noch nicht weiter. Nächste Runde
:-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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