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Re: [ox] Begriff Moeglichkeit




Lieber Stefan Meretz

   >    graebe informatik.uni-leipzig.de schrieb:
   >    > Da habt ihr bisher nichts zur Präzisierung beigetragen. Reproduktion
   >    > wovon also? Von Gesellschaftlichkeit? Des Individuums? Von
   >    > Sozialstrukturen? Technik? Technologien? Kultur?
   > 
   >    Es geht hier um die Gesellschaft. Also: Produktion und Reproduktion
   >    des _gesellschaftlichen_ Lebens. Umfassend und historisch
   >    spezifisch.
   > 
   > Und an der kann mensch _nicht_ beteiligt sein?

   Ja, daran kann der Mensch nicht beteiligt sein, wenn du willst,
   auch ganz und gar nicht. ...  Wenn ich mich nicht beteilige (den
   ganzen Tag am Strand liege), dann habe ich auch nicht an der
   gesamtgesellschaftlichen Reproduktion teil.

Nun wirds natürlich handfester. Wenn Du "umfassend und historisch
spezifisch" (also dauernd nur) am Strand liegst, dann kann ich mir
nicht vorstellen, dass Dir einer was zu Essen bringt (es sei denn ein
Wesen, das Dich vielleicht zur eigenen Reproduktion / Erbauung
braucht, womit wir aber schon wieder ein Stück in der Gesellschaft
wären). Wenn Du ab und zu mal am Strand liegst, um Dich vom Stress der
Woche zu erholen, dann ist das doch sicher Teil der gesellschaftlichen
Reproduktion (diese Freiheit wächst Dir übrigens als Teil einer
"gesellschaftlichen Vereinbarung" über die Länge des Arbeitstags
bzw. den Dir zustehenden Urlaub zu - Du hast natürlich die Freiheit,
aus einer Reihe (ebenfalls teils gesellschaftlich vorgegebener)
Möglichkeiten, diese Zeit zu verbringen, auszuwählen).  Dass es
einzelne Aussteiger gibt, die sich _dieser_ Gesellschaft verweigern
(in Leipzigs Conne Island z.B.) kann ich auch nicht als Ausstieg aus
der Reproduktion "umfassend und historisch spezifisch" erkennen - sie
steigen nur aus gewissen Formen der Reproduktion aus (und machen einen
Eine-Welt-Laden und sonstige alternative Projekte auf).  Und dann gibt
es noch Leute, die gänzlich "Müßiggang" treiben, meist recht
betuchte. Allerdings wenden die die Zeit ihres "Müßiggangs" oft auf,
um eben diese Machtposition zu reproduzieren.  Wo also sind die
Aussteiger aus der Re- und Produktion "umfassend und historisch
spezifisch"?

(Letztere Art von Müßiggang soll es übrigens auch (wenigstens) bei
höheren Primatenarten geben; soviel zu Mensch und Tier)

   Ich bin nur der Meinung, dass Freiheit nichts ist, was einem
   zugestanden wird, was einer "wie auch immer gearteten
   gesellschaftlichen Vereinbarung bedarf". Ganz ernst.

Da haben wir wohl unterschiedliche Begriffe von Freiheit. Freiheit ist
für mich ein Verhältnis in der Gesellschaft, nicht der Ausstieg aus
ihr. 

-- 
Mit freundlichen Grüßen, Hans-Gert Gräbe

      -----------------------------------------------------------
     |  PD Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig |
     |            Augustusplatz, D - 04109 Leipzig               |
     |         	     tel. : [PHONE NUMBER REMOVED] - 341 - 97 32 248                |
     |         email: graebe informatik.uni-leipzig.de           |
     |  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe  |
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