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Re: [ox] Re: Arbeit oder was?



At 14:35 05.05.00 [PHONE NUMBER REMOVED], you wrote:
Wenn man Arbeit nicht als etwas "den Menschen Ausmachendes" erkennt,
dann waere die Arbeitswertherorie von Ricardo/Marx falsch, die besagt,
dass der Wert einer Ware von demjenigen Arbeitquantum bestimmt ist, das
darin steckt. Messbar in Arbitszeit. 

Ja, die ist ja auch falsch. So what. Arbeitszeit ist sowas von
absurd als Masskriterium fuer Wert. Dann hat eine per Hand
hergestellte Ware einen tausendfach hoeheren Wert als eine
maschinell hergestellte selbst wenn letztere qualitativ besser ist.

Arbeit als Masskriterium für Wert mag ja absurd sein, aber: Marx meint ja
nicht, dass die Arbeit Mass des Werts sein sollte (was z.B. bei Engels
manchmal durchscheint), sondern hat (nachgewiesen/behauptet), dass die
Arbeit, nämlich als abstrakte gesellschaftliche Durchschnittsarbeit, der
(unausgesprochene und ungedachte) Inhalt des Werts der Waren sein muss -
von allem anderen, sowohl von den konkreten Eigenschaften des Dings, dass
im Kapitalismus Ware wird als auch von der konkreten Arbeit, z.B. dem
Programmieren oder dem Auto-zusammenschrauben, muss ja abstrahiert werden,
damit man die Dinger überhaupt in ein quantitatives Verhältnis setzen kann.
Äpfel und Birnen vergleichen geht nicht, es sei denn, man konstruiert eine
quantifizierbare Obstigkeit herbei - und das genau tun die
kapitalistrischen Warenbesitzer. Das mag bekloppt sein und obendrein nicht
funktionieren - aber thats the way it is.


Das ist doch gerade das Standardargumentationsmuster der
Rechten/Buergerlichen/was auch immer. Etwas, was einem ideologisch
in den Kram passt, wird als biologisch vorausgesetzt, der Mensch
"ist halt nunmal boese" oder "arbeiten muss man halt" 

Da muss man trennen zwischen dem "anthropologischen Arbeitsbegriff" und dem
gerade gemeinten "gesellschaftssprezifischen", der die Form der Arbeit im
Kapitalismus beschreibt.
Der "Anthropologische" meint im wesentlichen ja die planvolle
Auseinandersetzung mit der Natur zum Lebenserhalt. Das ist aber nicht
biologistisch, da der Punkt nicht ist, das menschliche Wesen zu definieren,
was ein absurdes Unterfangen ist, sondern das Phänomen "Gesellschaft" zu
erklären. Das ist, aus marxscher Sicht, die Art, wie diese Arbeit (oder,
wenns nach der Krisis geht, "Tätigkeit", wobei ich mich frage, warum
"Arbeit" eine böse Abstraktion von den konkreten Inhalten sein soll und
"Tätigkeit" nicht...) kollektiv organisiert wird, also wie Arbeitsteilung
und die Distribution der Produkte gemanagt wird. Das die Befreiung _von_
der Arbeit das Ziel ist, wird davon ja nicht angefochten. Auch eine
Gesellschaftsform, in der Arbeit/Tätigkeit/irgendwas (so gut wie) nicht
mehr stattfindet, ist eine Art, die kollektive Reproduktion, vulgo
Überleben, zu gewährleisten.


Mit der Erfindung eines neuen Kriegsinstruments, des
 Feuergewehrs, aenderte sich notwendig
 die ganze innere Organisation der Armee, verwandelten sich die
 Verhaeltnisse, innerhalb deren Individuen eine Armee bilden und als Armee
 wirken koennen, aenderte sich auch das Verhltnis
 verschiedener Armeen zueinander.

 Die gesellschaftlichen Verhaeltnisse, worin die Individuen produzieren,
 die gesellschaftlichen Produktionsverhaeltnisse ndern sich also,
 verwandeln sich mit der Veraenderung und Entwicklung
 der materiellen Produktionsmittel, der Produktionskraefte. Die
 Produktionsverhltnisse in ihrer Gesamtheit bilden das, was man die
 gesellschaftlichen Veraehltnisse, die Gesellschaft nennt, und
 zwar eine Gesellschaft auf bestimmter, geschichtlicher
 Entwicklungsstufe..."

Das ist soweit alles im Grossen und Ganzen korrekt. Nur sind wir
halt heute schon 2 bis 3 Stufen weiter als zu Marxens Zeiten in der
gesellschaftlichen Entwicklung. Und Teil dieser Entwicklung ist
eben, dass die Arbeit abgeschafft wird. Leider der Kapitalismus
nicht mit. Also muss offensichtlich was falsch sein mit der
Kapitalismustheorie, wenn die von Arbeit ausging als entscheidendes
Merkmal. 

Dummerweise wird die Arbeit als "Mass des Werts" und somit der
gesellschaftlichen "Gültigkeit" nicht abgeschafft, im Gegenteil. Die Arbeit
als real-existierende Maloche sehe ich übrigens auch nicht gerade
verschwinden. Das keine Vollbeschäftigung mehr herrscht, spricht m.E. nicht
für ein sofortige s Ende den Systems, diese war ja eher eine historische
Ausnahme. Das gelegentlich Leut verhungern geht ja den Kapitalismus nichts
an, der kümmert sich nicht um die allgemeine Wohlfahrt, sondern die
Kapitalien müssen Akkumulieren - dafür ist Arbeit nötig, aber im Endeffekt
nicht wirklich viel. Ob 80% der Bevölkerung als überflüssig definiert wird
und nach Hause gehen kann oder nicht hat für den prozessierenden Wert keine
Bedeutung - ausser dadurch, dass sich evtl. diese 80% nach einer anderen
Art der Überlebenssicherung umsehen werden.


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http://www.oekonux.de/



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