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Re: [ox] Drittes Viertel Paper GPL-Gesellschaft



Hallo Stefan, 

On Sat, Mar 18, 2000 at 03:55:55PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:

...

Wie keine Ware entsteht Gnu/Linux auf freiwilliger Basis. Niemand sagt
den Gnu/Linux-EntwicklerInnen was sie zu tun haben oder entlohnt sie
in irgendeiner Form [23] für ihre Tätigkeit. Alles was diese Menschen
tun, tun sie aus freien Stücken und aus durchaus individuellen
Gründen. Kein Chef befiehlt ihnen was sie zu tun haben. Auch wenn sie
sich einer Projektkoordination unterordnen, so geschieht auch dies auf
freiwilliger Basis und aus Einsicht in deren Notwendigkeit.

Diese Freiwilligkeit ist ein entscheidender Unterschied zu entlohnten
Tätigkeiten, bei denen diese Freiwilligkeit höchstens als willkommener
Nebeneffekt auf Seiten des Arbeitgebers vorkommt, nie aber Zweck der
Veranstaltung ist. Diese Freiwilligkeit hebt die in der Lohnarbeit
übliche Entfremdung der ProduzentIn gegenüber ihrer Tätigkeit auf. Die
ProduzentInnen gewinnen eine Macht über ihr eigenes Tun [24], die sie
in Lohnarbeit prinzipiell nicht haben können.

Die Freiwilligkeit ist bei der Lohnarbeit vorhanden, so hört man meines
Wissens eher selten von Arbeitern, die zu ihrem Betrieb geschleift werden
müssen - ganz im Gegenteil, die stellen sich selbst den Wecker und gehen in
der Regel pünktlich zur Arbeit.
Der Zwang ist ein ganz allgemein ökonomischer - dieser geht aber nicht vom 
Arbeitgeber aus. Und dem Zwang unterliegen auch alle, Gnu/Linux-Entwickler.

...

gestalten. Es reicht für Lohnarbeit völlig aus, daß die Arbeitenden
[29] vor Unwillen nicht grob unproduktiv werden.

Das Kapital versucht das Gegenteil!, die Produktivität soll doch ständig
gesteigert werden, um einen Extra-Profit gegenüber der Konkurrenz zu erzielen.

...

Wird eine Ware produziert, so muß diese eine Qualität erreichen, die
gerade ihren Absatz nicht verhindert [33] - also eine relative
Qualität. Es ist unter Marketing-Gesichtspunkten ja sogar hinderlich
z.B. Langlebigkeit in ein Produkt einzubauen. Produktion für einen
Markt hat also überhaupt keinen Anlaß so etwas wie eine absolute
Qualität herzustellen.

Eine Ware wird nie wegen ihres Gebrauchswertes produziert, sondern nur zum
Tausch.
Das das 'Ding' für irgendwen nützlich sein muß ist Bedingung nicht Zweck.
                                                   ---------------------
Das ist mir auch schon im ersten Teil deines Textes Aufgefallen dort
schreibst du: 
"Inhalt und Ziel wirtschaftlichen Handelns ist nicht primär ein
bestimmtes Produkt, eine bestimmte Qualität oder ähnliche stoffliche
Qualitäten, sondern die Erzielung von Tauschwert."
Das Ziel ist einzig und allein die Erzielung von Tauschwert!

...

[25] Es ist kein Zufall, daß die Programmiertätigkeit eine ist, die
offenbar viel mehr Lust erzeugen kann als Tätigkeiten, die in der
industriellen Produktion entstanden sind. Auch dies ist ein Hinweis
darauf, daß die Entwicklung der Produktionsmittel inzwischen in ein
Stadium getreten ist, daß die Veränderung des gesellschaftlichen
Überbaus möglich macht und angezeigt erscheinen läßt.

Was ist der gesellschaftlich Überbau ?
Und was ist der Unterbau - gibt es auch noch einen Mittelbau ?
Ich weiß leider echt nicht, was du damit meinst.

[29] Menschen müssen sich also auf diese Zumutungen des Arbeitslebens
einlassen. Um dazu überhaupt in der Lage zu sein, werden in unseren
Gesellschaften Menschen von Kindesbeinen an auf dieses Funktionieren
gedrillt. Es ist aber Anlaß zur Hoffnung, daß trotz dieses Drills
Menschen noch in der Lage sind, selbstbestimmt tätig zu werden. Daß
diese Menschen übrigens eher die (technische) Avantgarde der
Gesellschaft bilden, ist ebenfalls kein Zufall.

Kannst du die Letzte Behauptung belegen? 
Ganz sicher wär ich mir da nicht.

______________________________________________________________________

Ich hab noch Anmerkungen zum ersten Teil des Textes:

"Bei der Erzielung von Profiten wird Lohnarbeit zwar
eingesetzt, betriebswirtschaftliches Ziel einer jeden UnternehmerIn
ist aber die Minimierung der Arbeitskräfte bei Beibehaltung der
erzeugten Menge an Waren."

Eine Minimierung der Arbeitskräfte kann wohl kaum das Ziel des Kapitals 
sein. Ziel ist die Geldvermehrung. Diese kann nur durch die Verwertung der
Arbeit geschehen. Somit ist das Kapital darauf aus möglichst viel Arbeit
gewinnbringend einzusetzen!
Später schreibst du:

"Gelingt diese
Ausweitung nicht, so treibt die Konkurrenz der WarenproduzentInnen
letztlich dazu, die Lohnarbeit mehr und mehr ganz abzuschaffen - was
wiederum nicht gut gehen kann, da die Erzielung von Profiten unlösbar
mit dem Verbrauch von Lohnarbeit verbunden ist."

Das die Lohnarbeit vom Kapital ausgerottet wird halte ich für eine Illusion.
- und die Erzielung von Profiten ist unlösbar mit dem Gebrauch(!) von Lohnarbeit 
verbunden. Wäre sie nur(!) mit dem Verbrauch möglich gäb es keine
Lohnarbeiter mehr.

Zu: Massenarbeitslosigkeit und Börsenboom

Das gabs schon mal, auch ohne, das der Kapitalismus aufgehört hätte, und
Lohnarbeit existiert leider immer noch.
Zur Problemlösung der Ausdehnung des Marktes läßt sie die 'westliche
Staatenallianz' doch ständig was einfallen.
Schuldenerlass und Antifaschismus (im Kosovo).

Deine Tendenz zur Mysitifizierung der Arbeit teile ich nicht und halte ihn
für Falsch, aber im sonst find ich den Text interesant und gut.

INGO


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