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Re: [ox] bedingungsloses Grundeinkommen



Moin, Moin!

Am Mittwoch, 26. April 2006 09:36 schrieb Benjamin Teuber:

Lohnkosten sind Produktionskosten und Teil der Kalkulation in dem obigen
Beispiel des Krankenhauses. Das "Bürgergeld" ist deshalb in der Tat
nichts anderes als eine Subvention der Wirtschaftsbetriebe - in unserem
Beispiel des Krankenhauses, welches Lohnkosten einspart und dadurch
höhere Gewinne erzielen kann.

Da bin ich mir nicht so sicher. Ein genügend hohes Grundeinkommen würde
den Zwang zur Arbeit veringern und damit die Verhandlungsposition der
Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor stärken - das könnte also dazu führen,
dass Hungerlohnjobs am Markt einfach nicht mehr angenommen werden und
deshalb die Löhne steigen.

Müsste man natürlich alles mal in nem Modell ausprobieren statt hier so
schwammig rumzuargumentieren...

Im Modell der Wirklichkeit beinhalten höhere Löhne höhere Preise durch 
den Anstieg eines Teiles der Produktionskosten. Deshalb beinhalten hohe
Tariflohnabschlüsse letztlich kein Mehr an Einkommen der Wenigver-
dienenden, da sie ihre eigene Lohnerhöhung im Anstieg des Endverbrauchs-
preises finanzieren - schließlich werden über die Preise all diese Kosten
(inkl. der Mehrwertsteuer!) von der Wirtschaft nur an die Endverbraucher 
weitergereicht. Hohe Produktionskosten verstärken die Tendenz, durch 
Rationalisierungen und Automation menschliche Arbeit im Handel und in 
der Produktion einzusparen.

Dies ist nicht zuletzt auch im dänischen Königreich sichtbar, wo so-
genannte Einkommensausfallzahlungen eine Erhöhung der Einkommen
der abhängig Beschäftigten darstellen. Beispielsweise gibt es im Hafen
von Esbjerg rund zwei bis drei Mal im Jahr Arbeit beim Be- und Ent-
laden von Schiffen mit Stückgut. Die dazu benötigten Leute werden
von der Wirtschaft bezahlt, wenn es Arbeit gibt und erhalten in der
über bleibenden Zeit des Jahres ihren Lohn von der Einkommens-
ausfallskasse. Das Gleiche erhalten viele Arbeitnehmer bis hin zu
den dänischen Bauarbeitern, die Häuser in Deutschland bauen. Be- 
hinderte erhalten Lohnzuschläge bis zu 100 %, um auf ein gesetzlich 
festgelegtes Facharbeitergehalt zu kommen. 

Die Gesundheitsversorgung wird aus Steuermitteln finanziert und 
steht jedem Dänen kostenfrei zur Verfügung. Es gibt ferner eine 
Verpflichtung des Staates, Produkte der bildenden Künste aufzu-
kaufen und jedem Künstler ein Gehalt zu zahlen. Und auch die
bislang jedem Dänen garantierte Volksaltersrente wird größten-
teils steuerlich finanziert, wodurch der Steuersatz der zu zahlenden
Steuer deutlich über dem von Deutschland liegt.  Die Preise in den
Läden in Dänemark sind fast doppelt so hoch wie in Deutschland.

Die Verteuerung hebt die Stärkung der Verhandlungsposition der
Arbeitnehmer wieder auf, indem die Einkommen im Verhältnis zu
den zu zahlenden Preisen entwertet werden. Und auch der Zwang 
zur Arbeit verringert sich nur kurzfristig. Gleichzeitig wuchert die
Verteilungsbürokratie des Staates, um die Zahlungsempfänger 
zu verwalten, ihre Ansprüche zu prüfen etc.

Vorgeblich aus Gründen der Nichtbeteiligung von Dänemark am 
Währungsraum des Euro werden laufend Arbeitsplätze im Pro-
duktions- und Verwaltungssektor aus Dänemark hinaus ins
steuerlich günstigere Ausland verlagert. Die Betriebe, die im
Königreich Dänemark trotz der hohen Besteuerung verbleiben, 
profitieren vor allem von der Flexibilität, Arbeitnehmer ohne 
Entlassung heuern und feuern zu können, deren Gehälter, wenn 
ihre Arbeit nicht benötigt wird, von der Einkommensausfallskasse 
des Staates übernommen werden. Der Produktionssektor umfasst
heute in Dänemark weniger als 20 % aller Beschäftigungsverhältnisse.

Aufgrund der hohen Besteuerung ist die Europazentrale des dänischen 
Konzernes Lego nicht in Billund, Dänemark, sondern seit Jahren in 
Hohenweststedt in Deutschland. Auch die Produktion von Lego ist 
längst aus Dänemark ausgelagert. Lange Zeit war sie in Hohenweststedt, 
bevor sie nach Tschechien verlagert wurde. Dorthin verlegt Lego Anfang 
2007 nun auch seine Europazentrale.

Der Herr Werner scheint kein Gespür dafür zu haben, wie viele Menschen
direkt und indirekt durch den Staat Arbeit haben. Ein schlanker Staat
bedeutet laut Werner zwangsläufig Massenarbeitslosigkeit, solange die
Wirtschaft nicht zwangsverpflichtet wird, jeden heimgeschickten Beamten
und Angestellten des Staates für das gleiche Gehalt einzustellen.

Hö, ich dachte er wäre gerade dafür dass einiges an Bürokratie mit so
einem System wegfallen würde...

Der Herr Werner ist dafür, einiges an Bürokratie einzusparen. Diese
Bürokratie jedoch stellt mit weiter steigender Tendenz einen immer
größeren Anteil aller Beschäftigungsverhältnisse. Spätestens in 10 
Jahren wird die Mehrheit aller abhängig Beschäftigten in Deutsch-
land beim Staat angestellt sein. Würde im großen Stil die Bürokratie
abgebaut, wäre eine Arbeitlosenquote von offiziell 12 % nicht zu halten. 
Realistisch wäre dann eine von bis zu 40 %.

Gruss,
Jacob
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Kontakt: projekt oekonux.de



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