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Re: [ox] Die Waschmaschinentragödie (was: Potsdamer Denkschrift 2005)



Hallo Christoph,

Christoph Reuss schrieb:

kleiner tipp zwei: es kommt viel besser an, wenn man sich mit den
positionen und inhalten seiner gegner besser auskennt als diese.
   


Das trifft auf mich zu, verglichen mit den hiesigen naiven Meinungen
über die Ziele von Marx und Predators im allgemeinen.
 

Die Qualität Deiner Argumente und die Sorgfalt Deiner Recherchen hat, denke ich, 
jeden, der das liest, davon überzeugt. Vielleicht sollten wir es erst einmal dabei belassen?

Viele Grüße

  Stefan

PS: Hier ein Literaturtipp: Stanislaw Lem, "Die Waschmaschinentragödie"

http://www.stanislaw-lem.de/buch/tagebuch_waschmaschine.html

"Die Debatte wurde immer leidenschaftlicher, es fiel mir immer
schwerer, den Ausführungen zu folgen, die Ordner und die Sanitäter
hatten alle Hände voll zu tun.

Plötzlich wurden Rufe laut.
Es befänden sich als Juristen verkleidete Elektronengehirne im Saal, die
unverzüglich entfernt werden mü8ten, denn ihre Parteinahme unterliege
keinem Zweifel – ganz zu schweigen davon, daß sie kein Recht besäßen, an
den Beratungen teilzunehmen.
Der Vorsitzende, Professor Hurtledrops, begann mit einem kleinen Kompaß
in der Hand im Saal umherzugehen, und jedesmal, wenn die Nadel zu
zittern begann und auf einen der Sitzenden wies, angezogen von dem Blech
unter der Kleidung, wurde das betreffende Individuum auf der Stelle vor
die Tür gesetzt.
Auf diese Weise leerte sich der Saal bis zur Hälfte, während die
Dozenten Fitts, Pitts und Clabenty ihre Reden schwangen, wobei man den
letzteren mitten im Wort unterbrach, denn der Kompaß hatte seine
elektronische Herkunft verraten.

In einer kurzen Pause stärkten wir uns am Büfett.

Die lärmende Diskussion verstummte nicht eine Sekunde lang.
Als ich in den Saal zurückkehrte, mußte ich meine Hose festhalten, denn
die erregten Juristen hatten im Gespräch immer wieder nach meinen
Knöpfen gegriffen und mir alle abgerissen.
Plötzlich entdeckte ich einen großen Röntgenapparat, er stand neben dem
Podium.
Es sprach gerade Rechtsanwalt Plussex und behauptete, Mattrass sei ein
zufälliges kosmisches Phänomen, da näherte sich mir mit drohender Miene
der Vorsitzende – die Kompaßnadel in seiner Hand zitterte beängstigend.
Schon hatte mich der Saaldiener am Kragen gepackt, als sich die
Magnetnadel wieder beruhigte, denn ich hatte eiligst mein Taschenmesser,
den Büchsenöffner und das Tee-Ei weggeworfen und die metallenen Klammern
an den Sockenhaltern abgerissen.
Als man sah, daß ich aufhörte, auf die Kompassnadel einzuwirken, wurde
ich zur weiteren Teilnahme an den Beratungen zugelassen.

Man entlarvte noch dreiundvierzig weitere Roboter, und unterdessen
bemühte sich Professor Buttenham nachzuweisen, Mattrass müsse als eine
Art kosmischer Auflauf betrachtet werden.
Mir fiel ein, dass davon bereits die Rede gewesen war – offensichtlich
mangelte es den Experten schon an Ideen –, da begann erneut eine
Kontrolle, eine Art Röntgen-Razzia.
Nun wurden auch die tugendsamsten Zuhörer gnadenlos durchleuchtet, und
es zeigte sich, daß sich unter ihren tadellos sitzenden Anzügen Korund-,
Nylon-, Kristall-, Stroh- und Plasterümpfe verbargen.
In einer der letzten Reihen wurde sogar jemand entdeckt, der aus Twist
bestand.

Als der nächste Redner das Podium verließ, saß ich nahezu
mutterseelenallein in dem riesigen leeren Saal.
Man durchleutete den Redner und setzte ihn vor die Tür. Der Vorsitzende –
der letzte Mensch, der außer mir im Saal verblieben war – trat an meinen
Stuhl.
Nichtsahnend nahm ich ihm den Kompaß ab. Die Nadel begann anklagend zu
kreisen und zeigte dann auf ihn. Ich klopfte seinen Bauch ab – er klang
metallisch. Rasch packte ich den Kerl am Kragen, setzte ihn vor die Tür
und blieb allein.

Einsam stand ich vor den vielen Taschen, Aktenstößen, Zylindern,
Spazierstöcken, Hüten, vor den ledergebundenen Büchern und vor den
Galoschen.
Eine Weile schlenderte ich durch den Saal.
Als ich sah, daß nichts mehr für mich zu tun blieb, wandte ich mich
kurzerhand um und ging nach Hause."








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