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[ox] ox-en-Reflexionen; Digest für die Woche vom 27.10.-3.11. 2005



Hallo,

für alle, die aus welchen Gründen auch immer die englische Oekonux-Liste
nicht verfolgen, hier eine Zusammenfassung der Themen der letzten acht
Tage (27.10.-3.11.2005).

Am 27.10. gab es einen gewichtigen Beitrag von Till Mossakowski zur
gerade wieder laufenden Debatte um Alternativwährungen:

“Während LETS-Systeme gute Beispiele für Selbst-Management und
gegenseitige Hilfe während ökonomischer Krisen sind (wie in
Argentinien), denke ich, daß deren hauptsächliche Beschränkung darin
besteht, daß sie nach wie vor auf dem Markt basierende ökonomische
Systeme darstellen. Das ist ein großer Unterschied zur Ökonomie der
(wahrhaft) freien Software, welche frei verteilt wird, ohne Markt.

Lehrsatz: in einer Ökonomie, welche gerecht und bedarfsorientiert ist
und die auf Selbst-Management und demokratischen Entscheidungen basiert,
werden bei Beharren auf dem Markt all diese Prinzipien unterlaufen.

Diese Behauptung wird von Michael Albert vom ZMag begründet. Siehe sein
Buch “Parecon – Leben nach dem Kapitalismus” (das im Dezember auch auf
Deutsch erscheint, SMa)
http://www.zmag.org/books/pareconv/parefinal.htm
besonders das Kapitel “Bewertung der Ökonomien”, Sektion “Markt”.
Siehe auch mein Interview mit ihm, in welchem ich auch Oekonux erwähne:
http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=26&ItemID=8902

Grüße

Till”

In seiner Antwort bringt ernie yacub Argumente, die seit Anbeginn die
Oekonux-Debatte charakterisieren:
mag sein, daß das mit freier Software funktioniert, aber der Rest der
Leute lebt in der realen Welt der Märkte, in der Güter und
Dienstleistungen gekauft und verkauft werden und in welcher auch die
Kodierer essen müssen – die altbekannte Brötchenfrage...

Ein weiterer interessanter Thread beschäftigt sich seit einiger Zeit mit
der Frage
“sell your free software "lifestyle" business for nine figures [u]” -
zum Nachblättern lasse ich es mal in Englisch, wäre aber dankbar, wenn
mir mal jemand die Wortspielereien erläutern könnte:)

Ausgangspunkt war der Verkauf des in Sachen Security wohlbekannten
Snort-(“Schlumpf”) Programmes, eines Open Source Intrusion
Detection-Paketes, das nach dem Google-Prinzip entstand und entwickelt
wird, an Checkpoint, einen proprietären Anbieter von Firewalls und
Sicherheitslösungen. Hier geht es darum, wie die Commodification von
Open Source heute vor sich geht und was die Open Source-Gemeinde dem
entgegensetzen kann.

Das Thema wurde von Geert Lovink eingebracht, der auf die Frage, ob er
kein Problem damit hätte, daß hier “einige Leute” aus der Arbeit einer
ganzen Communitiy Profit schlagen, antwortete:

“Ja, ich habe ein Problem, wenn Leute die Arbeit anderer privatisieren.
Ich habe das in meiner Umgebung so oft erlebt, daß ich mich schon daran
gewöhnt habe (was eine schlechte Sache ist).”
An der Debatte nimmt ferner Michael Bouwens teil, der sein Buch “p2p und
Kapitalismus” auf dem ox-Wiki zur Diskussion stellen will und der mehr
Beispiele dieser Art haben möchte, und Karel Kulhavy, dessen Art mich
des Öfteren an Hurvinek und Speibl erinnert; hier schreibt er:

“Man kann dem einfach mit dem Ansatz im Ronja-Stil vorbeugen. Du rückst
einfach nichts raus, solange Dir die Entwicklungskosten nicht bezahlt
wurden, und dann kümmert es Dich einen Scheiß, was die Leute mit dem
GFDL-Ergebnis machen.”

Ihm widerspricht josx aus Argentinien allerdings vehement:

“Du hast offenbar nicht verstanden, was Geert sagen will.
Geert, ich mache mir wirklich Sorgen darüber. Ich denke, die Leute
müssen die Macht behalten, wenn sie sich für freie Software entscheiden.
Wenn statt dessen Firmen diese Rolle übernehmen, haben wir ein Problem.”

Und auch Benjamin Mako Hill, den ich in Karlsruhe auf dem Linuxtag
kennenlernte, meldet sich in diesem Kontext zu Wort. Prinzipiell habe er
da kein Problem. Er denke, dies geschehe in unterschiedlichem Grad mit
jeder kollaborativen oder gemeinschaftlich produzierten Arbeit. Was
nicht bedeute, daß es ihm immer gefalle.

Ein weiteres forward von Geert Lovink, “May I help to enrich your
product offering? [u]”, bei dem ich erst überhaupt nicht wußte, was es
auf der Liste soll, dürfte wohl auch in diesem Zusammenhang stehen.


Die jüngste Mail der Liste schließlich bietet einen Auszug aus einer
Debatte um das “Nächste erfolgreiche freie Produkt”, nach Meinung von
StefanMn könnten das die Wikipedia und Open Access sein.

Dabei geht es vor allem um die Frage, wie der Umstand einzuschätzen ist,
daß für bestimmte Publikationen die Autoren selbst – bzw. deren
Geldgeber – dafür bezahlen sollen, ihre wissenschaftlichen Artikel zu
publizieren. V.Sasi Kumar von der indischen FSF schreibt am 3.11. zur
Frage, ob das nicht zur Exklusivität einiger Autoren führt:
“Es ist sicherlich immer wünschenswert, daß JedeR die Möglichkeit zum
Publizieren erhält, aber heute ist das nicht die Situation. Ich sagte
lediglich, daß es kein signifikanter Schritt zurück ist, wenn ein Autor
dafür bezahlt, zu publizieren. Mehr noch, einige Open Access-Journale
(zum Beispiel das PloS Journal) gibt denen Konzessionen, die zum
Bezahlen über keine Finanzmittel verfügen. Auch konventioneller
Journalismus, der Seitengebühren erhebt, kennt Provisionen für
Publikationen ohne Entgelt, aber ich weiß nicht, wie effektiv das ist.
Ich habe noch in keiner davon publiziert:-)”

Soviel als kleiner Überblick; ich selbst lese ox-en erst seit einigen
Monaten, anderen wird die Bedeutung entgangen sein. Auf einige weitere
Threads werde ich gesondert eingehen.

Viele Grüße

Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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