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Re: [ox] Potsdamer Denkschrift 2005



Hallo Christoph,

Christoph Reuss wrote:
Wenn die Analyse schon falsch ist, sind auch die abgeleiteten "Lösungen"
falsch

Genau, und deshalb stört es mich auch, wenn hier so simplifizierende Analysen
wie die deine über die Liste gehen, dafür ist Oekonux zu schade. Erst recht,
wenn sie tendenziell menschenverachtend sind -- "predator" heißt in erster
Linie "Raubtier" (siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Predator), und bestimmte
Menschen mit Tieren gleichzusetzen ist nie eine gute Idee.

(z.B. Solidarität mit Predators wie Lessig).

Und was hast du gegen Lessig? Klar, ich hab an Lessig auch das eine oder
andere zu kritisieren, insbesondere, dass er bereit ist, die Terminologie der
IP-Lobby ("piracy" etc.) zu übernehmen statt sie zurückzuweisen. Das ist aber
eine (IMHO falsche) strategische Entscheidung und macht ihn noch lange nicht
zu einem Agenten der Gegenseite...

(Predator-)Herrschaft und die daraus abgeleiteten Ungerechtigkeiten gab es
schon lange bevor es Geld gab, also werden die auch nicht verschwinden
indem man das Geld abschafft.

Sondern indem man die Predator-Herrschaft durch die Produzenten-Herrschaft
ersetzt, oder wie? Na ob das besser wäre...?

Wie wärs, stattdessen auf die Aufhebung der Herrschaft hinzuarbeiten, bzw.
ihre Minimierung? Open Source und ähnliche Entwicklungen gehen ja durchaus in
diese Richtung. Dafür müsste man allerdings erstmal anerkennen, dass die
_Strukturen_ das Problem sind, und nicht bestimmte "schlechte" Menschen...

Bush ist jawohl selber ein Predator "par excellence", und wer Bush's
Verkehrtwelt-Propaganda auf eine Stufe stellt mit der realistischen
Produzenten/Predators-Dichotomie, der sollte nicht Andere des Schwachsinns
bezichtigen.  Glashaus und Steine...

Hm hm, womöglich hält Bush sein eigenes Weltbild ja auch für realistisch? Der
Punkt ist, dass es nicht empfehlenswert ist, die Menschen einfach in zwei
(oder eine beliebige andere Anzahl) Gruppen einzuteilen, schon gar nicht, wenn
dann die einen als gut und die anderen als böse definiert werden.

Wenn du dann schreibst,
"Produzent" und "Predator" (im Sinne von Jäger, Fallensteller, Räuber,
meist im übertragenen Sinne, denn heutzutage sind das oft übergewichtige
Schreibtischtäter die für das wörtliche Jagen & Rauben nicht "fit" wären)
sind die beiden Enden eines Spektrums, auf dem sich reale Personen
irgendwo befinden.
klingt das zwar schon etwas vernünftiger (abgesehen von der billigen
Anti-Dicken-Propaganda), aber leider erweckt deine Terminologie permanent den
gegenteiligen Eindruck.

Abgesehen davon, was ist denn so toll am "produzieren"? Gibt es nicht Dinge
auf deren Produktion man besser verzichten sollte? Ist es besser, etwas zu
produzieren, was keiner braucht, als nichts zu produzieren?

Arbeiten (im Sinne von tätig sein, nicht Lohnarbeit) ist dann sinnvoll, wenn
es einer/m selbst Spaß macht oder wenn es anderen was bringt, und im Idealfall
(etwa bei freier, insbesondere bei doppelt freier Software) kommt beides
zusammen. Produktive Arbeit ist kein Selbstzweck, und zum Verherrlichen
besteht kein Grund.

Ciao
	Christian

--
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Meiner Meinung nach ist es eine Schande, dass auf der Welt so viel
gearbeitet wird.
        -- William Faulkner

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