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Re: [ox] Text- versus Software-Lizensierung



Hallo Franz,

Franz Nahrada wrote:
Meine Ablehnung der GFDL war ja einzig und allein darauf begründet daß
Text so granular und fein ist daß oft Mikromodifikationen vorkommen,
derentwegen ein Erfüllen von Auflagen, die auf den Umgang mit ganzen
Dokumenten abzielen (und da sind die Bestimmungen schon rigid: du mußt bei
der GFDL immer eine Kopie der Lizenz anhängen etc.) auf den Umgang mit
Texten der eben permanente Modifikation (wie in Wikis üblich) einschließt
nicht so ohne weiteres anwendbar ist, ohne einen riesigen overhead zu
erzeugen. Insofern volles Einverständnis wenn Du gegen "Umständlichkeit"
argumentierst.

Du stellst hier mglw. implizit auf etwas ab, das deutlicher expliziert
gehört: den oft diskursiven Charakter von "Ideenfindung" als
Verdichtungen in einem Strom von Kommunikation. Siehe die Stelle über
die "Gravitationsformel" in meinem wisos-Paper
http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe/projekte/infopapers/wisos-05.pdf

Insofern ist genau hinzuschauen, was dem Autorenrecht da wirklich
unterworfen wird. Im kontinentaleuropäschen Recht ist es immer das
"Werk", nie die "Idee". Wenn sich mit dem Internet und den hier von dir
beschriebenen Gebrauchsformen der Werkcharakter auflöst (bzw. wie bei
Wikipedia nur noch als "kollektives Werk" zu verstehen ist), dann müssen
darauf die rechtlichen Instrumente passen. Auf der Konzeption "geistiges
Eigentum" aufbauende Konstrukte, die bisher nur für "Werke" galten (die
insbesondere durch eine gewisse Abgeschlossenheit charakterisiert sind),
nun auf "Chunks" ausdehnen zu wollen (oder sich gezwungen zu sehen), ist
deshalb nicht aus dem Grund abzulehnen, weil es nicht geht, "ohne einen
riesigen overhead zu erzeugen", sondern schlicht deshalb, weil es an der
Problematik vorbei geht. Dein Halbsatz "nicht so ohne weiteres
anwendbar" ist mE bereits ein Schritt in die falsche Richtung, weil er
implizit die Prämisse, das vom Standpunkt "geistigen Eigentums"
überhaupt denkbar zu halten, akzeptiert.

Wenn wir uns darüber einigen können dann fehlt mir eben noch die
Kleinigkeit die wir in "Ethical Public Domain" begonnen haben anzudenken:
daß ein nicht einklagbares, aber moralisch sanktioniertes Grundverständnis
da ist, dem Autor einer allgemein verfügbaren Sache nicht zu schaden
sondern zu nützen. Das aber liegt jenseits des Rechts im Aufbau einer
Kultur.

Habe ich noch nicht genauer studiert, aber mal rein syntaktisch: Das ist
*keine* ethische Frage (bzw. nicht primär). Es geht um zentrale Elemente
des Funktionierens der Sozialisierung von Wissen. In diesem Sinne muss
der freizügige Zugang zu den Ideen in einem Werk *einklagbar* sein bzw.
werden.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

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