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Messen in Ma(ss)en? /was: Re: [ox] Wissens- und/oder Informationsgesellschaft?



Hi!

Zur Diskussion zwischen 
Stefan Seefeld
und
Stefan Meretz
(letzter gelesener Beitrag vom Feb 09, 2005 at 08:49:53AM -0500)


Vorspiel:

---[...]---

Wenn meine Vermutung wahr ist, dann legst Du dem Messen eine
Absicht zugrunde, nicht aber dem Wahrnehmen. Richtig ?

Richtig!
(wobei ich gemäß der unterschiedlichen Ebenen tierisches und 
menschliches Wahrnehmen qualitativ unterscheide - btw)

[...]
Um nicht misverstanden zu werden: ich bin nicht a priori
dagegen, einen Unterschied zwischen der Wahrnehmung / Messung
bei Tieren und bei Menschen zu sehen. Nur w"urde ich gerne
herausfinden, worin selbiger liegt, anstelle ihn per Axiom
festzuschreiben.

Hmm, obwohl ich kein Biologe bin, bin ich ziemlich sicher,
das Tiere auch Absichten haben, und ihr Handeln selbigen
anpassen (k"onnen). Birgit ?

Die höheren Tiere vermutlich schon. Aber sie bauen keine 
Messapparaturen, sondern nutzen ihren Körper zur Wahrnehmung.

Baust Du eine Messapparatur um per Sonnenstand Zeit und
Richtung zu sch"atzen ?

[...]

Nun könntest du sagen: Egal, sie rennen rum und sammeln "Daten". Ich 
würde antworten: Ja, das tun sie, aber nur im relativ 
unspezifisch-physiologischen Sinne (Ebene 2). Das entspricht nicht 
den Daten, die wir Menschen sammeln, wenn wir Messapparaturen 
einsetzen.

In meinem Wortverständnis hat Messen an sich nicht so viel mit
Apparaturen, Vorrichtungen oder Instrumenten bzw. mit
Wahrnehmungen, Interpretationen oder Reaktionen zu tun, wie
vielmehr mit Maßstäben und Maßen:

In meinen Augen ist eine Meßwert (ein Datum) das Resultat der
Abbildung von irgendwas auf einen Maßstab, weshalb er meist als
Kombination (Produkt) von Meßgröße und Maßeinheit auftritt.
Messen ist für mich also die Quantifizierung (meiner Abbildung)
der Realität nach einer Dimension, z.B. Ausdehnung, Zeit,
Partikel- konzentration, Blutdruck.  Sowohl die herausgegriffene
Dimension als auch die Skala der Quantifizierung (-- welche
zusammen das Maß ergeben --) sind willkürlich.  Das soll heißen,
daß es sich bei dieser mehr oder weniger eindimensionalen
Abbildung, die das Messen darstellt, um eine Abstraktion handelt,
die auf einer vorbereitendenden Abstraktionsleistung aufbaut,
nämlich der Bestimmung des Maßes -- diese besteht in folgender
Festlegung: welche Dimension wird als einzige im Akte der
Abbildung durch den Wahrnehmungs- oder Registrierungsfilter
durchgelassen, und nach welchem Kriterium wird dem dabei
entstehenden Minimalabbild der Realität eine Zahl zugeordnet.

Prosaisches Fazit: Wenn ein Mensch wegen dicker Luft den Raum
verläßt, ist das für mich genausowenig ein Indiz dafür, daß er die
Dicke der Luft gemessen hätte, wie das Wachsen zur Sonne bei
Pflanzen ein Indiz für deren Messen der Sonneneinstrahlung, oder
wie das Kreisen der Planeten um die Sonne ein Ausdruck für deren
Gravitationskraftmessungen ist.

Wechselwirkung (Kommunikation) kann auch ohne Messungen
stattfinden und bedarf daher keiner Meßwerte oder Daten.  Die
systematische Auswertung solcher Zusammenhänge durch den Menschen
nimmt aber in aller Regel u.a. die Form von Meßwerten und Daten
an, weshalb es naheliegend scheint, diesen Daten und ihrer
Erhebung (dem Messen) auch in der untersuchten Wechselwirkung
selbst eine aktive Rolle unterzuschieben. Vor allem wenn der
untersuchte Zusammenhang einen Komplexitätsgrad erreicht, der
nicht mehr intuitiv und noch kaum rational nachvollziehbar ist,
wie beispielsweise die "Funktionsweise" von Organismen, Biotopen
oder Gesellschaften.

Meine Meinung zu den Fragen, ob es den Daten egal sei, wie sie
gemessen werden, oder ob man Stefans Absichten messen kann, dürfte
sich hieraus von selbst erschließen.

Ob oder welchen Sinn aber Daten oder Messungen haben, ist eine
ganz andere Frage. So dürfte z.B. unter gewissen
gesellschaftlichen Umständen die Beurteilung der Farbe bestimmter
Metalle ähnlich "interessant" oder bedeutend sein, wie die
Bestimmung ihres Gewichts, was aber bspw. bei Ballaststoffen für
Schiffe oder Fluggerät nicht in ähnlichem Maße der Fall zu sein
scheint.

Grüße,
El Casi.


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