Re: [ox] Wissens- und/oder Informationsgesellschaft?
- From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
- Date: Tue, 8 Feb 2005 10:26:21 +0100
On Monday 07 February 2005 16:08, Stefan Seefeld wrote:
Stefan Meretz wrote:
Fragen:
Sind Daten etwas genuin menschliches?
Kennen Tiere Daten?
Kommen Daten in der unbelebten Natur vor?
Existieren Daten unabhängig davon, ob wir sie feststellen?
Daten, die bei einer Messung anfallen, müssen offensichtlich
erstmal festgestellt, eben gemessen werden. Ihre Existenz ist
also Resultat menschlicher Tätigkeit. Für Tiere gibt's demzufolge
keine Daten, in der unbelebten Natur (ungemessen von uns) auch
nicht. Widerspricht das der Annahme des basalen Charakters?
Meine Definition: Daten sind Messwerte.
Worauf zielen Deine Fragen ?
Ich gehe von der Gewordenheit der Dinge aus, so auch von den
Realitäten hinter den Begriffen Daten, Information und Wissen. Die
Frage zielen nun auf unterschiedliche "Widerspiegelungsformen
materieller Realität" (so nenne ich das kurz) ab. Hier sehe ich drei
qualitativ unterschiedliche Ebenen der Entwicklung, die historisch
aufeinander aufbauen:
- unbelebte Natur (physikalische Ebene)
- belebte Natur (biotische Ebene)
- menschlich-gesellschaftliche Natur (eben diese Ebene)
Die Zuordnung bestimmter Phänomene hilft mir beim Sortieren und
Begreifen.
Mir ist zum Beispiel nicht klar, warum
Du zwischen einer Messung und dem gemessenen Ereignis hier
unterscheidest.
Das unterscheide ich nicht. Ein nichtgemessenes Ereignis ist jedoch
kein Datum. Daten sind Ergebnisse menschlicher Tätigkeit. Das ist was
anderes als die (von einer Messung unabhängige) Existenz physischer
Realitäten.
Insbesondere verstehe ich Deinen Schluss nicht,
dass es f"ur Tiere keine Daten g"abe.
Weil die nicht messen.
Fragen:
Sind Informationen etwas genuin menschliches?
Kennen Tiere Informationen?
Kommen Informationen in der unbelebten Natur vor?
Existieren Informationen unabhängig davon, ob wir sie
feststellen?
Da es IMHO für Tiere genauso Informationen gibt wie für Menschen
- nämlich Informationen, die sie für ihre Orientierung in der
Umwelt brauchen -, scheint mir die Definition von Informationen
als speziellen Daten nicht haltbar (Tiere kennen keine Daten). In
der unbelebten Natur hingegen kommen IMHO keine Informationen
vor, da auch Informationen davon abhängen, ob sie festgestellt
werden. Informationen existieren damit auch nicht unabhängig vom
"Aufnehmer", wobei in der menschlichen Gesellschaft Informationen
überindividuell, eben gesellschaftlich, sind.
Wie w"are es mit meiner Definition der Informationen als
interpretierter Daten ?
Das ist die gängige Def. - ich halte sie für nicht überzeugend.
Informationen *sind* keine Daten, sie enth"alt welche.
Warum *sind* sie keine Daten? Wenn Daten Resultat menschlicher
Tätigkeit sind, haben sie automatisch eine Bedeutung - sind also
(unten stimmst du zu) Informationen. Dass darüber hinaus Daten, also
sozusagen "Roh-Informationen", interpretiert werden und sich damit
der "informative Gehalt" (also die Bedeutung) ändert, ist eine zweite
Frage.
Dazu kommt der Prozess der kontextuellen
Interpretation, die sowohl bei Tieren als auch bei Menschen
"uberindividuellen Charakter hat. Nat"urlich kennen Tiere Daten;
sie messen Temperatur, Nahrung, Licht, Pheromone.
Nein, sie messen nicht, sondern nehmen wahr (wie auch wir).
Interpretiert wir daraus eine Information, wie z.B. "dieses Revier
ist schon besetzt", oder "hier k"onnte ich was zu Essen finden".
Ja, sie nehmen die Information über ihre Umwelt wahr. Dass da eine
"Interpretation" zwischengeschaltet sei, ist eine Interpretation von
dir;-)
Dass der Wahrnehmung physiologische Prozesse zugrundeliegen, bestreite
ich nicht (falls du das denkst) - da wird nur nicht im o.g. Sinne
"gemessen". Hier von "Messung" zu reden ist (durchaus übliche)
Metaphorik.
Meine Definition: Informationen sind Bedeutungen.
Dem stimme ich zu.
Das ist ungewöhnlich:-)
Meistens erfahre ich (schroffe) Ablehnung für diese These. Aber
wahrscheinlich liegt das Teufelchen im Detail;-)
D.h.: Bei dem Begriff Informationen muss genau genommen angegeben
werden, in welchem Zusammenhang die Daten einen Unterschied
machen.
Ja genau, hier liegt auch das Problem mit dem "Unterschied": der
Unterschied ist keine objektive Größe, sondern muss angegeben
werden.
Was meinst Du hier mit 'objektiv' ? Subjekt-bezogen ? Dann bin ich
einverstanden. Er ist doch wohl aber objektiv im Sinne von
'messbar'.
Ja, er ist messbar, sobald du festgelegt hast, was für dich ein
"Unterschied" ist, welche Messgrößen du verwendest, welche Skala etc.
Also: Das Phänomen existiert objektiv, aber der zu messende
Unterschied nicht. AFAIK wurde diese Differenz besonders deutlich mit
der Heisenbergschen Unschärferelation, wo die Messung (damit das
Subjekt) selbst vollständig die Ergebnisse bestimmte.
Damit besitzt aber z.B. DNS objektiv keine Information, denn wir
geben (sozusagen von außen) an, was der Unterschied sei.
Hier bringst Du mich total durcheinander. Was interessiert die DNS
(und die RDS die sie interpretiert) was wir 'angeben' ?? :-)
Ja, das war verwirrend. Ähm, mir kam es auf die Messung an. Die DNS
misst nichts (und die RNS interpretiert nichts IMHO, auch nicht die
Enzymsynthese, die wiederum die RNS verwendet).
Na klar enthält die DNS Information. Das habe ich länglich hierin
beschrieben: http://www.opentheory.org/informationsgenese/text.phtml
Btw: Ich finde es äußerst interessant, dass auf einer doch durchaus
computertechnophilen Liste noch niemand über die (vermeintliche)
"Informationsverarbeitung" auf dem Computer geschrieben hat:-)
Was in unserer Diskussion auch fehlt, ist der Begriff des Zeichens.
Geklärt werden müsste auch: Syntax, Semantik, Pragmatik. Später
mal...
Ciao,
Stefan
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