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Re: [ox] Wissens- und/oder Informationsgesellschaft?



On Tuesday 08 February 2005 15:08, Stefan Seefeld wrote:
Mir ist zum Beispiel nicht klar, warum
Du zwischen einer Messung und dem gemessenen Ereignis hier
unterscheidest.

Das unterscheide ich nicht. Ein nichtgemessenes Ereignis ist
jedoch kein Datum. Daten sind Ergebnisse menschlicher Tätigkeit.
Das ist was anderes als die (von einer Messung unabhängige)
Existenz physischer Realitäten.

Soweit ist das schon klar. Aber in wieweit ist das f"ur diese
Diskussion von Bedeutung ? Ich dachte hier geht es um die
Unterscheidung zwischen Daten und Information. Beides setzt eine
Messung (beziehungsweise, um es weniger misverst"andlich
auszudr"ucken, ein Registrieren von Ereignissen) voraus.

Was du zusammenpackst, sehe ich getrennt, weil sich IMHO um zwei 
qualitativ unterschiedliche Sachverhalte handelt: Das Messen ist ein 
intentionaler Akt, eine menschliche Tätigkeit, und das "Registrieren" 
- mal deinen Vorschlag genommen - nicht (s.u.).

Insbesondere verstehe ich Deinen Schluss nicht,
dass es f"ur Tiere keine Daten g"abe.

Weil die nicht messen.

Das wird nicht wahrer, je "ofter Du es wiederholst.

Sooft habe ich ja nun nicht wiederholt. In Tat wird es durch 
Wiederholung nicht wahr(er), aber meine Meinung ist es trotzdem:-)

Wie w"are es mit meiner Definition der Informationen als
interpretierter Daten ?

Das ist die gängige Def. - ich halte sie für nicht überzeugend.

Ich f"ande es konstruktiver, wenn Du darauf eingingest, warum
nicht.

Das habe ich doch in der Folge getan?

Informationen *sind* keine Daten, sie enth"alt welche.

Warum *sind* sie keine Daten? Wenn Daten Resultat menschlicher
Tätigkeit sind, haben sie automatisch eine Bedeutung - sind also
(unten stimmst du zu) Informationen. Dass darüber hinaus Daten,
also sozusagen "Roh-Informationen", interpretiert werden und sich
damit der "informative Gehalt" (also die Bedeutung) ändert, ist
eine zweite Frage.

Ok, ich glaube ich ahne, worauf Du hinauswillst: Da Menschen beim
Messen bestimmte Ziele verfolgen, haftet den gemessenen Daten auch
immer schon ein bestimmter Kontext an. Du bek"ampfst hier also ein
bisschen das 'Datum an sich'. Stimmt's ?

Öh, nein, ich bekämpfe gar nichts. Ich versuche nur, meine Sicht zu 
erklären - und die Schwachstellen deiner Sicht deutlich zu machen.
So wie du umgekehrt:-)

Obwohl ich dem auch irgendwie zustimme, bin ich mit Deiner
Gleichsetzung von Daten und Information nicht einverstanden, da
hier Wesentliches verlorengeht. Insbesondere bestehe ich darauf,
dass sowohl Messung als auch Interpretation erstmal nichts
Menschliches voraussetzt.

Das musst du;-)

Wenn Du mich vom Gegenteil "uberzeugen willst, musst Du mir eine
genauere Definition der Messung geben (glaube ich).

Ich will dich nicht überzeugen (eher mich). Ich will mit dir um ein 
Verstehen ringen. Messen habe ich oben beschrieben: intentionale, 
menschliche Tätigkeit.

Gemäß meines Ebenenmodells ist das eine spezifisch menschliche 
Tätigkeit (3. Ebene). Diese "enthält" die unspezifisch-physiologische 
(2.) Ebene des "Ereignis-registrierens".

Meine erkenntnistheoretische Überlegung geht so: Wenn meine These 
stimmt, dass zwischen den drei Ebenen 
<wiederholung>
- unbelebte Natur (physikalische Ebene)
- belebte Natur (biotische Ebene)
- menschlich-gesellschaftliche Natur (eben diese Ebene)
</wiederholung>
qualitative Unterschiede liegen, also sich nicht die jeweils 
aufbauende Ebene bloß additiv aus den unteren ergibt, dann 
unterschieden sich auch oberflächlich gleichartige Erscheinungen 
dieser Ebenen qualitativ voneinander.
Nachvollziehbar? Zustimmung? Ablehnung? Egal?

Wenn du zustimmst und man findet sowas wie "Daten" auf allen Ebenen 
(von der 1. physikalischen Ebene war jedoch noch nicht die Rede), 
dann unterscheiden sich diese jeweils dann qualitativ voneinander, 
wenn diese "Daten" für die betrachteten Prozesse der jeweiligen Ebene 
konstitutiv sind. Dann ist es (wissenschaftlich) nicht erlaubt, sie 
in einen Topf zu schmeissen, sondern muss sie begrifflich 
unterscheiden. Das ist zumindest mein Anspruch an Wissenschaft:-)

Dazu kommt der Prozess der kontextuellen
Interpretation, die sowohl bei Tieren als auch bei Menschen
"uberindividuellen Charakter hat. Nat"urlich kennen Tiere Daten;
sie messen Temperatur, Nahrung, Licht, Pheromone.

Nein, sie messen nicht, sondern nehmen wahr (wie auch wir).

Wenn meine Vermutung wahr ist, dann legst Du dem Messen eine
Absicht zugrunde, nicht aber dem Wahrnehmen. Richtig ?

Richtig!
(wobei ich gemäß der unterschiedlichen Ebenen tierisches und 
menschliches Wahrnehmen qualitativ unterscheide - btw)

Hmm, obwohl ich kein Biologe bin, bin ich ziemlich sicher,
das Tiere auch Absichten haben, und ihr Handeln selbigen
anpassen (k"onnen). Birgit ?

Die höheren Tiere vermutlich schon. Aber sie bauen keine 
Messapparaturen, sondern nutzen ihren Körper zur Wahrnehmung. 
Nun könntest du sagen: Egal, sie rennen rum und sammeln "Daten". Ich 
würde antworten: Ja, das tun sie, aber nur im relativ 
unspezifisch-physiologischen Sinne (Ebene 2). Das entspricht nicht 
den Daten, die wir Menschen sammeln, wenn wir Messapparaturen 
einsetzen.

Ich könnte mich also mit zwei (drei?) qualitativ unterschiedlichen 
Begriffen von "Daten" anfreunden, die nicht ineinander aufgehen oder 
aufeinander reduzierbar sind. Ist das ein Angebot?

D.h.: Bei dem Begriff Informationen muss genau genommen
angegeben werden, in welchem Zusammenhang die Daten einen
Unterschied machen.

Ja genau, hier liegt auch das Problem mit dem "Unterschied": der
Unterschied ist keine objektive Größe, sondern muss angegeben
werden.

Was meinst Du hier mit 'objektiv' ? Subjekt-bezogen ? Dann bin
ich einverstanden. Er ist doch wohl aber objektiv im Sinne von
'messbar'.

Ja, er ist messbar, sobald du festgelegt hast, was für dich ein
"Unterschied" ist, welche Messgrößen du verwendest, welche Skala
etc.

Moment: Du sagtest, f"ur den Informationsbegriff m"usse gekl"art
werden, was Interpretation ist (d.h. die Rolle und Absicht des
Interpreten). Stimmt. Und diese Rolle des Interpreten ist, das war
meine Aussage, auch messbar :-)

Das verstehe nun ich nicht. Wie willst du z.b. meine Absichten messen?

Nat"urlich ist ein wesentlicher Bestandteil der Interpretation
von (Mess-)Daten die Trennung von Signal und Rauschen.

Damit dringst du trotzdem nicht zu meinen Absichten vor - egal was du 
bei mir messen solltest (ein Grundirrtum der Hirnforschung, dass so 
was ginge - IMHO)

Btw: Ich finde es äußerst interessant, dass auf einer doch
durchaus computertechnophilen Liste noch niemand über die
(vermeintliche) "Informationsverarbeitung" auf dem Computer
geschrieben hat:-)

Vielleicht weil den meisten hier klar ist, dass der Computer nur
ein Werkzeug des Menschen ist, und somit sich die 'Verarbeitung'
der Informationen auch ohne die Hinzuziehung des Computers in
die Diskussion diskutieren l"asst.

Das ist schon tausend mal schlauer als ich das im Informatikstudium 
erzählt bekommen habe (dort war "der Computer" ein Art "Wesen").

Ciao,
Stefan

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