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Re: [ox] Reichtum



Hallo Frithjof,

Ob ich das Wort "Profit" verwende, hab ich lange überlegt, zu hast 
natürlich Recht, Profite im heutigen Sinne würde es nicht mehr geben.
Trotzdem bleibt das bestreben des Unternehmers, gut zu wirtschaften, 
oder wie man es nennen möchte. 

was ist schlecht daran nicht mehr Werte zu verbrauchen als man sie
erzeugt? Werte in diesem System in Geld gemessen. Sicher ein ungenauer
Maßstab, aber immer noch besser als gar keiner.  Ganz ohne würde man
nämlich erst viel zu spät merken, wenn man mehr Werte verbraucht als man
neue erzeugt.

Dieser führt ja dazu, dass nicht nur "sinnvolle Sachen" produziert
werden, sondern vor allen Dingen immer wieder Märkte geschaffen
werden müssen.

Der Schluss ist falsch, weil die Annahme falsch ist. 

Dass das Ziel "Profite" seien?

Profite kann es eben in der Freiwirtschaft langfristig nicht geben, immer
nur mal kurz durch Wissensvorsprung oder andere Ausnahme-Situationen.

Das Problem, das ich mit der
Freiwirtschaft habe ist, dass die Entscheidung, was und wie viel
produziert wird, nicht von den Konsumenten entschieden wird. 

Auf der einen Ebene schon, es ist ja ein Markt. Auf der anderen Ebene
nicht, auch wieder weil es eben ein markt ist und kein "Wünsch dir
was Flaschengeist".

Auf der letzteren Ebene wird in der Schenkungswirtschaft auch nicht das
produziert, was die Konsumenten wollen, sondern wozu sich jemand
freiwillig findet. 

Das ist gar nicht so anders wie in der idealen Freiwirtschaft, deren
Vertreter ich bin. In der wäre nämlich niemans überhaupt zum Arbeiten
gezwungen, außer zu viele nehmen das in Anspruch. Die Bodenpacht würde als
Bürgergeld ausgezahlt werden. Damit entfallen auch schlechtbezahlte Jobs
wie Toilettenreiniger. Wenn man dafür jemanden haben will, müsste man
schon tief in die Tasche greifen, oder eben selbst machen. Gleichzeitig
führt das dazu, dass man auch nicht mehr in dem Maße unsinnge Waren
(produzieren und) verkaufen könnte, warum sollten die Menschen dafür
arbeiten, wenn sie aus dem Bürgergeld genug zum Leben haben? Sinnvolle
Arbeit dahingegen würde über den Markt geregelt werden.

Du würdest
wahrscheinlich auf Angebot und Nachfrage verweisen, als direkte
Einflussnahme  der Konsumenten. Doch Konsumenten hängen direkt davon ab,
welches Angebot vorliegt, und welche Nachfrage ihnen suggeriert wird.

Das sind kapitalitische Mechanismen, die auf die Freiwirtschaft nicht
übertragbar sind.

Was ich damit sagen will: Die Freiwirtschaft löst nicht das
Grundproblem, dass sich die Wirtschaft kaum bemüht, bessere Qualität zu
liefern.

Zum einen schließst du aus den Fehlfunktionen des Kapitalismus, zum
anderen bietest du keinen Alternativvorschlag, der nicht dieselben oder
schlimmere Probleme hätte. Die GPL-Gesellschaft ist ein solcher
Alternativvorschlag, der schlimmere und zum Teil auch dieselben Probleme
hätte. In der GPL-Gesellschaft würde nämlich bald gar nichts mehr
produziert werden, außer was jeder einzelne zum Leben braucht. 

OSS ist kein Gegenbeweis, ganz im Gegenteil. OSS für andere wird nur
deshalb in großem Stil erstellt, WEIL Marktinteressen dahitner stehen.
Ohne diese wären wir bei Linux noch auf einem Stand von 1997, für
Freaks geil, für Anwender unbrauchbar.

Im Kapitalismus geht die Effiziensteigerung auf vor allem zugunsten
der Zinsgewinner. Die Zinsverlierer (85% der Bevölkerung in den
Industriestaaten) erhalten gerade soviel, dass ein Aufstand vermieden
wird. In der Freiwirtschaft werden die Errungenschaften gleichmäßiger
verteilt.

Wie denn?

Na, indem die Vermögenspumpt Zins neutralisiert wird.

ich sehe die Freiwirtschaft also also
vor allem als Weg, nicht als Ziel. 

Da gebe ich dir Recht. Ich sehe Freiwirtschaft auch als einen möglichen
Weg für oder in eine bessere Zukunft an. Ich persönlich bin jedoch nicht
davon überzeugt, dass sie gesellschaftliche Probleme wie Unterdrückung
lösen kann. 

Ich sehe nicht, wie eine Unterdrückung in der Freiwirtschaft über längere
Zeit durchführbar wäre. 


Im Gegensatz zu Marx bin ich der Auffassung, dass nicht nur
die Wirtschaft den Menschen prägt, sondern auch die Menschen bzw. deren
Sozialstrukturen die Wirtschaft. 

Das sehe ich auch so. Und die ideale Freiwirtschaft kann in der Hinsicht
die Menschen ganz gewaltig ändern. Keine Vermögensumverteilungs-Pumpe
mehr, keine Unterdrückungsmöglichkeiten, keine Profite, keine
leistungslosen Einkommen mehr außer dem Bürgergeld.

Ob Freiwirtschaft oder doch die Abschaffung des Geldes uns weiterführt,
wird sich (hoffentlich) irgendwann zeigen. Im spanischen Bürgerkrieg gab
es in den anarchistisch dominierten Regionen auch verschiedene Arten von
Warenverbreitung und -Verteilung. Ich weiß nur nicht, ob dieses
Regionalgeld nun den Idealen Gesells ensprach, vielleicht kennnst du
dich da näher aus? 

Von den dort verwendeten Wirtschaftsformen weiss ich leider nichts. Ich
kann nachforschen, wenn es dich sehr interessiert. 

Ich sehe die Freiwirtschaft also nicht als Gegenpol
zu Utopien wie Anarchismus, sondern eher als möglichen Umsetzungsweg,

Da sind wir dann ja einer Meinung.

der jedoch meiner Meinung nach unzureichend ist.

Hast du einen besseren? Oder konkrete Verbesserungsvorschläge an der
Freiwirtschft?

Alles Gute wünscht
	Michael

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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