Re: [ox] Freiwirtschaft (war: interessantes Interwiev)
- From: Michael Hoennig <michael hostsharing.net>
- Date: Mon, 7 Jun 2004 21:33:14 +0200
Hallo Joost,
"Wie kann eine Gesellschaft aussehen, in der es
nicht mehr sinnvoll ist, Reichtum anzusammeln".
du meinst Geld-Reichtum.
Etwas konkreter
übersetzt sich das in die Fragen "ist Freiwirtschaft eine Gesellschaft,
in der es nicht mehr sinnvoll ist, Reichtum anzusammeln"
Es ist eher eine, in der es nicht mehr in dem Maße möglich ist, wie im
Kapitalismus. Man kann nur noch Geld aus eigener Arbeitsleistung
ansammeln. Wobei es sicherlich nach wie vor besser und schlechter bezahlte
Jobs geben wird. Die machen aber nicht wirklich den Unterschied. Die
meisten "Besserverdienenden" heute sind ebenfalls Verlierer im heutigen
System, wenn nicht noch etwas dazukommt (z.B. Erbschaft,
Spekulationsgewinne etc.)
und (um den
Bezug zur Liste zu behalten) "ist die GPL-gesellschaft eine
Gesellschaft, in der es nicht mehr sinnvoll ist, Reichtum anzusammeln".
Was nützt es, wenn die Antwort ja wäre, aber die GPL-Gesellschaft nicht
durchsetzbar wäre? Monsanto z.B. will sämtliche Bio-Landwirtschaft
vernichten, und wenn nicht bald was passiert, werden sie es schaffen.
Source-Code kann man nicht essen!
Ich probiere mal diese Überlegungen durchzuexerzieren. Warum ist es in
der heutigen Gesellschaft sinnvoll, Reichtum anzusammeln ? (Mehr als
zwei Punkte fallen mir zur Zeit nicht ein, auf Ergänzungen wäre ich
durchaus gespannt):
1. Reichtum verschafft die Sicherheit, notwendige und angenehme Dinge
des Lebens erwerben zu können und das sowohl jetzt auch auch in der
Zukunft, er kann Angst vor einer ungewissen Zukunft verringern.
2. Reichtum verschafft die Möglichkeit, sich Luxus leisten zu können.
0. (da am wichtigsten): Geld-Reichtum führt zu Macht!
Wie sieht es jetzt mit der Freiwirtschaft aus ?
ad 1:
Wie im heutigen Kapitalismus hängt das eigene Überleben davon ab, dass
du dich in den Besitz von Waren bringst, die du gegen notwendige und
angenehme Dinge tauschen kannst. Sollte es gelingen, Reichtum
anzusammeln, ist die eigene Lebenserhaltung gesichert.
Ja, und wo ist das Problem? Wobei deine Formulierung recht polemisch ist.
In der Freiwirtschaft geht es um eigene Arbeitsleistung. Und damit ist
nicht etwa die Abgrenzung zu Menschen gemeint, die nicht leisten können,
sondern zu denen, die Geld über Zins und Mieteinnahmen erhalten, nicht
aber durch eigene Arbeit.
ad 2:
Wie im heutigen Kapitalismus hängt der Luxus, den man sich leisten kann,
davon ab, wie viele Waren man in seinen Besitz bringen und vertauschen
kann. Freigeld reduziert den Anreiz, Luxus zu erwerben überhaupt nicht.
Man muss dafür aber selbst arbeiten. Das ist der Unterschied!
Für diese beiden Punkte scheint es mir eindeutig zu sein, dass auch in
einer Freiwirtschaft der Anreiz besteht, Reichtum zu akkumulieren.
Es wird nur ungleich schwieriger sein. Und den Faktor macht hast du
geschickteweise genauso wegeelassen, wie eine Idee, wie deine "wir haben
uns alle Lleb"-Welt eingeführt werden könnte. Denn dafür hat die
Freiwirtschaft eine Lösung. Und damit bereitet sie weitergehenden Ideen
den Boden.
Nur
falls es gelingt, die Ansammlung von privatem Reichtum zu unterbinden
(Volkseigener Grund und Boden, Verbot von privaten Goldbesitz?) ist
dieser Punkt außer Kraft gesetzt. Aber das Ansammeln von Reichtum zu
verbieten ist m.E. nicht möglich.
Richtig, genau so denkt die Freiwirtschaft. Nicht über verbieten, sondern
über systembedingt unmöglich machen.
Alles Gute wünscht
Michael
--
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