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Re: [ox] Re: Autarkie und Uebergang



On Wednesday 07 January 2004 01:33, Stefan Merten wrote:
War die DDR oder ist Kuba oder ist Venezuela (um mal ein anderes
Beispiel zu nehmen) "näher" an der GPL-Gesellschaft dran? Hm, ich
würde mal so antworten: Substanziell nein, vom Wollen vieler Menschen
vielleicht schon.

Mich würde interessieren, warum du das Wollen dort anders einschätzt
als in den hochindustrialisierten Ländern. Meinst du, die Zurichtung
auf Tausch sei in den voll entwickelten Geldgesellschaften noch viel
tiefer in den Köpfen als dort? Aber in Argentinien gab es in der Krise
z.B. auch sofort wieder (privat organisierten) Tausch. Na gut,
Argentinien war wohl auch recht flächendeckend in den Kapitalismus
integriert.

Ich kann das nur beobachten und Berichte zur Kenntnis nehmen. Z.B. die von 
Dario Azzellini und anderen in der "jungen Welt" und anderswo:
http://www.jungewelt.de/2003/09-13/027.php
http://www.jungewelt.de/2003/04-26/025.php
http://www.jungewelt.de/2002/11-20/011.php

Ich vermute, es liegt an der extremen Differenz zwischen Reich und Arm in 
diesen Ländern. Dass Bewegungen usw. wieder Tausch und natürlich normale 
Wirtschaft zurückfallen, ist doch nicht verwunderlich. Deswegen ja die 
Frage nach der Autarkie. Was machst du denn, wenn du so ein Land regieren 
darfst (musst)?

Unterstellen wir das Wollen. Was könnte so eine warenproduzierende
Gesellschaft wie DDR, Kuba, Venezuela mit einer "idealistischen"
Regierung (das unterstelle ich) nun machen, wenn ihnen die
GPL-Gesellschaft plausibel erscheint?

Nochmal, um es fest zu halten: Hier handelt es sich um
Gesellschaftsformationen, die von der Produktivkraftentwicklung recht
weit hinter der Spitze zurück sind. Die Spirale, die in diesem Thread
schon zur DDR beschrieben wurde, gilt dort also grundsätzlich auch.

Länder verlieren aber in einer globalisierten Welt an Bedeutung. Zentren 
der Armut entstehen "bei uns" und Zentren des extremen Reichtums "dort". 
Es gilt immer mehr "alles überall" - inkl. High-Tech. Venezuela und 
Brasilien z.B. sind stofflich reiche Länder (im Gegensatz zu Kuba z.B.). 
Der 2.4er-Kernel-Maintainer kommt aus Brasilien. Die Frage ist: Was tun 
mit dem stofflichen Reichtum - ihn in die Wertform pressen oder "anders" 
damit umgehen? Ich bin mir nicht sicher, ob die Frage dort gestellt so 
anders aussieht als in D.

Na, wenn unsere Phantasie für eine Regierung reicht, die zur
GPL-Gesellschaft will, dann können wir uns ja vielleicht auch noch
einen absterbenden Staat vorstellen ;-) .

Ohne Witz: Entscheidend wäre, dass der Staat sich an den Stellen
zurück zieht, wo GPL-gesellschaftliche Strukturen schon übernehmen
können. Also z.B. keine staatliche Software-Produktion - mal als
plattes Beispiel. Oder eben die Entkopplung vom umgebenden
Kapitalismus hinkriegen: D.h. staatliche Schutzräume, in denen Freie
Software entwickelt werden kann. D.h. Grundeinkommen für
Freie-Software-EntwicklerInnen. Hmmm...

So was in die Richtung läuft z.B. in Venezuela schon - wie freier und 
kostenloser Internetzugang für alle (als Ziel) und Unterstützung Freier 
Software. Aber dazu muss du den "absterbenden Staat" erstmal noch ganz 
schön fit halten....

Hierzu eine ganz pragmatische Antwort: Wenn diese Herrn und ihre Teams
sich für die GPL-Gesellschaft interessieren, dann *machen* wir hier
schon deren Beratungs-Team. Was sollte sie schließlich davon abhalten,
bei uns mit zu lesen...

Neben der Sprachhürde vor allem die Vagheit, in der wir (IMHO 
notgedrungen) erstmal sind.

(...)

Und die stofflichen
Potentiale der Kreislaufwirtschaft, die wir auch erst in Ansätzen als
effiziente und ökonomisch starke Alternative entdecken. Wie gesagt,
Freie Software, nachwachsende Rohstoffe und Automation, das sind die
Säulen einer jeden Entwicklung, die im Weltsystem heute noch eine
Chance haben will. Aber das sind eben Hypothesen, die ein intensives
Studium notwendig machen, das über mehr als punktuelle Interventionen
hinausgeht. Vielleicht wäre das auch ein schönes Thema für einen
Konferenz-Workshop.

Wäre sicher ein interessantes Thema für die Konferenz :-) .

Ja, diese Ebene der Konkretion haben wir noch nicht, sie wäre aber für die 
o.g. Länder wirklich nützlich.

Und heute gibt es politische
Willensäußerungen aus China und Vietnam, die eigentlich sehr spannend
sind. Doch wer geht darauf ein?? Wäre interessant, die FSF zur OX3
einzuladen und mit ihnen über diese Fragen zu sprechen.

Noch spannender fände ich es, einen chinesischen Regierungsvertreter
einzuladen. Oder?

Why not? Oder aus den o.g. Ländern.

Ciao,
Stefan

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