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Re: [ox] Ziele setzen, war: Fragen der Frankfurter Rundschau an Oekonux



Hallo Franz,

Hallo, gleich mal eine Sammelantwort, ich befürchte das kann ein neuer
Subthread werden. Auf jeden Fall wird das eine super-lange mail.

vermutlich hast du recht, dass ein neuer Thread nicht schlecht wäre, aber
das ist es nunmal nicht.

Irgendwie kreisen viele Fragen und Antworten um die Frage: wer setzt in
der GPL Gesellschaft die Ziele?  
...
könnte es sein, dass in so einer kooperativen, freiwilligen und
selbstentfaltetenden Gesellschaft gewisse Arbeiten eben nicht mehr
erledigt werden?

Du konzentrierst dich stark auf die Ziele im Sinne von "was" erreicht
werden soll. Meine Fragen bezogen sich aber mehr auf das "warum", also
die Motivation.

Wenn ich genug Nahrung habe, ausreichend Freizeit, Freunde und Familie,
vielleicht ein Musikinstrument, habe ich dann überhaupt noch die
Motiviation, mehr zu schaffen? Ich persönlich ja, aber andere auch, gar
jeder Mensch oder zumindest die meisten?

[Wir dürfen eine famliliäre Agrarwirtschaft mit dem heutigen Wissen über
Permakultur, Isolierung etc. nicht mit einer mittelalterlichen oder gar
vormittelalterlichen vergleichen. Mit dem heutigen Wissen könnten alle
in Deutchland lebenden Menschen bequem und gut leben, ohne die Wälder
abzuholzen, wie es im Mittelalter bei viel weniger Menschen der Fall
war.]

Doch zurück zum Thema: Was würden diejenigen, die überhaupt motiviert
sind, machen? Dinge die Spaß nachen, jedenfalls zum größten Teil. Ich
behaupte aber, für eine technisierte Gesellschaft braucht man auch viele
Dinge die keinen Spaß machen. Und ich behaupte, heute kommt die
Motivation über die Sucht. Sucht nach der Chance, reich zu werden. Sucht
nach Fernseh-Berieselung. Sucht nach Geltung, z.B. über ein großes Haus,
wenigstens aber eine schicke Wohnung oder ein teures Auto. Sucht aber
auch nach "Mobilität" (falsch verstanden als: "jederzeit überall hin
zu können") Dies sind nur einige Beispiele.

[Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Arbeitskollegen, es ging um
Autos. Er: "Die Überstunden brauche ich, damit ich mein neues Auto
bezahlen kann.", ich: "Wozu brauchst du das?", er: "Damit ich zur
Arbeit komme, denn abends fahren zu mir nach hause keine Busse mehr.",
ich: "Warum abends?", er: "Na, wegen der Überstunden muss ich oft
lange arbeiten." -- Übertragt dies mal auf andere Dinge, z.B.
Wohneigentum in Großstadtnähe oder überhaupt das Wohnen in einer teuren
Großstadt! Alles Irrsinn.]

Diese Süchte wollen befriedigt werden, also versklavt mensch sich. Und
wegen dieser Süchte merken wir diese Versklavung nicht einmal. Zumal wir
ja selbst auch als "Wächter" eingesetzt werden. Es ist aber nun
keinesfalls so, dass die "Obrigen" die Versklaver wären, nicht im
herkömmlichen Sinne jedenfalls. Denn sie sind den Süchten mit am
stärksten verfallen und versklaven sich selbst. Wer sind denn dann die
Herren? Ich behaupte: Wir selbst versklaven  uns über unsere Süchte.

Wenn wir uns aber selbst über unsere Süchte versklaven, müssen wir diese
"nur" überwinden, und eine wirklich neue Gesellschaftsordnung stünde
uns bevor.

Ich weiss, dass ich hier ein Extrem skizziere. Ein Extrem auch, welches
vermutlich tatsächlich die Technologie stark zurückfahren würde. Aber
braucht man nicht beide Extreme, um zu einem ganzen Bild zu kommen?

Alles Gute wünscht
      Michael

P.S. Wie immer, was ich hier schreibe ist meine persönliche Meinung,
welches nicht unbedingt die von Hostsharing ist.
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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